Der Zins für eine Liborhypothek richtet sich nach dem Libor. Das ist der Zinssatz, zu dem sich Banken auf dem europäischen Geldmarkt untereinander Geld leihen. Am häufigsten ist der Drei-Monate-Libor. Zinsanpassungen erfolgen dann alle drei Monate. Auf diesen Liborzinssatz schlagen die Banken ihre Gewinnmarge. Beides zusammen ergibt die Höhe des zu zahlenden Hypothekarzinses.
Beispiel: K-Tipp-Leser Urs Odermatt schloss im Jahr 2011 für sein Haus in Igis GR bei der UBS eine Liborhypothek im Betrag von 135 000 Franken ab. Der 46-jährige Bündner zahlte seither einen Hypothekarzins in der Höhe des Libors plus der UBS-Marge von 0,99 Prozent. Bei Vertragsunterzeichnung im August 2011 belief sich der Libor auf 0,03 Prozent. Odermatt zahlte also damals einen Zins von 1,02 Prozent.
Mit Libor 0 statt minus 0,75 gerechnet
Anfang 2015 fiel der Libor ins Minus. Hausbesitzer Odermatt hätte also massiv weniger Zins bezahlen müssen: nämlich minus 0,75 Prozent (Libor) plus 0,99 Prozent Marge, total also 0,24 Prozent Zins. Doch seine Bank ging von einem Liborsatz von 0 Prozent aus und belastete ihm weiterhin die volle Marge von 0,99 Prozent. Im Vertrag steht aber kein Wort darüber, dass im Falle eines negativen Libor ein Liborsatz von 0 Prozent anwendbar wäre.
Odermatt wehrte sich zunächst nicht – bis der K-Tipp im Mai ein Urteil des Zürcher Obergerichts publik machte: Das Gericht entschied, dass die im Vertrag enthaltene Berechnungsformel verbindlich ist. Eine Untergrenze des Libor von 0 Prozent wäre nur gültig, wenn sie im Vertrag vereinbart wäre.
Im beurteilten Fall hatte ein Hauseigentümer den zu viel bezahlten Zins von 222 000 Franken von der Credit Suisse zurückgefordert (K-Tipp 9/2021). Das Obergericht schickte den Fall ans Bezirksgericht zurück zur Abklärung, ob die Parteien für den Libor eine Untergrenze von 0 Prozent vereinbart hatten. Die Vorinstanz muss nun in einem Beweisverfahren abklären, was die Parteien genau abgemacht hatten. Das Verfahren ist noch hängig.
Urs Odermatt forderte gleich nach Erscheinen des K-Tipp-Artikels von der UBS den seit 2015 zu viel bezahlten Zins von 4500 Franken zurück. Die Bank lehnte die Rückerstattung ab mit der Begründung, dass «in jedem Fall mindestens die Marge geschuldet ist», also 0,99 Prozent.
Banken verweigern Rückzahlung
Die UBS war nicht die einzige Bank, die von den Kunden ab 2015 weiterhin die volle Marge verlangte. Beim K-Tipp meldeten sich bis heute über 50 Leser. Die meisten sind Kunden der UBS und der Raiffeisenbanken. Der K-Tipp hat die Verträge geprüft. Ergebnis: Die meisten Kunden haben gestützt auf das Urteil des Obergerichts einen rechtlichen Anspruch auf die Rückerstattung des zu viel bezahlten Zinses – zum Teil im Umfang von mehreren Zehntausend Franken.
Bisher verweigerten alle Banken die Rückzahlung – mit unterschiedlichen Argumenten: Der Kunde habe die regelmässigen Zinsbestätigungen nicht beanstandet und die von der Bank in Rechnung gestellten Zinsen immer bezahlt. Deshalb gälten sie als genehmigt. Andere Banken argumentierten, dass der Rückerstattungsanspruch verjährt sei. Wieder andere weisen darauf hin, dass der vom Obergericht beurteilte Fall am Bezirksgericht Zürich noch hängig sei.
Die Banken spielen offensichtlich auf Zeit und hoffen, dass die Forderungen ihrer Kunden bis zu einem neuen Urteil des Bezirksgerichts Zürich verjährt sind. Die Kunden können das verhindern, indem sie ihre Bank betreiben oder sie auffordern, schriftlich auf den Einwand der Verjährung zu verzichten (siehe Kasten).
Zahlungsbefehl als letztes Mittel
Das tat auch Urs Odermatt: Anfang Juli bat er die UBS um einen Verjährungsverzicht. Die UBS war dazu nicht bereit, weshalb ihr Odermatt im August einen Zahlungsbefehl für den Betrag von 4500 Franken zukommen liess. Damit beginnt die Verjährungsfrist von vorne. Odermatt hat zehn Jahre Zeit, um seine Forderung gegenüber der UBS einzuklagen, falls die Bank nicht zahlt.
Zu viel Zins bezahlt? So gehen Sie vor
Der K-Tipp hat für die Rückforderung von zu viel bezahlten Liborzinsen einen Musterbrief entworfen.
Haben Sie vor dem Jahr 2015 einen Vertrag über eine Liborhypothek abgeschlossen? Dann prüfen Sie Ihre Vertragsunterlagen (Vertrag, Allgemeine Geschäftsbedingungen und allfällige Produktevereinbarungen). Wurde darin eine Untergrenze des Libors bei 0 Prozent vereinbart? Wenn dies nicht der Fall war und die Bank Ihnen trotzdem den Libor mit 0 Prozent berechnete, können Sie den zu viel bezahlten Zins zurückfordern. Der Anspruch liegt in der Differenz zwischen dem tatsächlichen Libor (Minusbereich) und 0 Prozent.
Falls die Bank die Differenz nicht zurückzahlt, ersuchen Sie um eine schriftliche Bestätigung, dass die Bank auf die Einrede der Verjährung während zehn Jahren verzichtet. So vermeiden Sie, dass Ihr Anspruch verjährt.
Weigert sich die Bank, den Verzicht zu unterschreiben, müssen Sie die Betreibung einleiten, damit die Verjährung unterbrochen wird. Zuständig ist das Betreibungsamt am Sitz der Bank. Es genügt, dass das Betreibungsamt der Bank einen Zahlungsbefehl verschickt. Keine Rolle spielt, ob die Bank Rechtsvorschlag erhebt.
Für die Rückforderung des zu viel bezahlten Zinses und den Verjährungsverzicht können Sie den Musterbrief des K-Tipp «Liborhypothek Erstattung» respektive «Liborhypothek Verjährung» verwenden – Download unter www.ktipp.ch . Für die Einleitung der Betreibung verwenden Sie das Formular «Betreibungsbegehren» des Bundesamts für Justiz, zu finden auf www.bj.admin.ch. Zu beziehen auch bei den Betreibungsämtern.