«Lieber mit dem Velo zur Arbeit»
Stehplätze entsprechen einem Kundenbedürfnis, behaupten die SBB. Doch K-Tipp-Leser und Fahrgäste sehen das anders.
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K-Tipp 19/2006
15.11.2006
Vera Sohmer - vera.sohmer@ktipp.ch
Ein Testwagen mit Stehplätzen verkehrt seit einigen Wochen auf überlasteten Linien der Zürcher S-Bahn (K-Tipp 16/2005). Der K-Tipp fragte Fahrgäste im Hauptbahnhof Zürich und in der S-Bahn, was sie von den Stehplätzen halten.
«Für Stehplätze ist meine Monatskarte zu teuer», sagte die 25-jährige Melanie Reutimann aus Fischenthal ZH. Auch der 17-jährige Tobias Lustenberger forderte: «Stehplätze sollten billiger sein, sie sind weniger komfortabel.» Toni Durrer aus Bern...
Ein Testwagen mit Stehplätzen verkehrt seit einigen Wochen auf überlasteten Linien der Zürcher S-Bahn (K-Tipp 16/2005). Der K-Tipp fragte Fahrgäste im Hauptbahnhof Zürich und in der S-Bahn, was sie von den Stehplätzen halten.
«Für Stehplätze ist meine Monatskarte zu teuer», sagte die 25-jährige Melanie Reutimann aus Fischenthal ZH. Auch der 17-jährige Tobias Lustenberger forderte: «Stehplätze sollten billiger sein, sie sind weniger komfortabel.» Toni Durrer aus Bern schrieb dem K-Tipp: «Sollte Sitzen in Zukunft nicht mehr möglich sein, müssen die Preise sinken!»
«Stehplätze für kurze Strecken okay»
Der 42-jährige Roger Gemperle aus Buchs AG findet den Stehplatz-Versuch grundsätzlich in Ordnung. Wer nur ein, zwei Stationen fahre, suche nicht lange einen Sitzplatz. «Stehplätze sind für kurze Strecken okay, nicht aber, wenn man länger mit dem Zug unterwegs ist», waren sich die KV-Lehrlinge Lara Sahli aus Steckborn TG und Rahel Papis aus Bonstetten ZH einig. Urs Brügger aus Obfelden ZH hält es für untragbar, wenn Platzmangel in Zügen zum Dauerzustand wird. «Da stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr», sagte der 42-Jährige.
Der 37-jährige Jens-Uwe Rengers aus Zürich betrachtet die Stehplatzzone mit Skepsis. «Ich bleibe lieber auf der Plattform beim Eingang stehen», sagte er. «Auf den neuen Stehplätzen kann man sich kaum vernünftig festhalten.» Dass die Stehplatzzone schlecht genutzt wird, bestätigte auch ein SBB-Lokführer, der nicht mit Namen genannt werden will. Der Wagen fülle sich immer als letzter.
«Genug von alten, überfüllten Waggons»
Ob Stehplätze volle Züge tatsächlich entlasten, bezweifeln einige Fahrgäste. «Kürzere Taktzeiten würden besser helfen», sagte die 44-jährige Anita Egler. Dass Bahnfahrer stehen sollen, und das noch bei steigenden Fahrpreisen, ärgert Familie Bähler aus Münsingen BE. Sie hat genug von den alten und überfüllten Waggons zwischen Bern und Thun. Simon Bähler schrieb dem K-Tipp: «Mein Vater fährt die 10 Kilometer zur Arbeit nun mit dem Velo und ist erst noch schneller als mit der unpünktlichen Bahn.»
Die SBB wollten zu den Umfrage-Ergebnissen keine Stellung beziehen.
Hygiene in den Zügen
«Bieten die SBB genug Hygiene für den Preis?», lautete die Frage einer Online-Abstimmung. Ergebnis: von 181 Lesern stimmten 142 (78 %) mit Nein, 35 (19 %) mit Ja. Hintergrund: Der K-Tipp prüfte, wie sauber die Kopfstützen in den Zügen sind. 11 von 30 waren stark verkeimt (Ausgabe 17/2006).