Krankenversicherte: Vorsicht vor Fallstricken
Verwirrende Offerten, wertlose Internet-Seiten, fehlende Kündigungsmöglichkeiten: Auf dem Gebiet der Krankenversicherung gibt es viele Tücken.
Inhalt
K-Tipp 18/2002
30.10.2002
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Die Krankenkassenprämien für das Jahr 2003 sind bekannt. Wechseln oder nicht, lautet jetzt für viele die Frage. Der K-Tipp liefert Ergänzungen zum Thema.
Pro Life: Abtreibungsgegner als Makler
Was ist von der Firma Pro Life zu halten, die Offerten für die Krankenversicherung verschickt hat? Das fragen sich all jene, die entsprechende Post erhalten haben.
Stutzig macht, dass Pro Life gegen Abtreibungen ist und im Schreiben den Eindruck erw...
Die Krankenkassenprämien für das Jahr 2003 sind bekannt. Wechseln oder nicht, lautet jetzt für viele die Frage. Der K-Tipp liefert Ergänzungen zum Thema.
Pro Life: Abtreibungsgegner als Makler
Was ist von der Firma Pro Life zu halten, die Offerten für die Krankenversicherung verschickt hat? Das fragen sich all jene, die entsprechende Post erhalten haben.
Stutzig macht, dass Pro Life gegen Abtreibungen ist und im Schreiben den Eindruck erweckt, in den von ihr vermittelten Policen seien Schwangerschaftsabbrüche nicht bezahlt.
Das ist aber teilweise falsch. Das sind die Fakten:
- Pro Life ist keine Krankenkasse, sondern eine Organisation, die für ein generelles Abtreibungsverbot kämpft. Die Firma vermittelt in der Deutschschweiz die Grundversicherung der Krankenkasse Panorama. Diese Kasse gehört derzeit an vielen Orten zu den günstigen.
- In der Grundversicherung ist die Abtreibung bezahlt, sofern sie den gesetzlichen Normen für den straflosen Abbruch entspricht - also in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen stattfindet. Das gilt für alle Grundversicherten - auch bei der Krankenkasse Panorama. Pro Life verlangt von seinen Mitgliedern, auf Abtreibungen zu verzichten. Dieser Verzicht ist aber für die Grundversicherung nicht bindend.
- Wünschen Pro-Life-Mitglieder freiwillige Zusatzversicherungen, so vermittelt ihnen die Panorama die Angebote der Krankenkasse Concordia.
Und bei der Concordia gilt effektiv: Abtreibungen sind nicht bezahlt. Solche Einschränkungen sind bei den Zusatzversicherungen legal. Diese Einschränkung - die damit für sämtliche Panorama-Zusatzversicherten gilt - ist allerdings eine Spezialität der Concordia (und der Assura). Bei allen anderen grossen Krankenkassen sind legale Abtreibungen aus den Zusatzversicherungen bezahlt.
Wertlose Infos aus dem Internet
Zum Thema Krankenkassen gibt es gute Homepages wie etwa www.bsv.admin.ch oder www.vzonline.ch
Es gibt aber auch Internet-Adressen, die zwar mit offiziell klingenden Namen locken, deren Nutzwert aber sehr bescheiden ist.
Zum Beispiel die Website www.krankenkassentest.ch: Sie erweckt den Eindruck, nach der Beantwortung von ein paar Fragen erhalte man neutrale Informationen.
Doch der angeblich «grosse Krankenkassen-Test» ist ein Werbegag: Wer die Fragen auf der Site ausfüllt und elektronisch abschickt, erhält einen Versicherungsvorschlag der Krankenkasse Innova. Sie wirbt intensiv für ihre Nichtraucher-Versicherung Sanvita.
So könnte man annehmen, Rabatte für Nichtraucher gebe es auch in der Grundversicherung. Das ist aber nicht der Fall; solche Rabatte sind nur bei den Zusatzversicherungen erlaubt.
Wenig hat auch www. krankenversicherung.ch zu bieten. Diese Site bietet einzig ein detailreiches Verzeichnis der Krankenkassen. Die weitergehenden Informationen zum Thema sind hingegen äusserst dürftig. Die Betreiber haben schon Artikel aus Zeitungen (auch aus dem K-Tipp) ungefragt kopiert und unter Verletzung des Urheberrechts ins Netz gestellt.
Nicht empfehlenswert ist auch www.krankenkassencenter.ch: Die Informationen sind völlig veraltet und deswegen unbrauchbar.
Gar keine weiterführenden Informationen bringt www.krankenkassen24.ch - dahinter steckt die Vermittlungsfirma Unigista in Zürich. Übrigens: Wer www.top-krankenkasse.ch eingibt, landet nicht etwa bei der besten, also der Top-Krankenkasse der Schweiz (falls es das überhaupt gibt), sondern «nur» bei der Krankenkasse Swica.
