Kleine Kapsel, grosser Preis
Neue Konkurrenz für Nespresso: Die Migros steigt ins Kapselkaffee-Geschäft ein. Aber: Migros-Kapseln sind sechsmal teurer als selbst gekochter Kaffee.
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K-Tipp 17/2004
20.10.2004
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Gehässig fielen die Reaktionen aus, als der Kassensturz im September einen kritischen Beitrag über das Nespresso-System ausstrahlte. Es sei «peinlich, wie der Kassensturz über ein grosses Unternehmen» herziehe. Da müsse «Neid im Spiel sein». Und: «Jeder andere Kaffee schmeckt wie Abwaschwasser.»
Offenbar lassen die Nespresso-Kunden keine Kritik am grossen Geschäft mit den kleinen Kaffeekapseln gelten. Schliesslich zelebriert Nespresso-Besitzerin Nestlé den Kaffeegenuss...
Gehässig fielen die Reaktionen aus, als der Kassensturz im September einen kritischen Beitrag über das Nespresso-System ausstrahlte. Es sei «peinlich, wie der Kassensturz über ein grosses Unternehmen» herziehe. Da müsse «Neid im Spiel sein». Und: «Jeder andere Kaffee schmeckt wie Abwaschwasser.»
Offenbar lassen die Nespresso-Kunden keine Kritik am grossen Geschäft mit den kleinen Kaffeekapseln gelten. Schliesslich zelebriert Nespresso-Besitzerin Nestlé den Kaffeegenuss mit zwölf verschiedenen Sorten, den so genannten Grands Crus. Und für die Kunden hat Nespresso eigens einen Klub geschaffen.
Doch Kritik an Nespresso drängt sich geradezu auf: Denn der Kaffee ist teuer, der Alu-Verbrauch enorm, und Kaffee aus explizit fairem Handel ist nicht erhältlich.
Diese Nachteile will sich nun die Migros zunutze machen. Kommende Woche bringt sie das Kapsel-System Delizio auf den Markt: mit Havelaar-Kaffee, mit Polyethylen- statt Alu-Kapseln, und zu niedrigeren Preisen.
Die fünf verschiedenen Kaffeesorten kosten pro Kapsel je 38, die beiden Tees 40 Rappen. Die Maschine kommt auf 298 Franken zu stehen.
Der K-Tipp hat nun ausgerechnet, wie viel ein Haushalt mit den verschiedenen Systemen in fünf Jahren zahlt:
- Bei vier Kaffees täglich: In fünf Jahren fallen Kosten von 3072 Franken an (ohne Unterhalt der Maschine und Strom). Das heisst: Ein Kaffee kostet gut 42 Rappen. Bei Nespresso sinds gegen 49 Rappen, bei Espresso Point von Lavazza mindestens 53,5 Rappen (siehe unten stehende Tabelle).
- Bei zehn Kaffees täglich: Auch hier liegt die Migros vor Nespresso und Lavazza.
Am günstigsten gibts den Kaffee natürlich aus dem Espresso-Kocher. Mit billigem Kaffee für gut 6 Rappen pro Tasse (siehe Tabelle), mit teurem Kaffee fürs Doppelte. Und selbst wer sich teuren Kaffee und eine 1000-fränkige Maschine leistet, kommt immer noch 50 Prozent günstiger davon als mit Kapseln.
Teure Kapseln für die «Gratis»-Maschine
Geködert werden Kunden mit niedrigen Maschinen-Preisen. Die Delizio-Maschine kostet 298 Franken, die billigste Nespresso-Maschine ist für 299 Franken zu haben, bei Discountern noch günstiger. Und Lavazza-Maschinen gibts sogar «gratis»: Der Kunde erhält das billigste Modell, Evoluzione, geschenkt. Aber er muss während eines Jahres monatlich mindestens 100 Lavazza-Kapseln zu horrenden 66 Rappen kaufen. So bezahlt er bereits 792 Franken. Danach kann er zu Kapseln wechseln, die «nur» 51 Rappen kosten.
Kauft man eine Lavazza-Maschine, bezahlt man von Anfang an 51 Rappen. Doch auch das kommt letztlich teuer.