Lusch statt lukrativ

700 Prozent Rendite in einem Jahr! Das verspricht die Ostschweizer Organisation «IGE 24» gutgläubigen Anlegern. Alles Humbug! Es handelt sich um ein illegales Schneeballsystem.

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K-Tipp 11/2010

29.05.2010

Letzte Aktualisierung:
01.06.2010

Daniel Jaggi

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Konstanz (D), 12. Mai, 20 Uhr: Am Treffen im Gewerbehaus Bizzcenter, fünf Minuten von der Grenze entfernt, nehmen knapp zehn investitionswillige Schweizer teil. Was in den nächsten eineinhalb Stunden erzählt wird, muss geheim bleiben.

Einlass erhalten die Interessenten nur, weil sie jeweils von einem Mitglied der Ostschweizer Organisation IGE 24 begleitet werden. Zu Beginn ist nur eines bekannt: Es geht um ein angeblich lukratives Finanzprojekt.

Das Treffen findet im dritten Stock des Gebäudes statt. Dort macht ihnen Organisator René Blöchlinger in einer PowerPoint-Präsentation das «Projekt IGE» schmackhaft. Bald könnten sie sich «längst gehegte Träume» erfüllen. Wie aber funktioniert das? Denkbar einfach!

Man müsse, so der Ostschweizer, lediglich 15‘000 Franken investieren und weitere investitionswillige Personen anwerben, die wiederum Investoren beibringen müssten. Auf diese Weise steige man innerhalb eines Jahres von Level 1 zu Level 4 und erhalte 120‘000 Franken ausbezahlt.

Der K-Tipp ist im Besitz dieser Präsentation. Darin wird behauptet, alles sei legal. Die Lotterie- und Wettkommission Comlot des Bundes sieht das jedoch anders, kommen die Rechtsexperten in ihrem Bericht doch zum Schluss: «Beim IGE-Geschäftsmodell handelt es sich um ein schneeballartiges System.» Gefragt, warum dieses schneeballartige System denn legal sein soll, meint Blöchlinger: «Ich sage nichts dazu.»

«Das Angebot klang für mich verlockend», sagt Regina Pfeiffer (Name geändert) aus St. Gallen. Sie stieg vor zwei Jahren bei IGE ein. Aber schon bald harzte es. Die Anwerbung neuer Investoren war schwieriger als angenommen.

Das ist auch Organisator René Blöchlinger bewusst. Deshalb nimmt er die Mitglieder immer wieder in die Pflicht. Regelmässig finden Seminare und Workshops mit teilweise über 100 Mitgliedern statt. Dort wird erklärt, wie man Leute überredet, beizutreten.

Höchste Geheimhaltung gilt auch hier: Damit kein Aussenstehender vom Ort der Treffen erfährt, besitzt jedes Mitglied eine Code-Liste. 461 steht zum Beispiel für das Hotel Steigenberger in Konstanz.

Kurz vor den Treffen erhalten die Teilnehmer den Hinweis per Mail. Einmal stand: «Wir verkaufen das Kilo Trauben für 4.61. Gruss René.» Regina Pfeiffer: «Jeder wusste, was gemeint war.»

Das Gefühl, es handle sich um Betrüger

Die St. Gallerin beschlich zunehmend das Gefühl, es mit Betrügern zu tun zu haben. Deshalb verlangte sie ihr Geld zurück. «Als ich den Betrag einzahlte, wurde mir gesagt, ich könne ihn jederzeit zurückfordern.»

Doch die IGE-Verantwortlichen spielten auf Zeit. Sie wollten die Summe erst zurückerstatten, wenn zwei neue Investoren anstelle der St. Gallerin gefunden seien.

Im April schaltete Regina Pfeiffer den K-Tipp und ihre Rechtsschutzversicherung ein. Beide kündigten den IGE-Verantwortlichen bei Nichtzahlung Klage und Betreibung an. Die Interventionen blieben nicht ohne Wirkung: Ende letzter Woche hat die IGE die 15‘000 Franken zurückerstattet.

So erkennt man Schneeballsysteme

Man muss zwischen einigen Hundert und 15‘000 Franken einbringen.
Man muss weitere Anleger anwerben.
Für die Einlage gibt es keinen reellen Gegenwert.
Unrealistische Renditeversprechungen.
Anwerber geben telefonisch oder schriftlich kaum Auskunft.
Sie nennen sich Schenkkreis, Herzkreis, Multi Level Marketing oder Multi Layer Marketing, Network Marketing, Networking, Planspiele, progressive Kundenwerbung, Strukturvertrieb.
Weitere Infos: www.ejpd.admin.ch

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