Kinder schuften für Klamotten
Mit Kinderarbeit produzierte Kleider kommen auch in die Schweiz. Doch der Kunde hat keine Ahnung, was er kauft. Kassensturz hat bei 50 Anbietern nachgefragt.
Inhalt
K-Tipp 06/2008
21.03.2008
Karin Gfrörer, Bennie Koprio
Der Preiskampf auf dem Modemarkt ist hart. Die Kleiderbranche lässt deshalb immer häufiger in Billiglohnländern produzieren: Über 100 000 Tonnen Kleider importierte die Schweiz im vergangenen Jahr. Fast die Hälfte davon stammte aus Asien – einer Weltgegend, die berüchtigt ist für Kinderarbeit. 218 Millionen Kinder, schätzt die Unicef, müssen weltweit arbeiten.
Wer keine Kleider kaufen will, die von Kinderhänden gen&a...
Der Preiskampf auf dem Modemarkt ist hart. Die Kleiderbranche lässt deshalb immer häufiger in Billiglohnländern produzieren: Über 100 000 Tonnen Kleider importierte die Schweiz im vergangenen Jahr. Fast die Hälfte davon stammte aus Asien – einer Weltgegend, die berüchtigt ist für Kinderarbeit. 218 Millionen Kinder, schätzt die Unicef, müssen weltweit arbeiten.
Wer keine Kleider kaufen will, die von Kinderhänden genäht wurden, hat es schwer: Auf die Angabe des Herkunftslandes ist kein Verlass. Diese Deklaration ist nämlich bei Textilien freiwillig und sagt ausserdem wenig aus: Die Wege eines Kleidungsstücks von der Fabrik bis in den Laden sind lang und unübersichtlich.
Beschäftigte haben Angst vor Sanktionen
Kassensturz hat deshalb rund 50 Kleider-Anbieter befragt: Was tun sie gegen Kinderarbeit? Haben sie einen Verhaltenskodex, der Kinderarbeit ausschliesst? Verlangen sie von den Lieferanten die Einhaltung sozialer Standards? Gibt es unabhängige Kontrollen?
Ernüchterndes Resultat (siehe unten): Nur vier Anbietern kann der Kassensturz ein gutes Zeugnis ausstellen: Switcher, Mexx, dem Versandhändler Hess Natur sowie Coop – hier allerdings nur für die Naturaline-Textilien.
Vor allem das Kontrollsystem unter Einbezug lokaler Gewerkschaften trug zur positiven Beurteilung dieser Anbieter bei. Die Entwicklungsorganisation Erklärung von Bern (EvB) stuft dies als wirksam ein. Laut EvB erhalten nämlich nur jene Kontrolleure, die das Vertrauen der Beschäftigten geniessen, einen realistischen Eindruck von den Arbeitsbedingungen. Externen kommerziellen Prüffirmen erzählen dagegen Betroffene oft nur das, was der Arbeitgeber ihnen befohlen hat – aus Angst vor Sanktionen.
Kassensturz-Umfrage: Das sind die Ergebnisse
Gut: Coop Naturaline, Hess Natur, Mexx, Switcher.
Die Unternehmen haben unabhängige Kontrollsysteme unter Einbezug lokaler Gewerkschaften, die verifiziert werden: Die Firma trägt damit die Verantwortung für die Einhaltung des vollständigen Sozial-Kodex. Neben dem Verbot von Kinderarbeit hohe soziale Standards wie existenzsichernde Löhne.
Genügend: Calida, C&A, Companys, Coop (Nicht-Bio-Produkte), Esprit, Globus, H&M, Manor, Migros, S.Oliver, PKZ, Takko, Tchibo, Vögele, WE, Zara, Ackermann-Versand, Heine-Versand, Jelmoli-Versand, Quelle-Versand, La Redoute
Engagement gegen Kinderarbeit: Verhaltenskodex und unabhängige Kontrolle, jedoch meist ohne Einbezug lokaler Gewerkschaften.
Ungenügend: Beldona, Benetton, Bernies, Blackout, Chicorée, Grieder-Bon-Genie, Jelmoli, Loeb, Modissa, New Yorker, Orsay, Perosa, Pimkie, Schild, Tally Weijl, Yendi, Zebra
Verbieten auf dem Papier zwar Kinderarbeit, die Kontrolle ist aber ungenügend oder fehlt ganz.
Intransparent: Kookaï
Blieb die Antworten auf die Fragen schuldig.
Stellungnahmen
Die Firma Beldona schreibt, ihre Lieferanten arbeiteten nur mit professionellen Näherinnen zusammen, denn ihre Produkte seien schwierig zu nähen. Schild betont, die Hersteller verfügten über eigene Fabriken und klare Sozial-Standards. Chicorée vertraut ihren langjährigen Lieferanten, die mehrmals pro Jahr besucht würden.
Orsay sei im Begriff, die internen Prüfabläufe zu optimieren. Blackout schreibt, sie hätten das Problem erkannt und suchten eine unabhängige Kontrolle. Loeb schliesslich sagt, bei ihren kleinen Einkaufsmengen sei eine absolute Kontrolle unmöglich.