Keine Krankheit - kein Geld
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K-Tipp 16/2002
02.10.2002
Muss die Krankenkasse eine Ergotherapie zahlen, wenn ein Kind in der Schule negativ auffällt? Die Frage stellt sich vermehrt, seit die Kantone beim Spezialunterricht sparen.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Zwischenstand: 6 zu 2 für die Krankenkasse CSS. Dieses Resultat bezeichnet nicht das Torverhältnis in einem Fussballmatch, sondern den Ausgang von acht Prozessen vor kantonalen Gerichten.
Strittig war in diesen acht Urteilen immer das Gleic...
Muss die Krankenkasse eine Ergotherapie zahlen, wenn ein Kind in der Schule negativ auffällt? Die Frage stellt sich vermehrt, seit die Kantone beim Spezialunterricht sparen.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Zwischenstand: 6 zu 2 für die Krankenkasse CSS. Dieses Resultat bezeichnet nicht das Torverhältnis in einem Fussballmatch, sondern den Ausgang von acht Prozessen vor kantonalen Gerichten.
Strittig war in diesen acht Urteilen immer das Gleiche. Eltern von Kindern mit Entwicklungsstörungen schickten ihren Sprössling zur Ergotherapie und wollten sich dies von der Krankenkasse zahlen lassen. Doch die Kassen stellen sich quer mit dem Argument, Kinder mit schulischen Problemen seien in der Regel nicht krank.
Sechsmal hat die CSS in dieser Frage gewonnen, zweimal verloren. Eines der verlorenen Urteile hat sie ans Eidgenössische Versicherungsgericht weitergezogen.
Betroffen sind Kinder, die in der Schule Mühe haben und aus diesem Grund Förderungsmassnahmen brauchen - weil sie schwach begabt oder ungeschickt sind, weil sie Konzentrationsschwächen oder Sprachprobleme haben, weil ihnen das Rechnen übermässig schwer fällt oder das Lesen nicht recht gelingen will.
Spardruck bei den Fördermassnahmen
Für solche Schüler gibt es im schulischen Bereich den Spezialunterricht. Zu den pädagogischen Fördermassnahmen gehören Psychomotorik, Legastheniebehandlung, Logopädie oder ambulante Heilpädagogik.
Doch diese Angebote fallen immer häufiger dem Rotstift zum Opfer. Die CSS zum Beispiel ist überzeugt, dass viele Kantone in den letzten Jahren ihre Budgets im pädagogischen Bereich gekürzt haben. Nun fehle «ein genügendes psychomotorisches Angebot».
Und deshalb passiert es oft, dass Eltern aufgefordert werden, sich an den Hausarzt zu wenden. Sie hoffen, dass er dann eine Ergotherapie verschreibt.
Krank oder nicht - das ist die Frage
Doch viele Kassen wollen die Mehrkosten (nach internen Schätzungen 1 bis 2 Millionen Franken pro Jahr) nicht übernehmen; das sei Aufgabe der öffentlichen Hand.
Grundsätzlich zahlt zwar die Krankenkasse Ergotherapie unter gewissen Voraussetzungen, und zwar pro ärztliche Verordnung maximal zwölf Sitzungen in einem Zeitraum von drei Monaten - aber nur, falls eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt.
Allerdings zeigen sich die Kassen gesprächsbereit. Deswegen ist jetzt eine so genannte Konsensuskonferenz am Ball. Ihr Ziel ist es, einen Kriterienkatalog zu entwickeln. Er soll letztlich nur eine Frage klären, die aber entscheidend ist: Wann ist ein Kind in seiner Entwicklung so gestört, dass man von einer Krankheit reden muss?
Bis die Kriterien feststehen, müssen sich Eltern vorsehen. Das sind die zwei wichtigsten Punkte:
- Falls Sie ein Kind mit Entwicklungsstörungen in die Ergotherapie schicken, ohne dass die Kasse informiert ist, riskieren Sie, dass Sie die Behandlung selber zahlen müssen.
- Falls die Kasse eine Kostengutsprache verweigert, sollten Sie an die Kulanz der Kasse appellieren. Vielleicht zahlt sie wenigstens einen Behandlungszyklus.
Krankenkassenprämien 2003
Am 4. Oktober werden die Krankenkassenprämien für das Jahr 2003 bekannt; die Erhöhung dürfte knapp 10 Prozent betragen.
Das bietet der K-Tipp in der nächsten Ausgabe vom 16. Oktober:
- Übersicht über die Prämien an 30 grösseren Orten. So erfahren Sie, welche Kassen günstig sind.
- Die wichtigsten Tipps für Kassenwechsler.
- Die Krankenkassen-Aktion, bei der Sie einen persönlichen Prämienvergleich und ein wertvolles Informationspaket bestellen können.