Der im Dezember verschickte Brief schien direkt aus Mosambik zu kommen: ein Luftpost-Umschlag mit einer bunten Briefmarke und einem unscharfen Poststempel. «Die Fotos sind da», hiess es handschriftlich auf dem Luftpost-Couvert.
Im Umschlag steckte ein Brief mit persönlicher Anrede und handschriftlichen Notizen. Beigelegt waren fünf Bilder, die auf den ersten Blick echt aussehen – wie Abzüge auf Fotopapier. Doch die vermeintlichen Fotos entpuppten sich bei genauerem Hinsehen als bedruckte Karten. Und der Brief stammte nicht aus Mosambik, sondern aus Zürich. Es war ein Spendenaufruf des Hilfswerks Helvetas.
Auch andere Hilfswerke werben mit solchen Tricks. Einige versuchen zu vertuschen, wer der Absender ihrer Briefe ist.
Ein Beispiel: Auf dem Brief der «Christoffel Blindenmission» steht als Absender nur «Dr. med. Heiko Philippin, Augenarzt». Dass sich hinter dem Absender kein Brief aus einer Augenarztpraxis, sondern ein Spendenaufruf verbirgt, merkt man erst, nachdem man den Umschlag geöffnet hat.
Auch die Pro Senectute verschickt Spendenaufrufe, die den Adressaten etwas vormachen: Die drei vermeintlich von Armut betroffenen Leute, die die Hilfsorganisation anonym von hinten abbildet, sind Fotomodelle. Das bestätigte die Pro Senectute dem K-Tipp.
Zentralstelle: Keine Täuschung
Wieso arbeiten Hilfswerke mit solchen Tricks? Helvetas-Sprecher Matthias Herfeldt wehrt sich gegen den Vorwurf, Spender zu täuschen: «Man sieht ja sofort, dass der Luftpostbrief und die Fotos nicht echt sind.» Und Peter Burri von der Pro Senectute sagt: Bei der Illustration des Spendethemas sei nicht entscheidend, ob es sich um Fotomodelle oder um echte betroffene Personen handle.
Die Zentralstelle für Wohlfahrtsorganisationen (Zewo) stellt sich hinter die Hilfswerke. Sie glaube nicht, dass die Spender mit solchen Methoden getäuscht würden, sagt Geschäftsleiterin Martina Ziegerer. Beim Brief der Christoffel Blindenmission räumte sie allerdings ein: «Auf den ersten Blick kann der falsche Eindruck entstehen, der Brief stamme aus einer Arztpraxis.» Christoph Hickert von der Christoffel Blindenmission stellt deshalb in Aussicht, beim nächsten Spendenaufruf auch den Arbeitsort des Augenarztes – Tansania – zu vermerken.