Die Baslerin Daniela Cruz (Name geändert) konnte im Jahr 2014 die Prämien ihrer Krankenkasse Avenir nicht vollständig zahlen. Deshalb betrieb Avenir, eine Tochtergesellschaft des Versicherungskonzerns Groupe Mutuel, die 50-Jährige mehrmals. Es war aber nichts zu holen, die Kasse erhielt Verlustscheine.
Wechsel zu Helsana scheiterte
Im Herbst des vergangenen Jahres kündigte Cruz ihre Grundversicherung. Damals belief sich ihre Prämie pro Monat auf Fr. 503.70. Cruz wollte zur Helsana wechseln. Dort hätte sie mit einer höheren Franchise nur noch Fr. 352.90 zahlen müssen. Doch auf das Kündigungsschreiben der Baslerin folgte Ende Oktober ein Standardbrief der Avenir: Die Kasse nehme die Kündigung nur an, wenn «die Prämien, Kostenbeteiligungen sowie allfällige Verzugszinsen und Betreibungskosten vor dem Kündigungstermin vollständig bezahlt sind».
Cruz hatte den Überblick über ihre Schulden verloren. Deshalb habe sich ihr Lebenspartner bei Avenir telefonisch nach der Höhe der Ausstände erkundigt. Er wollte die Schulden begleichen. Als das Paar auch nach Monaten nichts hörte, verlangte er Anfang dieses Jahres noch einmal schriftlich Auskunft. Erst danach erhielt Cruz einen Kontoauszug. Demnach waren Ende 2018 noch etwa 3200 Franken ausstehend.
Für Cruz kam diese Information zu spät. Sie hätte die Schulden bis Ende Jahr begleichen müssen, um die Krankenkasse auf Anfang Jahr wechseln zu können. Der 50-Jährigen blieb nichts anderes übrig, als die teure Grundversicherung bei der Avenir weiterzuführen.
Kassen müssen über Fehlbetrag informieren
Laut Bernhard Rütsche, Professor an der Universität Luzern, wird die Krankenkasse in einem solchen Fall schadenersatzpflichtig: «Die Kassen müssen auf Nachfrage über die Höhe der Ausstände informieren.» Informiere eine Versicherung nicht oder falsch und verunmögliche sie den Wechsel, müsse sie laut Krankenversicherungsgesetz der versicherten Person den Schaden ersetzen. Der Schaden entspricht den Mehrkosten, die durch den verhinderten Wechsel entstanden sind.
Im Fall von Daniela Cruz will die Avenir keinen Schadenersatz leisten, wie sie auf Anfrage des K-Tipp erklärt. Begründung: Die telefonische Nachfrage nach der Höhe der Ausstände sei nirgends vermerkt. Das heisst: Cruz und ihr Partner können nicht beweisen, dass sie die Krankenkasse rechtzeitig um Informationen gebeten haben.
Der Fall zeigt: Betroffene sollten solche Anfragen immer als eingeschriebenen Brief schicken.
Das gilt bei Prämienschulden
Die Krankenkassen müssen offene Prämienschulden oder Kostenbeteiligungen zuerst mahnen. Darauf können sie eine Zahlungsaufforderung mit einer Frist von mindestens 30 Tagen senden und müssen auf die Folgen des Zahlungsverzugs hinweisen.
Zahlt der Versicherte innert Frist nicht, kann die Kasse ihn betreiben. Ist nichts zu holen, endet die Betreibung mit einem Verlustschein.
Zurzeit setzen acht Kantone Schuldner mit Verlustscheinen auf eine schwarze Liste: AG, LU, SG, SH, SO, TG, TI, ZG. Die Kassen vergüten dann nur noch Notfallbehandlungen.
Wer die Kasse wechseln will, muss sämtliche Ausstände samt Verzugszins und Bertreibungskosten bis Ende Jahr zahlen. Das gilt nur für Ausstände, die die Kasse bis Ende November gemahnt hat. Eine nicht bezahlte Dezemberprämie verhindert den Wechsel also nicht.
Die Kasse muss auf Nachfrage so früh über die Höhe der Ausstände informieren, dass der Versicherte die Schulden noch bis Ende Jahr begleichen kann.