«Lügen, überrumpeln und Druck machen»
Der Luzerner Thomas Dünki hat als Sunrise-Telefonabo-Verkäufer gearbeitet. Dabei lernte er etliche dubiose Methoden kennen. Hier sein Bericht für den K-Tipp.
Inhalt
K-Tipp 8/2005
20.04.2005
Gemeldet habe ich mich auf ein Inserat in der Pendlerzeitung "20 Minuten". Die Firma Daso Marketing GmbH aus Zürich bot darin einen interessanten Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten an. Die Arbeit bestand darin, als so genannter Ranger an der Haustüre Telefonabos für Sunrise zu verkaufen. Andere Bewerber wurden für den Verkauf von Tele2-Abos angestellt.
Ich wurde einem Gruppenleiter zugeteilt, der mir und den anderen Neueinsteigern an einem Einführungstag einbläute, mit we...
Gemeldet habe ich mich auf ein Inserat in der Pendlerzeitung "20 Minuten". Die Firma Daso Marketing GmbH aus Zürich bot darin einen interessanten Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten an. Die Arbeit bestand darin, als so genannter Ranger an der Haustüre Telefonabos für Sunrise zu verkaufen. Andere Bewerber wurden für den Verkauf von Tele2-Abos angestellt.
Ich wurde einem Gruppenleiter zugeteilt, der mir und den anderen Neueinsteigern an einem Einführungstag einbläute, mit welchen Sprüchen wir die Leute an der Haustüre weich klopfen sollten.
Einige davon kamen mir von Anfang an seltsam vor, doch was ich dann an meinem ersten Arbeitstag erlebte, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen. Die Leute wurden von den Rangern, die jeweils frühmorgens in Gruppen nach von Daso vorbereiteten Einsatzplänen ausschwärmten, schlicht angelogen.
Dabei ging man in der Regel so vor: Man läutete an der Haustüre und sagte: "Guten Tag, wir kommen wegen Ihrem Telefon. Sie sind doch bei der Swisscom, oder?" Lautete die Antwort "Ja", ging es so weiter: "Gut! Dann können Sie nun 30 bis 40 Prozent Telefongebühren sparen, Sie müssen nur hier unterschreiben. Sie bleiben der Swisscom treu - abgerechnet wird neu nun aber über Sunrise."
Das vorgegaukelte Sparpotenzial war völlig aus der Luft gegriffen und weitere Informationen bekamen die meist total überrumpelten Leute sowieso nicht. Dazu fehlte die Zeit. Schliesslich arbeiteten wir auf Provisionsbasis, da galt es, an einem Tag so viele Abos wie möglich abzuschliessen. Mein Monats-Grundlohn betrug 500 Franken, für jeden Abo-Abschluss gabs eine Provision von 50 Franken.
Häufig angewendet haben wir auch den Trick mit dem Glasfaserkabel (siehe K-Tipp Nr. 8/05). Dass dabei offensichtlich gelogen wurde, störte die meisten Ranger nicht. Ihnen war egal, wie die Unterschriften zu Stande kamen.
Das beschämendste und traurigste Beispiel aber erlebte ich bei einer fast 80-jährigen Frau, die uns die Türe öffnete. Sie wollte trotz unseres Drängens den neuen Abo-Vertrag nicht unterschreiben. Da behauptete mein Kollege aalglatt, er akzeptiere diesen Entscheid, müsse aber seinem Chef bestätigen können, mit der Frau gesprochen zu haben - und dafür brauche er ihre Unterschrift. Dann streckte er ihr frech den Abo-Vertrag hin und liess die gutgläubige Dame unterschreiben.
Ich war schockiert. Noch mehr aber entsetzte mich, dass die Geschäftsleitung über diese Methoden informiert war - sich aber nicht wirklich daran störte, schliesslich verdiente sie an jedem Abo-Abschluss mit.
Eine solch zwielichtige Arbeitsphilosophie konnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Nach drei Arbeitstagen habe ich gekündigt.
«Wir schulen die Mitarbeiter regelmässig»
Der K-Tipp hat die Firma Daso Marketing GmbH um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Geantwortet hat in ihrem Namen Roelof Koopmans, Geschäftsführer der Firma Ranger Switzerland GmbH.
Koopmans sagt: «Wir sehen die Aussagen von Thomas Dünki als erfunden an, im Mindesten als stark übertrieben.»
In den internen Arbeitsrichtlinien werde den Mitarbeitern verboten zu behaupten, sie kämen von der Swisscom oder Sunrise sei zu «einem gewissen Prozentsatz billiger» als Swisscom.
Ausdrücklich verboten sei auch die Aussage, eine Unterschrift diene lediglich zur Bestätigung des Besuches. Zudem würden die Mitarbeiter angehalten, sich gegenüber betagten Personen «zurückhaltend» zu benehmen.
Weiter sagt Koopmans: «Die Mitarbeiter werden regelmässig geschult, um sie an diese Grundsätze zu erinnern.»
Dank einem internen Kontrollsystem kämen Verfehlungen von Mitarbeitern «schnell zu Tage». Fehlbare würden umgehend verwarnt. «Beim zweiten oder in sehr gravierenden Fällen schon beim ersten Vorfall erfolgt die Kündigung.»
(kel)