Die Forderungen sind kernig: Kein weiterer Qualitäts- und Angebotsabbau bei Post, Bahn und Telekommunikation. Stopp dem Trend, die staatlichen und staatsnahen Service-public-Unternehmen nach privatwirtschaftlichen Kriterien zu führen. Schluss mit Gewinnerwartungen in der Grundversorgung. Mehr Transparenz über die Geldflüsse. Begrenzung der Cheflöhne auf das Bruttojahresgehalt eines Bundesrats, also auf rund 450 000 Franken.
Mit diesen und weiteren Forderungen gelangte die SP kürzlich forsch an die Öffentlichkeit. Das deklarierte Ziel: «Weg vom Profitdenken – für einen starken Service public zum Wohle aller.» Zweifellos ein attraktiver Slogan, auch im Hinblick auf die Parlamentswahlen vom Herbst nächsten Jahres.
Wachsender Unmut in der Bevölkerung
Viele der von der SP nun propagierten Ziele wollte schon die Volksinitiative «Pro Service public» erreichen. Anlass waren der wachsende Unmut in der Bevölkerung über die Schliessung von Poststellen und Bahnschaltern sowie die sinkende Dienstleistungsqualität in vielen Service-public-Bereichen bei gleichzeitig steigenden Preisen. Der K-Tipp hatte die Initiative zusammen mit seinen Partnerzeitschriften «Saldo», «Bon à Savoir» und «Spendere Meglio» im Frühling 2012 lanciert.
Die Initiative verlangte, dass die ganz oder teilweise dem Bund gehörenden Betriebe wie Post, SBB und Swisscom in der Grundversorgung nicht in erster Linie nach Gewinn streben, sondern den Bürgern einen guten und bezahlbaren Service bieten. Das von ihnen erwirtschaftete Geld sollte in den Betrieben verbleiben und nicht in andere Verwaltungsbereiche des Bundes fliessen. Ferner verlangte die Vorlage «Transparenz über die Kosten der Grundversorgung und die Verwendung der entsprechenden Einnahmen». Und sie forderte, dass die Chefs der Service-public-Unternehmen nicht mehr verdienen dürfen als ein Bundesrat.
Vor etwas mehr als zwei Jahren wurde die Initiative «Pro Service public» in der Abstimmung verworfen. Vorausgegangen war eine massive Nein-Kampagne von Bundesbetrieben, Regierung, Parlament und Parteien – auch der SP.
Und jetzt dieser Auftritt. Worte statt Taten? Oder hat bei den Sozialdemokraten tatsächlich ein Meinungsumschwung stattgefunden? Der Medienverantwortliche Nicolas Haesler sagt dazu: Die Stärkung des Service public erfordere «Anpassungen auf Ebene Gesetz und auf Ebene der strategischen Ziele – und nicht eine unklare Verfassungsbestimmung».
Es gibt allerdings auch SP-Stimmen, die Selbstkritik anklingen lassen. So schreibt der Zürcher Nationalrat Thomas Hardegger unter dem Eindruck des Postauto-Skandals und von Negativschlagzeilen auch zu SBB und Swisscom auf seiner Website: «Es befällt mich ein schaler Nachgeschmack, wenn ich an die Argumente denke, mit denen wir die Service-public-Initiative bekämpft haben.»