Labors: Farbe bekennen!
Mit den Farben haben viele Fotolabors Mühe. Digitale Bilder schneiden jedoch im Vergleich deutlich besser ab als herkömmliche. Das war im letzten K-Tipp-Test noch anders.
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K-Tipp 12/2005
15.06.2005
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Auf dem Bild ist Luzern in sanftes Abendrot getaucht. Eine bezaubernde Stimmung. Doch was die Fotografie zeigt, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun: Der K-Tipp-Fotograf hat das Bild an einem schönen Nachmittag mit strahlend blauem Himmel aufgenommen. Von Abendrot keine Spur.
Das Bild von Luzern mit Häuserfront, Reuss und Kapellbrücke hat nicht nur bei diesem einen Abzug einen massiven Rotstich. Fast die Hälfte der Labors, die der K-Tipp einem Vergleichstest unterzogen hat, ...
Auf dem Bild ist Luzern in sanftes Abendrot getaucht. Eine bezaubernde Stimmung. Doch was die Fotografie zeigt, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun: Der K-Tipp-Fotograf hat das Bild an einem schönen Nachmittag mit strahlend blauem Himmel aufgenommen. Von Abendrot keine Spur.
Das Bild von Luzern mit Häuserfront, Reuss und Kapellbrücke hat nicht nur bei diesem einen Abzug einen massiven Rotstich. Fast die Hälfte der Labors, die der K-Tipp einem Vergleichstest unterzogen hat, schmuggelte ein nicht vorhandenes Rot in ihre Abzüge.
Der K-Tipp hat 6 unterschiedliche Motive mit je einer analogen und einer digitalen Kamera fotografiert und von 12 ausgewählten Gross- und Kleinlabors Abzüge anfertigen lassen. Dieser Test soll folgende Fragen beantworten:
- Bekommt der Kunde die besseren Bilder ab digitalen Daten oder ab Negativstreifen?
- Welche Labors liefern die beste Bildqualität ab Negativen?
- Welche Labors liefern die beste Bildqualität ab digitalen Bilddaten?
Die Abzüge der 24 Aufträge - je 12-mal digital und analog - beurteilte eine 11-köpfige Jury.
Für die Bewertung wurden 5 der 6 Bilder ausgewählt, die typisch für Aufträge von Hobbyfotografen sind:
- ein Porträt mit Hauttönen auf neutralem Hintergrund,
- Kirchenfenster mit starkem Hell-Dunkel-Kontrast,
- ein blühender Baum mit Parkplatz im Hintergrund,
- Häuserfront in Luzern mit Reuss und Kapellbrücke,
- das Grossmünster in Zürich.
Fotomaxx ist der eindeutige Testsieger
Die Experten vergaben Noten für 4 Einzelkriterien sowie für den Gesamteindruck. Die Noten der Fachleute lassen keinen Zweifel offen: Die Prints ab digitalen Daten sind den Bildern ab Negativstreifen überlegen. «Man sieht, dass digitale Prints konkurrenzfähig sind», formuliert es Michael Bühl vom deutschen Labor Cewe vorsichtig. Cewe führt Fotoaufträge für die Migros aus.
Das Versand-Labor Fotomaxx (Pro Ciné) ist dabei der klare Testsieger. Dieses Labor erreicht sogar knapp das bestmögliche Gesamturteil «sehr gut». Kein einziger Experte vergab den Bildern dieses Grosslabors weniger als 80 Punkte, was der Schulnote 5 entspricht.
Die Digiprints erhielten zwar von den Fachleuten meist gute Noten. Dennoch sahen die Experten Raum für Verbesserungen. Obwohl digitale und analoge Bilder nicht gekennzeichnet waren, konnten die meisten von ihnen einschätzen, welche Bilder mit welcher Kamera aufgenommen worden waren. «Nicht optimal ist der schwache Kontrast bei vielen Digitalprints», moniert etwa Judith Schmed von Foto Pro Ganz. Urs Tinner von Fotopick haut in die gleiche Kerbe: «Die Analogen sind brillanter als die Digitalen.»
9 der 12 geprüften Labors erreichen das Gesamturteil «gut», darunter die Migros, Fotopick Express und Photocolor Kreuzlingen. Bloss 2 Labors erhalten nur ein «genügend». Dabei handelt es sich um die Kleinlabors Foto Pro Ganz und Stutz Foto Center.
