Es gibt verschiedene Gründe, aus einer Kirche auszutreten: Die einen sind mit der Politik oder Exponenten der Glaubensgemeinschaften nicht einverstanden, andere spenden das Geld der Kirchensteuer lieber selbstgewählten karitativen Organisationen.
Was einige Pfarreien oder Kirchgemeinden ab und zu verschweigen: Auch nach einem Kirchenaustritt darf man in einer Kirche heiraten oder eine Erdbestattung verlangen.
Die grossen Bistümer Basel und Chur, wo die meisten Schweizer Katholiken leben, kennen verschiedene Regelungen zum Umgang mit Austretungswilligen. Das Bistum Chur hält in den Richtlinien «betreffend Austrittserklärungen» fest: «Wenn Ausgetretene seelsorgliche Dienste in Anspruch nehmen wollen oder solche wünschen, muss man die finanzielle Solidaritätspflicht in Erinnerung rufen.»
Das sei eine heikle Formulierung, erklärt Giuseppe Gracia, Sprecher des Bistums Chur, gegenüber dem K-Tipp: «Es kommt immer wieder vor, dass Kirchgemeinden subtil oder weniger subtil damit drohen, ausgetretenen Steuerzahlern die Sakramente zu verweigern. Das ist aber in keiner Weise vom Kirchenrecht abgedeckt.» Auch wenn jemand gar nichts zahle, dürfe man ihm die Sakramente wie Eheschliessung und Beerdigung nicht verweigern. «Schlussendlich entscheidet der Glaube über die Wirksamkeit des Sakraments, nicht die Mitgliedschaft in der Kirchgemeinde», so Gracia.
«Gesinnungswandel bewirken»
Das bedeutet: Auch wenn Braut und Bräutigam aus der Kirchgemeinde ausgetreten sind, dürfen sie in der Kirche heiraten. Und eine Beerdigung durch einen Pfarrer ist ohne Mitgliedschaft in der Kirchgemeinde möglich. Die gleiche Regelung gilt für das Bistum Basel, bestätigt Sprecher Hansruedi Huber gegenüber dem K-Tipp.
Im Bistum Basel ist die Pfarrei laut internen Richtlinien «angehalten, einen Gesinnungswandel zu bewirken». Das Bistum Chur schreibt in einem internen Papier: «Nachdem eine Person eine Austrittserklärung geschickt hat, wird immer zuerst versucht, mit ihr ein seelsorgliches Gespräch zu führen.»
Wenn das nichts bringt, sind weitere Schritte vorgesehen: «Falls die Person darauf beharrt auszutreten oder das Gespräch nicht zustande kommt, wird der zweite Schritt vom Kirchenrat getan.» Dieser schickt einen weiteren Brief mit einem Austrittsformular, das ausgefüllt zurückzuschicken ist. Darin heisst es: «Ihr Entscheid lässt uns nicht gleichgültig. Wir sind auf die Beiträge und das Mittragen aller angewiesen.»
Danach erhält der Auszutretende nochmals einen Brief der Kirchgemeinde mit der endgültigen Bestätigung des Austritts – und mit einem letzten Vorwurf: «Ich muss – offen gestanden – von einem Mangel an Solidarität sprechen.»
Bei den evangelisch-reformierten Kirchen gibt es keine Richtlinien zur Frage, ob Nichtmitglieder der Kirche heiraten oder sich beerdigen lassen können: «Der Pfarrer entscheidet», heisst es beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund. «Er bestimmt auch, ob ein Solidaritätsbeitrag bezahlt werden sollte.»
Kirchenaustritt: Eine Begründung ist nicht nötig
So gehen Sie vor, wenn Sie aus der katholischen oder reformierten Kirche austreten wollen:
- Schicken Sie das persönlich unterschriebene Austrittsschreiben an die Kirchgemeinde des Wohnorts. Adressat ist der Präsident der Kirchenpflege oder des Kirchenrates. In den Kantonen St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden kann die Kirchgemeinde verlangen, dass die Unterschrift der austretenden Person von der Einwohnergemeinde beglaubigt wird.
Tipp: Den Brief eingeschrieben senden. Der Austritt gilt ab Datum des Austrittsschreibens.
- Im Schreiben muss stehen, dass man aus der Kirchgemeinde austreten will. Ein Satz und eine Unterschrift reichen – eine Begründung braucht es nicht. Wer keinen Anruf vom Pfarrer will, kann dies im Brief ausdrücklich festhalten.
- Die Kirchgemeinde des Wohnorts schickt dem Ausgetretenen eine Austrittsbestätigung und informiert die Behörden. Wer zum Beispiel im März austritt, zahlt später in der Steuerrechnung für drei Monate die Kirchensteuer.
Tipp: Überprüfen Sie, ob das Austrittsdatum auf der Bestätigung dem Datum des Austrittsschreibens entspricht.