Die Rolling Stones sind seit 60 Jahren auf Tour. Anno 1967 trat die englische Rockband um Sänger Mick Jagger und Gitarrist Keith Richards erstmals im Zürcher Hallenstadion auf. Ein Ticket kostete damals 20 Franken. Das entspricht heute etwa 65 Franken.
Diesen Juni kommen die Rolling Stones erneut in die Schweiz. Der günstigste Stehplatz im Berner Fussballstadion Wankdorf kostet Fr. 169.90.
Im angrenzenden Ausland zahlen Rockfans deutlich weniger: Der günstigste Stehplatz im Münchner Olympiastadion kostet umgerechnet Fr. 115.10, im Stadion San Siro in Mailand Fr. 120.75. Der Schweiz-Zuschlag beträgt also rund 50 Franken oder 40 bis 47 Prozent. Auch die Fans anderer Bands werden in der Schweiz mehr zur Kasse gebeten.
Beispiele von Konzerten in diesem Sommer:
- Imagine Dragons (im Juni): Ein Stehplatz für das Konzert der US-Rockband kostet im Stadion Wankdorf in Bern Fr. 109.90. Im Ernst-Happel-Stadion in Wien zahlen die Konzertbesucher für einen Stehplatz Fr. 73.50. Schweiz-Zuschlag: 50 Prozent.
- Ed Sheeran (im September: Wer ans Konzert des englischen Singer-Songwriters ins Zürcher Letzigrundstadion will, zahlt für einen Sitzplatz Fr. 141.90. Im Münchner Olympiastadion kosten die Sitzplätze für das Sheeran-Konzert zwischen Fr. 80.15 und 103.25. Schweiz-Zuschlag: 37 bis 77 Prozent.
- Die Toten Hosen (im Juli): Ein Stehplatz für die deutsche Rockband kostet im Letzigrund Fr. 110.90. Beim Konzert in der Wiener Trabrennbahn Krieau zahlt man für einen Stehplatz nur Fr. 77.30. Schweiz- Zuschlag: 43 Prozent.
Veranstalter der Schweizer Konzerte von Rolling Stones und Imagine Dragons ist die Gadget abc Entertainment Group AG. Sie ist eine Tochtergesellschaft des deutschen Konzerns CTS Eventim. Dieser veranstaltet Konzerte in ganz Europa und ist gleichzeitig Europas grösster Ticketverkäufer. Der Konzern schrieb 2021 einen Gewinn von mehr als 90 Millionen Franken. 2019, also vor der Coronapandemie, waren es knapp 140 Millionen Franken gewesen.
CTS Eventim besitzt auch die Hälfte der Ticketcorner AG, die in der Schweiz Konzertbillette verkauft. Die andere Hälfte gehört dem Medienkonzern Ringier.
Über 600 Franken für ein einziges Ticket
Wie Konzertbesucher ausgenommen werden, zeigt das Beispiel des Rolling-Stones-Auftritts in Bern: Für einen Stehplatz direkt vor der Bühne im Wankdorf müssen Fans 480 Franken zahlen. Wer 779 Franken lockermacht, darf zeitlich vor der grossen Masse ins Stadion. Dazu gibts noch ein «exklusives Stones-VIP- Merchandise-Paket».
Ein weiterer Kniff sind «dynamische Preise» wie etwa bei Flugreisen. Das heisst: Angebot und Nachfrage entscheiden darüber, wie viel ein Ticket kostet. Für die Rolling Stones sind auch sogenannte «Platin Tickets» erhältlich. Ein solcher Sitzplatz enthält keinerlei Extraleistungen und kostete Mitte Mai zwischen 609 und 683 Franken.
Konzerveranstalter Gadget erklärt gegenüber dem K-Tipp die tieferen Preise in München damit, dass die Stehplätze weiter weg von der Bühne und hinter Sitzplätzen liegen würden. Zudem seien die Produktions- und Personalkosten in der Schweiz höher.
Die Allblues Konzert AG, Veranstalterin des Ed-Sheeran-Konzerts, begründet die Preisdifferenzen gegenüber dem Münchner Konzert mit dem kleineren Stadion in der Schweiz sowie mit höheren Kosten für Personal und Miete.
Die Manager der Bands sowie Good News, Veranstalter des Konzerts der Toten Hosen in Zürich, beantworteten die Fragen des K-Tipp nicht.
Klar ist: Die Musikbranche macht in der Schweiz kräftig Kasse. Der Deutsche Berthold Seliger ist Konzertagent, Tourneeveranstalter und Autor mehrerer Bücher über die Musikindustrie. Er sagt: «Jeder Agent weiss, dass in der Schweiz und in Norwegen europaweit die höchsten Gagen zu erzielen sind.» In den Niederlanden oder in Österreich seien die Ticketpreise traditionell niedriger. Seligers Fazit: «Kommerzielle Konzertveranstalter verlangen immer den höchstmöglichen Preis.»
Openairs: Preise sind massiv gestiegen
Auch für den Besuch von Openair-Festivals müssen Musikfans immer tiefer in die Tasche greifen, wie ein K-Tipp-Vergleich zeigt.
- Gurtenfestival: Das 3-Ta- ges-Ticket kostete in Bern im Jahr 2012 noch 160 Franken, dieses Jahr sind es 270 Franken. Das ist ein Aufschlag von 69 Prozent.
- Openair Sankt Gallen: Der 3-Tages-Pass kostet dieses Jahr 220 Franken, 2012 waren es noch 183 Franken.
- Openair Frauenfeld: Hier zahlt man 255 Franken, im Jahr 2012 waren es 189 Franken.
- Openair Gampel VS: Der 3-Tages-Pass kostet 224 Franken, 2012 noch 162 Franken.
Die Veranstalter der Openairs begründen die Preiserhöhungen unter anderem mit massiv höheren Gagen sowie gestiegenen Ansprüchen an Sicherheit und Technik.
Sommer 2022: Konzerte zum Nulltarif
Gute Musik muss nicht teuer sein. In der Schweiz finden jedes Jahr viele Konzerte und Openaxirs zum Nulltarif statt.
Eine Auswahl:
- Imagine Festival: 3./4. Juni, Basel, www.imaginebasel.ch
- Stolze Openair: 10./11. Juni, Zürich, www.stolze-openair.ch
- Rock am Weier: 17./18. Juni, Wil SG, www.rockamweier.ch
- Openair Wollishofen: 8./9. Juli, Zürich, www.openair-wollishofen.ch
- Jazz Festival: 1. bis 16. Juli, Montreux VD, www.montreuxjazzfestival.com (zahlreiche Gratiskonzerte)
- Musikfestwochen: 10. bis 21. August, Winterthur ZH, www.musikfestwochen.ch (zahlreiche Gratiskonzerte)
- Funk am See: 19./20. August, Luzern, www.funkamsee.ch
- Musig i de Altstadt: 26./27. August, Aarau AG, www.mida-aarau.ch