Eva Flury kaufte ihrer 9-jährigen Tochter auf Bikester.ch ein Kinder-Elektrovelo für knapp 1100 Franken. Was die Baslerin nicht wusste: Gemäss der Verkehrszulassungsverordnung des Bundes dürfen Kinder unter 16 Jahren keine Elektrovelos fahren, mit einem Mofa-Fahrausweis erst ab 14 Jahren. Kinder dürfen E-Bikes nur auf Privatgrundstücken benutzen. Einen Hinweis auf die rechtliche Situation gab es auf Bikester.ch nicht. «Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dieses E-Bike nie gekauft», sagt Eva Flury.
Machen Händler auf die rechtliche Situation aufmerksam? Der K-Tipp überprüfte dies bei einigen Internetshops oder erkundigte sich bei Fachgeschäften telefonisch nach Kinder-E-Velos. Resultat:
Bikester.ch
Bikester führte Anfang Februar drei Modelle im Sortiment – so etwa das Scool «E-troX Bafang 24 7-S Kinder» für 1819 Franken. Im Beschrieb verspricht der Onlinevelohändler: «Damit können aufgeweckte Kids das Gelände erobern.» Unter «Einsatzzweck» heisst es weiter: «City & Alltag, alltägliches Fahren, eigenständiges Fahren».
M-way.ch
Im Angebot gab es drei Modelle für 1639 bis 2149 Franken. Das Cube «Acid 240 Hybrid Rookie» bewarb M-Way mit einem Verwendungszweck, der illegal ist: «Mit dem ‹Acid 240 Hybrid Rookie› können junge Biker selbst auf langen Familienausfahrten problemlos mit den Grossen mithalten.»
Ben-E-Bike.ch
Die Firma aus Wetzikon ZH schrieb auf ihrer Website: «Chancengleichheit für den Nachwuchs – so baut man leichte E-Bikes für Kinder!» Das «Twenty E-Power» bot die Firma für 2299 Franken an und empfiehlt es «ab Körpergrösse 115 cm». Das entspricht der Grösse eines 6-jährigen Kindes.
Velo Schneider
Das Fachgeschäft in Zürich hatte die Modelle «Hardfour» und «Alltrack Kids» der Marke Haibike für rund 2500 Franken im Sortiment. Der Hersteller schrieb: «Ob auf grosser Tour mit der Familie oder auf dem Weg zur Schule: Dieses bestens ausgestattete E-Mountainbike sorgt für jede Menge Fahrspass bei den Youngstern.»
Dass Kinder E-Velos nicht im Strassenverkehr fahren dürfen, verschweigen die Händler. Auf der Website von Bikester fehlten Hinweise auf die rechtliche Situation. Der Verkäufer von Velo Schneider erwähnte am Telefon nicht, dass diese Velos nur auf Privatgrund gefahren werden dürfen. Auf der Website von Ben-E-Bike gab es nur einen versteckten Hinweis unter der Rubrik «Service». Einzig M-Way wies deutlich auf das Verbot hin: «Achtung: In der Schweiz liegt das Mindestalter für E-Bikes bei 14 Jahren. Benutzung unter diesem Alter nur auf Privatgelände oder auf eigene Verantwortung.»
Warum verkaufen die Händler Velos, die im öffentlichen Raum gar nicht zugelassen sind? M-Way sagt dazu, E-Bikes dürften in der EU auch von Kindern unter 14 Jahren gefahren werden. Ob die E-Bikes letztlich im In- oder Ausland oder auf Privatgelände gefahren würden, wisse man nicht. Velo Schneider und Ben-E-Bike sagen, sie würden Kunden «vor Verkaufsabschluss» auf die rechtliche Situation aufmerksam machen. Velo Schneider schaltete nach dem Kontakt mit dem K-Tipp einen Hinweis auf der Website auf.
Bikester sieht nach wie vor keine Notwendigkeit, Käufer auf das Verbot hinzuweisen. Man sei gesetzlich nicht dazu verpflichtet. Die Verantwortung liege bei den Eltern. Immerhin: Eva Flury konnte das E-Velo ihrer Tochter nach mehrfacher Reklamation zurückgeben.
Viele Versicherungen zahlen bei einem Unfall nicht
Kinder unter 14 Jahren dürfen in der Schweiz keine E-Bikes fahren, bis 16 Jahre nur mit dem Mofa-Ausweis. Sollte ein jüngeres Kind mit einem E-Bike verunfallen und dabei etwas beschädigen oder eine Person verletzen, zahlen viele Haftpflichtversicherungen nicht. Das ergab eine Umfrage des K-Tipp bei grossen Versicherungen. Sie schliessen eine Leistung aus bei Fahrten, die «behördlich nicht bewilligt» sind. Einzig die Mobiliar hat keine solche Klausel. Die CSS zahlt nur bei «Kindern im Vorschulalter», die Vaudoise übernimmt den ersten Schadenfall aus Kulanz.