Einige Kindergärten und Schulen bekämpfen die Ausweitung des neuen Coronavirus mit einem Verbot von Geburtstagskuchen. Der K-Tipp kennt mehrere solche Fälle. In der Schule Neftenbach ZH etwa dürfen die Kinder seit diesem Sommer für Geburtstagsfeiern nur noch gekaufte und verpackte Lebensmittel mitbringen. Die Schulbehörde verbietet Selbstgebackenes – angeblich als Corona-Vorsichtsmassnahme.
Laut dem deutschen Bundesamt für Risikobewertung gibt es allerdings keinerlei Belege dafür, dass man sich über Lebensmittel anstecken kann. Untersuchungen in Haushalten mit Corona-Infizierten konnten auf Lebensmitteln keine Viren nachweisen.
Luftreiniger in Tests sehr wirksam
Es gibt aber auch Vorsorgemassnahmen, welche die Gefahr einer Ansteckung in der Schule wirksam reduzieren könnten. Ein guter Luftfilter beispielsweise kann die Luft in einem 20 bis 30 Quadratmeter grossen Raum in 20 Minuten fast komplett von Viren reinigen. Das zeigte der Test der Zeitschrift «Gesundheitstipp» im vergangenen Oktober («Gesundheits-tipp» 10/2020).
Doch die Schulbehörden wollen nichts von der effizienten Massnahme gegen Corona und andere Viren in Klassenzimmern wissen. Das ergab eine Umfrage des K-Tipp bei den zuständigen Behörden grösserer Städte und Kantone. Mehrere Schulleiter in Bern erklärten, sie würden gerne Luftfilter anschaffen, es fehle aber das nötige Geld. Beim Berner Schulamt heisst es: «Die Alternative, das Tragen von Schutzmasken, ist zu favorisieren.» Auch in den Städten Aarau, Basel, Genf, Lausanne und St. Gallen erhalten Schulen kein Geld für Luftreiniger. Einzig die Stadt Zug sagt, sie prüfe den Einsatz der Filtergeräte. Der Kanton Schwyz wiederum empfiehlt den Einsatz von Luftreinigungsgeräten – zahlt sie aber nicht.
Die Schulbehörden der Kantone und Städte behaupten, Luftfilter seien laut und teuer. Zudem würden viele Schulen CO2-Messgeräte einsetzen. Nur: Der Sieger im Labortest des «Gesundheitstipp», der «Xiaomi Mi Air Purifier 3H», kostet weniger als 200 Franken. Tests zeigen zudem, dass viele kleine Geräte im Alltag kaum zu hören sind. Und: CO2-Messgeräte sind kein Ersatz für Luftfilter. Michael Riediker, Leiter des Zentrums für Arbeits- und Umweltgesundheit Winterthur ZH, erklärt: «Diese Geräte zeigen nur an, wann es wieder Zeit ist zu lüften.» In den meisten Klassenzimmern wären Luftfilter laut dem Fachmann eine dringende Sofortmassnahme, um das Risiko für Ansteckungen zu minimieren.
Philippe Kühni (GLP) vom Kreisschulrat Aarau-Buchs kritisiert, dass Aarau jährlich 22 Millionen für Bildung ausgebe, die Behörden aber «lieber Unterrichtsausfälle oder einen Lockdown riskieren, als ein paar Hundert Franken für Luftfilter auszugeben».
Eltern kaufen Geräte auf eigene Kosten
Auch der Schweizer Lehrerverband fordert Luftfilter in allen Schulen, die sich schlecht belüften lassen. In verschiedenen Gemeinden engagieren sich Eltern für die Anschaffung der Luftreinigungsgeräte. Andrea Hüsser kämpft mit 800 anderen Eltern dafür, dass Kindergärten und Klassenzimmer in der Stadt Zürich Luftfilter erhalten. Im Juli schickte sie eine Petition an den Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger. Bisher ohne Erfolg. Immerhin will sich der Schulvorsteher demnächst mit Hüsser und anderen Eltern treffen.
Klaus Wastl betreibt in der Stadt Zürich fünf private Kinderkrippen. Eine davon stattete er mit mehreren Luftfiltern für je 500 Franken pro Gerät aus – auf eigene Kosten. «Wenn es etwas gibt, das man in dieser schwierigen Zeit für die Kinder tun kann, dann soll man es auch tun.»
Auch in anderen Gemeinden handelten besorgte Eltern anstelle der untätigen Schulbehörde selbst und bezahlten Luftreinigungsgeräte für die Klassenzimmer aus dem eigenen Sack. Eine Mutter aus dem Kanton Zürich bestätigt dem K-Tipp, dass die Schulgemeinde den Eltern erlaubt habe, einen Luftfilter für die Klasse ihrer Kinder zu kaufen. Öffentlich darüber reden solle sie jedoch nicht, damit andere Eltern nicht auf dieselbe Idee kämen.
Schulausschluss trotz aktuellem negativem PCR-Test
Die Schulverwaltung von Bülach ZH schloss die drei Kinder der Familie Amaral vom Unterricht aus, obwohl sie im Besitz eines aktuellen, negativen PCR-Tests waren. Grund: Mutter Stéphanie Amaral wollte ihre drei Kinder nicht
an der Schule auf Corona testen lassen. Stattdessen ging sie mit ihren fünf-, acht- und elfjährigen Kindern in die Praxis Swiss Medi Kids in Winterthur ZH und liess sie dort von Ärzten testen.
Die Schulverwaltung von Bülach akzeptierte die negativen PCR-Testresultate der drei Kinder nicht, obwohl diese weniger als 72 Stunden alt und zum Zeitpunkt des in der Schule durchgeführten Tests noch gültig waren. Die Schulbehörde beruft sich bei ihrem Entscheid auf Auskünfte und Vorschriften der Bildungsdirektion des Kantons Zürich. Es dürften keine Corona-Tests akzeptiert werden, die vor dem Testtag an der Schule gemacht wurden. Dem K-Tipp schreibt die Bildungsdirektion, es liege in der Kompetenz der Schule, einen vorübergehenden Schulausschluss zu beschliessen. Am Ende mussten die drei Kinder zehn Tage zu Hause bleiben.
Allein in den Kantonen Aargau und Zürich sind im Moment geschätzt mehr als 2000 Kinder in Quarantäne. Pro Juventute kritisiert solche einschneidenden Massnahmen. Sie seien für Kinder wie für Eltern eine starke psychische Belastung: «Wir sprechen hier von Sieben- und Achtjährigen, die teilweise einen ganzen Tag allein zu Hause sind.»