Viele Firmen wollen heute nachhaltig sein. Das hat einem simplen Grund: Nachhaltigkeit bedeutet oft mehr Profit. Zwar sind die Produkte im Gestell noch die gleichen wie gestern. Doch weil sie jetzt als «nachhaltig» deklariert sind, kosten sie mehr.

Beispiel Migrolino: Die 350 Läden der Marke gehören zur Migros-Gruppe. Im Geschäft am Bahnhof in Winterthur ZH liessen die Verantwortlichen eine grosse Werbetafel mon­tieren: «Verantwortungsvoll und nachhaltig – unsere Produkte stammen aus nachhaltigen Schweizer Landwirtschafts- und Handels­betrieben.»

Ich fragte mich: Was ist mit «nachhaltig» genau gemeint? Eigentlich bedeutet das Wort, dass man nur so viele natürliche Ressourcen ­verbraucht, dass sie sich wieder erneuern können.

Doch bei Migrolino bedeutet «nachhaltig» offenbar nicht viel – wenn man liest, was auf der Migrolino-Internetseite steht. Dort heisst es: «Wer in einem Shop der ­Migrolino AG einkauft, kann sicher sein, dass alle Produkte unter Berücksichtigung der ­gesetzlichen und internen Standards her­gestellt wurden.»

Migrolino hält sich also an das Gesetz. Das ist schön, aber noch nicht nachhaltig. Und die Migros-Standards sind wenig konkret. Sie lauten etwa: «Die Mitarbeiter von Lieferanten werden korrekt entlöhnt.» Oder: «Im Tierstall muss ein Witterungsschutz vorhanden sein.» Das heisst: Ställe brauchen ein Dach.

Ist Migrolino nachhaltiger als die Migros, wenn man schon so gross damit wirbt? Das fragte ich den Pressesprecher. Dieser stellt klar: «Das behaupten wir keineswegs.» Natürlich nicht. Denn auch für die Migros gelten ja die «internen Standards».

Wenn ich das nächste Mal am Bahnhof in Winterthur bin, werde ich Migrolino links liegen lassen. Ein paar Meter weiter gibt es ­einen Aldi – mit viel tieferen Preisen. Dort werde ich mit einem guten Gefühl einkaufen. Denn auch Aldi hält sich ans Gesetz. Und ich weiss ja jetzt: Das ist angeblich «nachhaltig».