Läden entsorgen tonnenweise Fleisch»: So titelte der K-Tipp in der Ausgabe 12. Hintergrund: Frischfleisch landet nach Ablauf der Verkaufsdauer in Biogasanlagen. Viele Leserinnen und Leser waren empört. Jetzt zeigt sich: Es geht auch anders. Beispiel Migros-Outlet in Winterthur ZH: Hier stehen im Tiefkühllager an einem Tag Ende August vier Kisten bereit – mit Würsten, Speck und Rindsragout. Markus Hofmann vom Ostschweizer Hilfswerk Food-Care wirft einen prüfenden Blick darauf und fischt ein in Plastik verpacktes Entrecôte heraus: «Beste Ware, die man doch nicht fortwerfen darf.»
Die Migros Outlet-Filiale in Winterthur fror das nicht verkaufte Fleisch am Tag des Verbrauchsdatums ein. Geschäftsführer Markus Etter: «Ich bin gelernter Bauer, Koch und Detailhandelsfachmann. Ich weiss von der Herstellung bis zum Genuss, wie wertvoll Fleisch ist. Ich rette dieses Produkt aus Überzeugung vor der Vernichtung.»
An rund 30 verschiedenen Standorten sammelt das Hilfswerk Food-Care pro Woche zwischen zwei und fünf Tonnen Frischfleisch ein. Die meisten Läden, die Fleisch abgeben statt fortwerfen, wollen anonym bleiben.
Fast alle anderen Lebensmittelläden lassen solches konsumierbares Fleisch immer noch in Biogasanlagen vernichten. Das ist bis anhin der offizielle Weg, den die grossen Detailhändler Migros, Coop, Aldi und Lidl in ihren Filialen gehen.
Fleisch von 431 000 Tieren vernichtet
Dass es auch anders geht, zeigt Aligro in Sargans SG. Als erster Grosshändler gibt Aligro konsumierbares Frischfleisch an Hilfswerke wie Food-Care ab. Das Unternehmen sprach sein Vorgehen mit dem Kantonschemiker ab. Die Einhaltung der Kühlkette sei garantiert, die Qualität des Fleisches einwandfrei. Das wäre auch bei Coop möglich, wie die Coop-Tochter Transgourmet beweist. Auch sie gibt unverkauftes Frischfleisch tiefgefroren an Wohltätigkeitsorganisationen ab.
5000 Tonnen Fleisch werden pro Jahr vernichtet. Umgerechnet heisst das: rund 2000 Kälber, 2000 Kühe, 2000 Rinder, 25 000 Schweine und 400 000 Hühner werden unnötig gemästet und getötet. Das zeigen Zahlen einer ETH-Studie und der Branchenorganisation Proviande.
Die Zürcher Nationalrätin Meret Schneider (Grüne), Initiantin der Massentierhaltungsinitiative, reagierte sofort auf die K-Tipp-Recherche. Sie verlangt über einen parlamentarischen Vorstoss, die Vernichtung von konsumierbarem Fleisch zu verbieten. Der Bundesrat aber sprach sich gegen ein solches Verbot aus.