Das Urteil des Bundesgerichts sorgte Mitte Oktober für Schlagzeilen: «Sunrise darf mündliche Kündigung verlangen», titelte etwa SRF auf seinem Nachrichtenportal. Die Telecomfirma Sunrise zwingt ihre Kunden im Kleingedruckten, Abos nur am Telefon oder in einem Chat zu kündigen, nicht per Post oder E-Mail. Nach Einschätzung des K-Tipp ist diese Klausel nicht rechtsgültig (K-Tipp 17/2023).
Das Bundesgericht beschäftigte sich mit dem Fall eines Sunrise-Kunden aus Balgach SG: Der Mann hatte vor dem Bezirksgericht Bülach ZH gegen die Telecomfirma geklagt. Er wollte sie dazu verpflichten, schriftliche Kündigungen zuzulassen. Der Einzelrichter wies die Klage ab: Die Kündigungsklausel diskriminiere zwar Konsumenten. Doch laut Sunrise erhalte der Kunde einen Tag nach der Kündigung eine Bestätigung per SMS, E-Mail oder Post. Damit könne er die Kündigung beweisen und habe keinen Nachteil.
Das Bezirksgericht in Bülach blieb bis zum Bundesgericht die einzige Instanz, die den Fall inhaltlich beurteilte. Die Streitsumme belief sich auf nur 480 Franken. Das Bundesgericht prüft Beschwerden mit einer derart tiefen Forderung nur bei grundsätzlichen Rechtsfragen. Es trat nicht auf die Beschwerde ein. Bereits das Zürcher Obergericht hatte die Beschwerde des Sunrise-Kunden aus formellen Gründen abgelehnt.
Sunrise erschwert Kündigungen
Bei der Rechtsberatung des K-Tipp melden sich immer wieder Leserinnen und Leser, bei denen eine Kündigung von Sunrise-Abos nicht problemlos klappte. Erfahrungen von Kunden zeigen: Die Behauptung, dass Sunrise einen Tag nach der Kündigung eine Bestätigung sende, trifft häufig nicht zu. Das Bezirksgericht Bülach ging also von einer falschen Voraussetzung aus. Beispiele:
- Renée Rieker aus Horgen ZH kündigte ihr Sunrise-Kombiabo am 20. September am Telefon. Eine Bestätigung erhielt sie trotz Nachfragen nicht. Erst als sie sich auf der Plattform Reklamation.ch beschwert hatte, bekam sie Ende Oktober eine Bestätigung per E-Mail.
- Ein Sunrise-Kunde aus Rheinfelden AG kündigte sein Handyabo am 21. Juli im Chat. Erst nachdem er vor dem Bezirksgericht Zürich geklagt hatte, anerkannte Sunrise Ende Oktober die Kündigung.
- Ein K-Tipp-Leser aus Muttenz BL arbeitet von Montag bis Freitag Vollzeit als Arzt. Die Telefon-Hotline und Chats von Sunrise sind nur während Bürozeiten erreichbar. Der Arzt kann es sich nicht leisten, während der Arbeitszeit in der Hotline von Sunrise zu warten, um sein Abo zu kündigen. Er versuchte darum an einem Samstag, in einer Sunrise-Filiale in Basel zu kündigen. Die Angestellten liessen ihn abblitzen. Schliesslich kündigte der Arzt sein Sunrise-Abo mit einem eingeschriebenen Brief. Sunrise anerkannte die schriftliche Kündigung erst nach einigen weiteren E-Mails des Kunden.
K-Tipp reicht Klage ein
Die Fälle zeigen: Sunrise will mit seiner Geschäftspraxis Kündigungen verhindern oder zumindest erschweren. Rechtlich ist jedoch klar: Eine Kündigung muss von der anderen Vertragspartei nicht akzeptiert werden, damit sie gilt. Sie ist rechtsgültig mit dem Empfang der Mitteilung.
Der K-Tipp wird als Konsumentenschutzorganisation mit einer Klage die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sunrise gerichtlich überprüfen lassen.