Wer einen Patienten in die Röhre schiebt, verdient gut damit. Ein Radiologe darf für einen Kniegelenk-Scan im Magnetresonanztomografie-Gerät (MRT, englisch MRI) zwischen Fr. 449.50 und 636 Franken berechnen. Das sind die Preise laut Tarmed. Der Tarmed bestimmt die Preise für ambulante ärztliche Behandlungen. Bezahlen müssen die Patienten, direkt oder über die Krankenkassen.
Bei einer normalen Auslastung des Geräts betragen die bei einem Knie-MRI für das Spital anfallenden Kosten lediglich rund 150 Franken, also ein Drittel des Tarmed-Tarifs. Dies hat der Gesundheitsökonom der Krankenkasse Helsana, Wolfram Strüwe, berechnet. Basis waren die MRI-Betriebskosten des Zürcher Stadtspitals Triemli. Das zeigen Zahlen, die das Spital dem Stadtparlament für den Kauf eines neuen MRI-Geräts vorlegen musste.
Nettorenditen von 55 Prozent
Der neu installierte Apparat wirft trotz Investitionskosten von 4,1 Millionen Franken bereits ab dem vierten Jahr Gewinn ab. Das Triemlispital kann deshalb jährlich bis zu 2,5 Millionen Franken mehr einnehmen. Zusammen mit dem alten MRI-Gerät erzielt es mit MRI-Bildern eine Nettorendite von 55 Prozent. Die Kosten für Personal, Unterhalt, Räume, Abschreibungen und Verzinsung sind darin berücksichtigt.
Die Zahlen basieren auf dem Businessplan zum Zeitpunkt der Anschaffung. Wie lukrativ der Betrieb der zwei MRI-Geräte heute tatsächlich ist, will das Triemli nicht sagen. Der «finanzielle Erfolg» sei die Folge optimierter Prozesse, einer «sehr guten Geräteauslastung» sowie einer «überlegten Investitionsstrategie», sagt das Spital auf Anfrage.
Patienten werden jedoch unnötig oft in die Röhre geschoben (saldo 11/15). Und die Investition ist nur deshalb so lukrativ, weil der Tarmed-Tarif für MRI zu hoch ist.
Die Tarmed-Tarife legte der Bundesrat im Jahr 2004 fest. Seither sind die MRI-Geräte in der Anschaffung rund 20 Prozent günstiger geworden. Und die Radiologen brauchen für ein MRI-Bild im Durchschnitt weniger Zeit als vor elf Jahren. Das heisst: Pro Tag können mehr MRI gemacht werden. Das erhöht die Rendite. Die Schweizerische Gesellschaft für Radiologie bestätigt, dass sich die Untersuchungszeiten für MRI teilweise verkürzt haben.
Gewinne als Anreiz für noch mehr Geräte
Wolfram Strüwe: «Die MRI-Tarife ermöglichen überhöhte Gewinnmargen. Spitäler und Private investieren deshalb viel zu stark in neue MRI-Geräte. Es entstehen Überkapazitäten, welche die Spitäler so gut wie möglich auszulasten versuchen.»
Die Grundversicherten müssen über die Krankenkassenprämien pro Jahr rund 700 Millionen Franken für MRI zahlen, sagt der Krankenkassenverband Santésuisse. Laut der Ärztegesellschaft FMH sind heute in der Schweiz 35 Prozent mehr Radiologen zugelassen als 2008. Im selben Zeitraum stieg die Zahl aller Ärzte «nur» um 16 Prozent.
2013 waren laut Bundesamt für Statistik 163 MRI-Geräte in Betrieb, 15 Prozent mehr als 2010. Nicht eingerechnet sind private Ambulatorien. Allein die Rodiag AG betreibt an verschiedenen Orten 12 MRI-Apparate, 2 mehr als vor zwei Jahren.
Auch die öffentlichen Spitäler investieren kräftig: Das Luzerner Kantonsspital, das Spital Uster ZH und die Spitäler Thun BE kauften MRI-Anbieter auf oder gründeten neue MRI-Tochterfirmen. Umsatz- und Gewinnzahlen der MRI-Apparate nennt keines der drei Spitäler.
Das Kantonsspital Luzern bestätigt, seine fünf MRI-Geräte seien «rentabel». Damit müssten aber andere defizitäre Bilduntersuchungen querfinanziert werden. Dem Kantonsspital geht es blendend: Der Gewinn stieg in den letzten drei Jahren von 7,2 Millionen Franken auf 52,5 Millionen Franken (2014), der Kanton erhielt letztes Jahr 11,1 Millionen Franken als Dividende.
Auch die Tochtergesellschaft MDZ Uster AG des Spitals Uster erzielt mit dem MRI-Gerät Gewinne, die teilweise an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Neben etlichen Gemeinden der Region erhielten auch wenige private Anteilseigner Dividenden ausgezahlt, sagt das Spital Uster.