Barbara Sterchi (Name geändert) aus Seon AG wollte am 2. Juni wie gewohnt einen Einkauf mit Twint bezahlen. Die Bezahlapp auf Sterchis Smartphone ist verknüpft mit ihrem Konto bei der Postfinance. Doch die Zahlung funktionierte nicht.
Sterchi rief bei der Postbank an und erfuhr: Die Postfinance hatte ihr den Kontozugang gesperrt. Begründung: Sterchi habe im April und im Mai dieses Jahres ein Schreiben erhalten – mit der Aufforderung, ihre «Kundendaten zu überprüfen» und bei Bedarf «zu korrigieren». In den Schreiben verlangte die Postbank zudem Auskünfte, die sie nichts angehen – zum Beispiel den aktuellen Lohn Sterchis und den Namen ihres Arbeitgebers. Kunden sind nicht verpflichtet, diese Angaben zu machen (K-Tipp 3/2023).
Kontozugang im Voraus verweigert
Einigen Kunden drohte die Post mit Rausschmiss und Kontosperre, falls sie die verlangten Angaben nicht machen würden. Doch das ist unzulässig: Denn die Postfinance hat vom Bund einen Grundversorgungsauftrag: Sie muss allen in der Schweiz wohnhaften Personen ein Zahlungskonto zur Verfügung stellen. Nach den K-Tipp-Recherchen im März versprach die Post, man werde «nicht insistieren, wenn jemand keine Angaben machen will». Doch Barbara Sterchi wurde auf dreiste Weise dazu gedrängt, die von Postfinance geforderten Auskünfte zu liefern.
Sie sagt, sie habe die Schreiben der Post nie erhalten. Erst am 5. Juni, drei Tage nach der Sperrung ihres Kontos, bekam sie eine «2. Erinnerung». Darin hiess es, sie solle das Formular «vollständig ausgefüllt und rechtsgültig unterzeichnet» bis am 2. Juli retournieren. Sonst kündige die Bank die Geschäftsbeziehung.
Mehr noch: «Bis zum Erhalt der vollständigen Unterlagen können Sie ab sofort nicht über Ihr Kontoguthaben verfügen», hiess es im Schreiben. Das heisst: Noch bevor Sterchi reagieren konnte, hatte sie keinen Zugriff mehr auf ihr Geld. Alle ihre Guthaben lagen auf Lohn- und Sparkonten der Post. Sie musste ihren Chef um einen Vorschuss bitten, um an Geld zu kommen. Er gab ihr zur Überbrückung 200 Franken.
Auch Armando Esposito aus Seengen AG wurde der Zugang zum Konto gekappt: Mitte Mai konnte er seine Einkäufe in Läden plötzlich nicht mehr mit der Bankkarte bezahlen. Auch das E-Banking und das Abheben von Geld funktionierten nicht mehr. Esposito hatte eine erste Erinnerung zum Ausfüllen des Datenformulars erhalten. Am 9. Mai lief die Frist für die Rücksendung ab – am 13. Mai war sein Konto bereits gesperrt.
Kundendienst blockt bei Rückfragen ab
«Wir fühlten uns regelrecht genötigt», erzählt Esposito. Er sandte das Formular sofort ein – ohne Angaben zu Lohn oder Arbeitgeber. Esposito bestätigte mit seiner Unterschrift nur Informationen, die seine Bank bereits hatte, etwa zu Wohnadresse, Geburtsdatum, Nationalität und Namen. Esposito sicherte der Postbank am Telefon zu, er werde das Formular einsenden, und bat im Gegenzug darum, das Konto zu entsperren. Doch er blitzte ab: Erst wenn das ausgefüllte Formular bei der Post eintreffe, könne er wieder über sein Geld verfügen.
Die gleiche Antwort erhielt ein K-Tipp-Leser aus Zürich, der seit 40 Jahren Postfinance-Kunde ist. Er arbeitet in einem Heim und kauft mit seiner Karte für demente Patienten ein. Er bat daher um eine Entsperrung des Kontos. Die Antwort des Kundendienstes: «Sie haben sich Zeit gelassen, nun lassen wir uns auch Zeit.» Im Fall von Barbara Sterchi antwortete die Postfinance nicht einmal auf Fragen einer von ihrer Rechtsschutzversicherung beauftragten Anwältin.
Die Postfinance sagt dazu, man sperre inzwischen keine Konti mehr nach nur einer Mahnung. Ansonsten aber hält die Bank an ihrer bisherigen Praxis fest. Wer das Dokument zur Datenauskunft nicht einreiche, müsse mit einer Kontosperre rechnen. «Optional» seien Angaben zu Beruf, Einkommen und Arbeitgeber. Auf ihrem Formular schrieb die Bank davon jedoch nichts – erst nach der Anfrage des K-Tipp wurde das Formular Mitte Juli entsprechend angepasst.
Bei Barbara Sterchi entschuldigt sich die Bank. Man habe ihr das Konto «zu Unrecht gesperrt» und die Sperre nicht sofort aufgehoben, «obwohl dies möglich gewesen wäre». Diese hatte insgesamt 16 Tage gedauert. Sterchi löste dann alle ihre Postfinance-Konten auf.
Tipp: Kunden müssen der Postfinance keine Angaben zu Beruf, Arbeitgeber und Lohn machen. Falls die Bank das Konto ohne zulässige Begründung kündigt, bietet der K-Tipp Rechtsschutz. Melden Sie sich bei K-Tipp, Postfach 8024 Zürich, oder via Mail an redaktion@ktipp.ch.