Kreditkarten: Kunden werden zur Kasse gebeten
Kreditkarten sind für die Konsumenten laufend weniger attraktiv. Immer mehr Unternehmen verlangen für Zahlungen per Kreditkarte einen happigen Aufpreis.
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saldo 19/2008
18.11.2008
Thomas Lattmann
«Ich war empört», erinnert sich saldo-Leserin Petra S. Nach einer Ferienreise suchte sie das Restaurant Bouillon in Baden AG auf – ohne einen Franken Bargeld in der Tasche. Nach einem opulenten Mahl gings ans Zahlen, sie zückte ihre Mastercard. Der Wirt akzeptierte die Kreditkarte, schlug aber eine Gebühr von 3 Prozent auf ihren Rechnungsbetrag. Petra S. zahlte den Aufpreis von Fr. 3.60 zähneknirschend.
Das ist kein Einzelfall: Wer im Spe...
«Ich war empört», erinnert sich saldo-Leserin Petra S. Nach einer Ferienreise suchte sie das Restaurant Bouillon in Baden AG auf – ohne einen Franken Bargeld in der Tasche. Nach einem opulenten Mahl gings ans Zahlen, sie zückte ihre Mastercard. Der Wirt akzeptierte die Kreditkarte, schlug aber eine Gebühr von 3 Prozent auf ihren Rechnungsbetrag. Petra S. zahlte den Aufpreis von Fr. 3.60 zähneknirschend.
Das ist kein Einzelfall: Wer im Speiserestaurant Ried in Freienbach SZ ein Bankettessen mit Mastercard oder Visa begleicht, muss sogar 3,5 Prozent draufzahlen. Im Hotel Falken in Luzern hingegen liess Geschäftsführer Hans Wanner den Kreditkarten-Zuschlag im Restaurant wieder fallen, weil viele Gäste verärgert waren und wegblieben. Von seinen Hotelgästen verlangt er aber weiterhin einen Zuschlag von 2,95 Prozent.
Zuschläge für Zahlungen per Kreditkarte müssen deklariert sein
Nicht nur die Gastrobranche kennt neuerdings solche Zuschläge. Viele Reisebüros bitten Kreditkartenbenutzer extra zur Kasse. M-Travel Switzerland (Hotelplan, Esco, Travelhouse usw.) verrechnet einen fixen Aufpreis von 1,5 Prozent. Nur Benutzer einer Migros-Kreditkarte werden nicht zusätzlich zur Kasse gebeten. Auch ein Teil der Internet-Shops verlangen für Kreditkartenzahlungen einen höheren Preis von 2 bis 4 Prozent.
Noch höher sind die Zusatzgebühren in exotischen Branchen wie etwa dem Rotlichtmilieu. So müssen Kreditkarteninhaber beim Begleitservice Glamour Escort 10 Prozent draufzahlen. «Das machen in unserem Gewerbe alle so», begründet Geschäftsführer Reto Schweizer. Das war nicht immer so.
Bis Januar 2006 untersagten die Kreditkartenunternehmen den angeschlossenen Händlern, von den Kunden bei Zahlungen mit Karten einen Zuschlag zu verlangen. Seither können die Händler und Dienstleister die Preise nach Belieben festsetzen. Der Konsument muss nach wie vor so viel zahlen, wie vereinbart ist. Das heisst: Will ein Restaurant bei Kreditkartenzahlungen einen Zuschlag verlangen, hat es den Aufpreis zu deklarieren.
Kosten verlagern sich vom Händler zum Kunden
Die Wettbewerbskommission (Weko) hat diesen Aufpreis zugelassen, um das Kreditkartensystem einem erhöhten Wettbewerb mit anderen Zahlungsmitteln auszusetzen. Laut Weko-Vizedirektor Olivier Schaller gilt die Regelung bis Ende 2009. Zurzeit analysiert die Weko die Auswirkungen der neuen Regelung. Eines weiss Schaller jetzt schon: Die Kommissionen, welche die Anbieter den Kreditkartenvertragspartnern entrichten, sind um 0,35 Prozentpunkte gesunken. Unter dem Strich heisst das: Der Händler zahlt der Kreditkartenorganisation weniger, der Kunde aber mehr.
Im Schnitt betragen die Kommissionen jetzt rund 2,5 Prozent. Je nach Volumen der Transaktionen und Branche kann dieser Prozentsatz höher oder tiefer ausfallen. Bei der Karten-Vertragspartnerin Aduno liegt der Höchstsatz laut eigenen Angaben bei 5,7 Prozent. Bei Kleinkonsumationen liegen die Spesen aber im zweistelligen Prozentbereich.
Aduno-Sprecherin Bettina Freihofer kritisiert, dass Detailhändler und Dienstleister die Kommissionen auf die Konsumenten überwälzen. Laut Freihofer sparen die Unternehmen angeblich bis zu 2 Prozent des Aufwands, wenn sie nicht mit Bargeld hantieren oder Rechnung stellen müssen. Zudem würden für diese Unternehmen das Kreditrisiko und die Bonitätsprüfung entfallen. Solche Leistungen seien in der Kommission inbegriffen.
Maestro-Karte: Alternative Zahlungsart ohne Aufschläge
Für Hans Wanner vom Hotel Falken bringen Kreditkarten dagegen nur viel Mehraufwand und keinerlei Vorteile. Auch bei anderen Gastro-Unternehmern sind Kreditkarten unbeliebt. Der Aufschlag soll Abschreckung sein. «Ich will nicht, dass die Gäste mit Kreditkarte bezahlen», gibt Ried-Wirt Roger Bühler zu.
Wer bargeldlos zahlen will, aber nicht bereit ist, für den Einsatz der Kreditkarte mehr aufzuwerfen, kann auf die Maestro-Karte ausweichen. Diese Zahlungsart ist fast überall gratis und in Restaurants zusehends akzeptiert. Umgekehrt können Barzahler versuchen, bei Anbietern ohne Kreditkartenzuschlag einen Rabatt herauszuholen. Das ist in vielen Geschäften möglich, wie eine saldo-Stichprobe ergab (saldo 5/06).