Kein Kündigungsrecht bei den Zusatzversicherungen
Das ärgert viele: Sie wollen die Grundversicherung von ihrer jetzigen Krankenkasse wegzügeln und gleichzeitig auch die Zusatzversicherungen bei der bisherigen Kasse kündigen - aber das geht nicht.
Das liegt daran, dass Grund- und Zusatzversicherungen unterschiedlichen Gesetzen unterstehen und damit auch unterschiedliche Kündigungsfristen kennen:
- Die Grundversicherung können alle Versicherten spätestens bis Ende November kündigen. Der Brief muss am Freitag, 29. November eingetroffen sein.
- Bei den Zusatzversicherungen ist die normale Kündigungsfrist Ende September abgelaufen. Zusatzversicherungen können im November oder je nach Anbieter noch im Dezember nur noch gekündigt werden, falls sie teurer werden - und das ist nicht überall der Fall.
Tipp: Es ist durchaus möglich, Grund- und Zusatzversicherungen bei zwei verschiedenen Kassen zu haben. Was dabei zu beachten ist, steht ausführlich in K-Tipp 17/02.
Null Rabatt für Junge bei der Assura
Den Jugendlichen zwischen dem 19. und dem vollendeten 25. Altersjahr dürfen die Krankenkassen eine Prämienermässigung geben - sie müssen aber nicht.
Der Trend zeigt: Diese Rabatte werden immer kleiner. Das untermauern die Zahlen, die das zuständige Bundesamt Anfang Oktober bei der Präsentation der Prämien 2003 veröffentlicht hat. Während die Krankenkassen-Grundprämien für Erwachsene gesamthaft um 9,61 Prozent steigen, werden die Ansätze für Jugendliche um 15,40 Prozent höher.
Einen Schritt weiter geht nun die Assura: Sie hat Rabatte für Jugendliche komplett gestrichen.
Wenn die Prämienerhöhung zu spät kommt
Damit eine höhere Prämie in der Grundversicherung pünktlich auf den 1. Januar 2003 in Kraft treten kann, muss die Mitteilung an die Versicherten im Oktober erfolgen. Sie muss also spätestens am Donnerstag, 31. Oktober bei den Versicherten eingetroffen sein.
Schreiben Sie deshalb auf, an welchem Datum Sie die Prämienerhöhung im Briefkasten hatten. Das Absendedatum der Kasse auf dem Begleitschreiben ist hier unerheblich.
Sollten Sie die Prämienerhöhung erst im November erhalten, so müssen Sie diese erhöhte Prämie erst ab dem kommenden 1. Februar zahlen (statt schon ab 1. Januar), falls Sie bei dieser Kasse bleiben. Kündigen können Sie aber trotzdem bis Ende November.
Grundsätzlich gilt bei Prämienmitteilungen: Es muss sich um eine persönliche Mitteilung mit dem korrekten Betrag handeln. Die Veröffentlichung von Prämientabellen in der Mitgliederzeitung gilt nicht als persönliche Mitteilung.
Wichtig für Kassenwechsler: Falls Sie gekündigt haben, muss Ihre bisherige Kasse alle Rechnungen zahlen, die bis zum Versicherungsbeginn bei der neuen Kasse anfallen. Sollte sich also eine ärztliche Behandlung oder ein Spitalaufenthalt über den Jahreswechsel hinziehen, müssen Sie den jeweiligen Grundversicherungsanteil von zwei Kassen einziehen. Entscheidend ist das Behandlungsdatum.
Achtung: Dauerte eine Behandlung über den Jahreswechsel hinaus, wird Ihnen Ihre bisherige Kasse nur die Behandlung bis Ende Jahr zahlen.
Dass Sie aber noch einen Anspruch an die neue Kasse wegen des Anteils des neuen Kalenderjahres haben - das müssen Sie selber merken, Ihre bisherige Kasse wird kaum so kundenfreundlich sein und Sie darauf aufmerksam machen.
Um Probleme zu vermeiden, können Sie zum Beispiel Ihren Arzt bitten, auf Ende Jahr eine Zwischenabrechnung zu machen.
Vic Eugsters seltsame Bemerkung
Aufmerksame Fernsehzuschauer wissen: SF2 strahlt die Sendung Konsum.tv aus. Sie behandelt Konsumthemen und fällt insbesondere dadurch auf, dass im Bild immer ein Elmer-Citro-Fläschchen zu sehen ist.
Am 6. Oktober war der ehemalige Sänger und heutige Weingalerie-Besitzer Vic Eugster in der Sendung. Er durfte sich auch zum Thema Krankenkassenprämien äussern. Sein Fazit: «Die Krankenkasse wechsle ich nicht, politische Parteien wechselt man ja schliesslich auch nicht.»
Wie bitte? Was sollen da all die prämiengeplagten Supra-Versicherten denken, die beispielsweise in der Stadt Zürich happige 461 Franken zahlen? Vielleicht doch: «O läck du mir am Tschööpli.»