Märchen aus Istanbul
Mit Unwahrheiten versuchen Telefonagenten, Leute zu überreden, dass sie einen Krankenkassenverkäufer ins Haus lassen. Sie rufen auch aus der Türkei an.
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K-Tipp 19/2011
12.11.2011
Letzte Aktualisierung:
15.11.2011
Ernst Meierhofer
Der Herr am Telefon behauptete, er müsse im Auftrag aller Krankenkassen die Leute im Kanton über die Prämienerhöhungen informieren.» So schildert ein Leser aus dem Baselbiet den Telefonanruf, den er Ende Oktober erhielt. Der Anruf kam von einem «Wirtschaftsdienst Schweiz», erinnert er sich.
Ein Leser aus Allschwil BL machte eine ähnliche Erfahrung. Ein «Wirtschafts- und Informationszentrum» habe ihn angerufen – angeblich ...
Der Herr am Telefon behauptete, er müsse im Auftrag aller Krankenkassen die Leute im Kanton über die Prämienerhöhungen informieren.» So schildert ein Leser aus dem Baselbiet den Telefonanruf, den er Ende Oktober erhielt. Der Anruf kam von einem «Wirtschaftsdienst Schweiz», erinnert er sich.
Ein Leser aus Allschwil BL machte eine ähnliche Erfahrung. Ein «Wirtschafts- und Informationszentrum» habe ihn angerufen – angeblich ebenfalls im Auftrag des Kantons.
Das sind nur zwei Beispiele von vielen Reklamationen, die in letzter Zeit beim K-Tipp eingingen. Dabei ging es immer um dieselbe Masche: Die Anrufer wollen erreichen, dass ein Krankenkassen-Vermittler vorbeikommen kann, und sie möchten gleich am Telefon einen Termin fixieren.
Doch solche Terminbettler nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. Ein «Wirtschafts- und Informationszentrum» gibt es zum Beispiel nicht. Weitere Fantasie-Firmenbezeichnungen der Terminbettler sind Change 24, VVG direkt, Krankenkassen-Infozentrum, Verband der Schweizer Krankenkassen oder Beratercenter für Krankenkassen. Oft tun die Anrufer auch so, als machten sie nur eine Umfrage.
Dem K-Tipp liegt ein Gesprächsleitfaden für Telefonagenten vor (siehe Ausriss oben). Er zeigt, dass sich die Anrufer in diesem Fall als «Neutrale Krankenkassen-Beratung» ausgeben – und sie tun so, als hätten sie einen offiziellen Auftrag, Leute zu kontaktieren. Dabei geht es einzig darum, einen Termin für einen Krankenkassenverkäufer zu erhalten.
Der K-Tipp hat diesen Leitfaden von einem Informanten aus der Türkei erhalten – zusammen mit dem Hinweis, dass sich das betreffende Callcenter in Istanbul befindet. Die Angerufenen merken das aber nicht, denn ausländische Callcenter können ihre Anrufe so steuern, dass auf dem Apparat der Angerufenen eine Nummer mit Schweizer Vorwahl angezeigt wird. Möglich macht dies ein Programm namens X-Lite, das man im Internet herunterladen kann.
Typisch für solche Callcenter ist, dass sie die Termine nicht selber wahrnehmen, sondern an Vermittler verkaufen. Auf der Website www.kundentermine.ch können Krankenkassenverkäufer sehen, in welcher Ortschaft, an welchem Tag und um welche Zeit sich jemand bereit erklärt hat, einen Vermittler ins Haus zu lassen (siehe Ausschnitt links). Diesen «Termin» können Vermittler dann für rund 100 Franken kaufen.
Betreiber dieser Plattform ist Martin Zollinger von der Zürcher Firma Allfinanz Makler AG. Er hat angeblich keine Zeit, um mit dem K-Tipp über diese Geschäfte zu reden.
Tipp: Lassen Sie sich am Telefon auf keinen Fall Termine aufschwatzen für Besuche von Krankenkassenvermittlern. Diese beraten Sie nicht neutral, sondern verkaufen nur jene Krankenkassenprodukte, die ihnen am meisten Provisionen einbringen – und das sind nicht immer die besten.