Hersteller und Händler behaupten gebetsmühlenartig: An den hohen Schweizer Preisen sind die hohen Schweizer Löhne schuld. Obwohl das Forschungsinstitut BAK Basel diese These schon vor Jahren entkräftet hat (siehe «Saldo» 16/2012).
Jetzt räumt eine Untersuchung von Preisüberwacher Stefan Meierhans erneut mit dieser Behauptung auf. Die Löhne in der Schweiz seien zwar hoch, schreibt Meierhans begleitend zur Ende Mai veröffentlichten Studie «Preise und Kosten». Doch die relativ niedrigen Lohnnebenkosten und längere Arbeitszeiten verringerten den Kostenunterschied deutlich. Und: «Der Nachteil des höheren Lohnniveaus wird zudem dank vieler günstiger Faktoren wie tiefe Zinsen und geringe Steuerbelastung zumindest teilweise aufgewogen.»
Damit wird klar: Für die hohen Schweizer Preise fallen Faktoren wie hohe Gewinnmargen im Detailhandel, Marktabschottung, höhere Beschaffungskosten und unzureichender Wettbewerb stärker ins Gewicht als das Lohnniveau. Dazu hat Meierhans nun noch einen weiteren Faktor identifiziert: die hohen Preise für Fernsehwerbung in der Schweiz.
Die Schweizer Konsumenten hätten eine hohe Kaufkraft und eine grosse Vorliebe für Markenprodukte, schreibt Meierhans. Das verführe Hersteller und Händler dazu, Markenartikel intensiv zu bewerben. Denn deren höhere Preise könnten gegenüber «No-Name-Produkten» nur bestehen, wenn das Markenbewusstsein und die Markentreue der Kunden erhalten blieben.
TV-Werbung: Es fehlt an Konkurrenz
Von grosser Bedeutung ist dabei die TV-Werbung, stellt die Studie weiter fest. Und diese ist in der Schweiz sehr teuer. Das zeigt der Blick auf ihren sogenannten Tausender-Kontakt-Preis. Dieser gibt an, wie viel es kostet, um 1000 Personen einer Zielgruppe zu erreichen. Bezogen auf die Über-15-Jährigen heisst es in der Studie: «Die Preise für Fernsehwerbung in der Schweiz sind mehr als doppelt so hoch wie in Österreich und rund viermal höher als in Deutschland.»
Warum das? Es fehlt an Konkurrenz. «Die Möglichkeit, Werbung nicht nur im Schweizer Fernsehen, sondern etwa auch bei ausländischen Werbefenstern zu platzieren, hat zu keinen erkennbaren Preissenkungen geführt», analysiert Meierhans. Offenbar werde mit den von der Firma Goldbach Media vermittelten Werbefenstern ein anderes Publikum erreicht als mit Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, die von der SRG-Tochter Publisuisse vermarktet wird. Publisuisse und Goldbach widersprechen: Der Konkurrenzdruck sei «relativ hoch», so Publisuisse-Sprecherin Romi Hofer. Die Nettopreise für TV-Werbung seien «aufgrund intensiver Rabatte» seit 2005 um 20 Prozent gesunken.
«Wichtige Tests und Preisvergleiche»
Im Kampf gegen die Hochpreisinsel misst der Preisüberwacher Tests und Preisvergleichen, wie sie K-Tipp und «Saldo» professionell durchführen, eine grosse Bedeutung bei: «Sie sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass kritische Konsumenten gezielt an der Preisinsel rütteln können.» Laut Stefan Meierhans steigern sie die Preissensibilität und schwächen «blindes» Markenvertrauen.
Der Grund: «Regelmässig schneiden günstige Produkte in unabhängigen Produktetests sehr gut ab.»