Dieses insgesamt überzeugende Resultat für Digiprints ist nicht selbstverständlich. Als der K-Tipp vor 4 Jahren 8 Fotolabors verglich (K-Tipp 12/01), stellte sich im Blindvergleich heraus, dass die digitalen Prints des besten Fotolabors nicht einmal besser waren als ein Ausdruck mit einem normalen Fotodrucker. Die Punktzahl für die Fotoqualität des besten Labors, Photocolor Kreuzlingen, betrug damals magere 68 Punkte. Zudem stuften die Fachleute die Hälfte der Labors als «ungenügend» ein.
Bilder ab Negativ deutlich schlechter
Dank dem Boom bei den Digitalkameras verschiebt sich die Nachfrage der Kunden zunehmend auf Prints ab digitalen Daten. Darauf reagieren auch die Labors: Sie haben grosses Interesse, auf diesem Gebiet möglichst gute Qualität zu liefern. Andererseits fallen die Fotos ab Negativ vergleichsweise ab.
Der Vergleich zwischen analog und digital zeigt diese Entwicklung brutal auf. Im Durchschnitt liegen die Prints ab Negativstreifen bei der Gesamtpunktzahl 10 Punkte hinter den digitalen Bildern. Augenfällig ist der Unterschied insbesondere beim Porträt. Der original neutrale, fast weisse Hintergrund hat bei vielen Bildern ab Negativ einen starken, auffälligen Blaustich. Statt einem warmen Hellbraun ist die Haut von einem kalten Ton dominiert (siehe Bilder Seite 21). Bei einigen Porträts ist sogar ein «Heiligenschein» sichtbar, eine helle Umrandung der dunklen Haarpracht.
Liegen bei den digitalen Prints die Versandhäuser klar vorn, läuft bei den Bildern ab Negativ ein Kleinlabor den Grossen den Rang ab: Das Fachgeschäft Zumstein, das ab Herbst unter dem Namen «Bildwerk Bern» auftritt, erhielt die besten Noten bei den Kriterien «Gesamteindruck» und «Farbwiedergabe».
Auch Foto Pro Ganz reihte sich - zusammen mit den besten Grosslabors Fotomaxx und Photocolor Kreuzlingen - ganz vorne ein. Nicht nur bei den Digiprints, sondern auch bei Bildern ab Negativ war also Fotomaxx unter den besten. Während Zumstein und Ganz bessere Bilder ab Negativ lieferten als ab digitalen Daten, erhielt das Stutz Foto Center für beide Aufträge fast identische Noten und ein Gesamturteil «genügend».
In der Produktion sind sich neue und alte Fotografie näher, als man glauben würde. Immer mehr Labors scannen nämlich die Negative. Gedruckt werden die Bilder dann ab den so digitalisierten Bildinformationen.
Perfekte Übertragung ist schwierig
Wieso also die schlechteren Noten bei herkömmlichen Bildern? Der Printer müsste das Negativ farbgetreu einlesen. Die perfekte Übertragung ist aber schwierig. Das Gerät reagiert auf im Bild vorhandene Farben: Zum Beispiel wird das kräftige Rot des Trägerleibchens im Porträt mit erhöhtem Cyan-Anteil, einem kalten Blaugrün, ausgeglichen. Das führt prompt zu einem blauen Hintergrund.
Zwar haben alle Labors bei den Abzügen ab Negativ Gesamtpunktzahlen zwischen rund 60 und 80 Punkten («genügend» bis «gut») erreicht. Doch das Fujicolor Labor, in dem neben dem Auftrag per Versandtasche auch die Prints von Coop und Coop-Tochter Interdiscount hergestellt werden, fiel trotzdem massiv ab.
Fujicolor: Schlechter Gesamteindruck
Trotz «genügender» Gesamtpunktzahl mussten die Bilder dieses Labors zu «ungenügend» abgewertet werden. Denn sowohl bei der Farbwiedergabe wie auch beim Gesamteindruck erhielten die Fujicolor-Bilder ungenügende Noten. Das heisst, die Fachleute befanden, dass diese Bilder einem Kunden nicht zugemutet werden könnten.
Jacques A. Stähli, Direktor von Fujicolor, bedauert das Resultat: «Wir haben festgestellt, dass die Einstellung der Geräte zum Zeitpunkt des Testauftrages nicht unserem Qualitätsstandard entsprach.» Man habe das Problem schon vor der Bewertung der Bilder beim K-Tipp bemerkt. Üblicherweise würden Nachbestellungen bei Fujicolor «im neuen, digitalen Verfahren» produziert, was vielfach zu besseren Resultaten führe. Den K-Tipp-Auftrag habe man aus Kapazitätsgründen über den «alten, analogen Produktionsweg verarbeiten müssen». Stähli will nun häufiger Kontrollen durchführen.
