Millionen Menschen sahen sich auf Facebook und Youtube das Video eines kleinen Jungen an, der vor einem Blumenmeer in Paris steht. Der Bub hat Angst, dass er nun aus Frankreich wegziehen müsse. Der Vater beruhigt das Kind: «Die Terroristen haben Pistolen, aber wir haben Blumen und Kerzen, die uns beschützen.»
Nicht Blumen und Kerzen, sondern Maschinengewehre, Pistolen und Munition verkaufen Spielzeughändler wie Franz Carl Weber, Toys’R’us, Manor, Migros und Coop. Und das auch in der Weihnachtszeit.
Die Pariser Anschläge scheinen die Händler nicht beeindruckt zu haben: In den aktuellen Prospekten und Weihnachtskatalogen preisen sie mit martialischer Kriegsrhetorik Waffen für Kinder an.
Manor zum Beispiel legte vor den Pariser Anschlägen den grossen Tageszeitungen in der Deutschschweiz, der Romandie und dem Tessin einen Weihnachtskatalog bei. Darin werden Maschinengewehre inklusive Patronen angepriesen, die «in nur 10 Sekunden vollautomatisch abgefeuert werden» oder mit vier Trommeln für einen «rasanten Nachschub» sorgen.
«Das Ziel nie aus den Augen verlieren»
Auch andere Händler werben für solche Spielzeugwaffen:
- Toys’R’us: «Einfach die Munition laden, und schon kanns losgehen. In rasanter Geschwindigkeit und mit dem typischen NERF-Sound werden die Geschosse abgefeuert und treffen garantiert ihr Ziel.»
- Migros: «Schnell und beweglich! Der halbautomatische N-Strike Elite Stryfe kommt mit 6 Darts und passendem Magazin.» Und: «Der kompakte Firestrike-Blaster sorgt dank rotem Ziellicht dafür, dass man selbst im Dunkeln das Ziel nie aus den Augen verliert.»
- Franz Carl Weber: «Der erste vollautomatische Blaster mit Elite Performance. Kann 3 Darts pro Sekunde verschiessen.»
«Nicht mit Tötungsabsichten verbunden»
Die Spielwarenhändler begründen den Verkauf von Spielzeugwaffen mit der Nachfrage der Kunden. Elle Steinbrecher von Manor sagt: «Eltern assoziieren Spielzeugwaffen mit Kriegen, Gewalt und Verbrechen. Für Kinder sind Spielzeugwaffen nicht mit Tötungsabsichten verbunden, sondern fungieren einfach als Spielzeuge.» Und Migros-Sprecherin Martina Bosshard erklärt: «Wir halten es für vertretbar, die Artikel anzubieten – weil die Bewegung, die Geschicklichkeit und der Wettbewerb im Vordergrund stehen.» Toys’R’us ist der Meinung, dass es sich bei den Gewehren um Spiel- und Sportgeräte handelt, nicht um Waffen.
K-Tipp-Umfrage mit klarem Resultat
Die Kunden sehen das anders. Eine Umfrage des K-Tipp auf den Strassen Zürichs zeigt, dass ein Grossteil gegenüber Spielzeugwaffen kritisch eingestellt ist: Von 55 in der Stichprobe befragten Personen äusserten sich 42 Personen negativ. Nur 4 Personen befürworteten Spielzeugwaffen, 9 hatten sich das noch nie überlegt. Musiker Cristian Archetti aus Zürich sagte: «Es gibt bessere Spielsachen als Waffen.» Besonders nach den Anschlägen in Paris sei der Verkauf von Spielzeugwaffen problematisch. Auch Jasmin Zorbakir aus Zürich findet: «Waffen sind kein Kinderspielzeug, es gibt genug andere Spielsachen.»
Das meint auch der Traditionsladen Pastorini Spielzeug in Zürich und Dübendorf: Er verkauft seit der Gründung im Jahr 1911 keine Waffen. Sprecher Felix Schumacher-Pastorini sagt: «Waffen gehören in keines Menschen Hände – und ganz bestimmt nicht in Kinderhände!»