Auch bei den analogen Bildern drängt sich der Vergleich mit einem früheren Test auf: Vor knapp einem Jahr liess der K-Tipp Vergrösserungen ab Negativ anfertigen (13/04). Testsieger wurde damals Fotomaxx vor Fotopick und Belcolor, die besten Kleinlabors waren auch damals Zumstein und Foto Pro Ganz. Und auch damals hatte Fujicolor Probleme mit der Farbwiedergabe.
Die Resultate zeigen also eine erstaunliche Konstanz - kann doch die Bildqualität stark schwanken, wenn zum Beispiel die Geräte anders eingestellt werden oder ein Labor neue Geräte oder neue Software anschafft.
Ein Blick auf die Kosten zeigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Qualität und Preis gibt. Bei den analogen Bildern reicht die Spanne von 80 Rappen (5 Anbieter) bis Fr. 1.90 bei Foto Pro Ganz. Lässt man sich die Bilder nach Hause schicken, werden in der Regel knapp 5 Franken Versandspesen verrechnet. Nur Fotolabo Club schont hier mit Fr. 2.70 das Portemonnaie der Kunden. Für einen Auftrag mit 6 Abzügen kam der K-Tipp bei der Migros und bei Interdiscount mit einer Summe von Fr. 4.80 am günstigsten weg. Am teuersten war der identische Auftrag bei Fotopick Express für Fr. 11.55 inklusive Versand.
Kulanz statt Kosten für Datenübertragung
Der Preis pro Digiprint geht von 35 Rappen bei Fotomaxx bis Fr. 2.10 beim Stutz Foto Center. Noch günstiger zum Zeitpunkt des K-Tipp-Auftrags war Photocolor Kreuzlingen mit einem Aktionspreis von 19 Rappen.
Neben den Versandgebühren kommt bei den digitalen Fotos ein weiterer Kostenfaktor dazu: 4 der 12 Labors erhoben eine separate Gebühr für die «Datenübernahme» - weil der K-Tipp die Bilddaten auf einer CD gespeichert abgegeben hatte.
Das Übertragen der Daten von Datenträgern wie CDs macht den Labors Arbeit. Einige Labors «erziehen» ihre Kunden mit einer Gebühr dazu, die Bilddaten per Internet zu schicken. Andere hingegen, wie etwa Photocolor Kreuzlingen, verzichten auf eine Verrechnung: «Wir wollen nicht meckern, wenn uns der Kunde einen Auftrag gibt», sagt Andreas Schmidt, Abteilungsleiter Qualität bei Photocolor. «Da sind wir kulant.»
So wurde getestet
- Der Fotograf nahm 6 Sujets auf: einmal mit einer digitalen Nikon D100, ein zweites Mal analog, mit einer Nikon F3.
- Mit der analogen Spiegelreflexkamera knipste er das gleiche Bild mehrmals, um später jedem Labor einen Negativstreifen abgeben zu können. Der Film wurde im Labor entwickelt.
- Die entwickelten Negativstreifen wurden den 12 Test-Labors je separat geschickt oder gebracht mit dem Auftrag, Vergrösserungen im Format 10 x 15 cm zu erstellen.
- Von den 6 Bildern wählte der K-Tipp 5 für die Bewertung aus und legte sie 11 Fachleuten zur «Blindbeurteilung» vor. Die Experten wussten weder, welche Bilder von welchem Labor stammten, noch welche Fotos analog oder digital aufgenommen worden waren.
- Die Beurteilungskriterien waren Farbwiedergabe, Kontrast, Schärfe, mechanische Beschädigungen sowie der Gesamteindruck. Der letzte Punkt sollte den Wert des Bildes für den Kunden zum Ausdruck bringen und wurde in der Auswertung am stärksten gewichtet.
- Neben 8 Laborvertretern bestand die 11-köpfige Jury aus 3 unabhängigen Fachleuten, nämlich: Heiri Mächler, Fotohändler in Rüti ZH, Chefexperte, Präsident Verband Fotohandel Schweiz (VFS), Hansruedi Morgenegg, Fotohändler in Fällanden ZH, kantonaler Prüfungsexperte, Sektionspräsident Zürich des Verbands Fotohandel Schweiz (VFS), Urs Tillmanns, Herausgeber der Fachzeitschrift «Fotointern».
(rom)
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