Die Olivenöle mit dem Etikett «Extra vergine» werden von Herstellern und Verkäufern als qualitativ besonders gut angepriesen. Der «Kassensturz» wollte es genauer wissen und liess professionelle Sensoriker 16 «Extra vergine»-Olivenöle degustieren – Produkte mit einem Literpreis von Fr. 4.30 bis knapp Fr. 74.–. Die zu erfüllenden Kriterien für das Prädikat «Extra vergine» sind nicht allzu streng: Das Öl muss eine gewisse Fruchtigkeit haben und darf keine geschmacklichen Fehler aufweisen. Zudem muss es kalt gepresst und nicht chemisch, sondern mechanisch verarbeitet sein.
Die wichtigsten Ergebnisse der Degustation:
9 der 16 Olivenöle wurden als «fehlerhaft» beurteilt – darunter auch Produkte mit einem Literpreis von über Fr. 40.– bzw. 73.80. Konkret: Es gab Anzeichen, dass verdorbene Oliven verarbeitet worden waren. Die Geruchs- und Geschmacksnoten reichten von «stichig» bis «ranzig». Das Fazit einer Expertin: «Solche Olivenöle dürften eigentlich nicht als ‹Extra vergine› verkauft werden. Man müsste sie aus dem Handel nehmen.»
Zwei Olivenöle schmeckten sehr gut
Der Haken: Amtliche Kontrollen sind aus Sicht der Kantonschemiker zu aufwendig. Denn, wenn ein fehlerhaftes Olivenöl zum Beispiel aus Griechenland stammt, müsste es laut EU-Richtlinien auch dort geprüft werden. Die Folge: In der Schweiz bleiben die bemängelten Produkte im Sortiment der Grossverteiler.
Die Gesamtnote «sehr gut» gab es für zwei Produkte:
- Monini Olio extra vergine (Preis pro Liter: Fr. 12.50, eingekauft bei Migros)
- Naturaplan Bio Olivenöl extra vergine (Fr. 17.90, Coop)
Gut waren vier Olivenöle:
- Sélection Griechisches Olivenöl (Fr. 38.40, Migros)
- Bio-Olivenöl KP (Fr. 17.80, Migros)
- Fine Food Olio extra vergine Leccio DOP (Fr. 66.–, Coop)
- Carapelli Olivenöl extra vergine (Fr. 18.95, Coop)
Der K-Tipp hat vor einem Monat Olivenöle auf ihre chemischen Eigenschaften untersuchen lassen (Ausgabe 8/16). Deshalb können die Resultate von denjenigen der «Kassensturz»-Degustation abweichen. Das vom K-Tipp beauftragte Labor fand in den Ölen Rückstände von Mineralölen, Pestiziden und Weichmachern. Zudem wurden zum Teil Verarbeitung und Qualität der Früchte bemängelt.
Die Olivenöle «Extra vergine» mit der Gesamtnote «gut» im chemischen Test:
- Migros Bio Griechisches Olivenöl (Literpreis: Fr. 17.80)
- Primadonna Natives Olivenöl extra (Fr. 6.–, Lidl)
- Primadonna Bio natives Olivenöl extra aus Spanien (Fr. 13.20, Lidl)
- De Cecco Toscano IGP Olio extra vergine di Oliva (Fr. 27.–, Coop)
So erkennt man gutes Olivenöl
- Jahrgang: Hat eine «Extra vergine»-Flasche einen Jahrgang, kann das ein Hinweis auf gute Qualität sein. Denn diese Angabe ist nur erlaubt, wenn 100 Prozent des Inhalts aus demselben Erntejahr stammen.
- Verpackung: Olivenöl ist lichtempfindlich. «Extra vergine»-Öle in einem durchsichtigen Behältnis sollte man deshalb meiden. Fachhändler lagern es vor Licht geschützt.
- Herkunft: Gutes Olivenöl muss nicht aus Italien kommen. Eine italienisch aussehende Etikette sagt zudem nichts über die Herkunft aus. Monini Classico wirbt mit «No. 1 in Italia» (erhältlich bei Migros). Das Öl ist aber ein Verschnitt aus EU-Olivenölen. Das steht nur klein auf der Rückseite der Flasche. In der Schweiz ist das erlaubt. In der EU wäre es unzulässig, die Ursprungsbezeichnung muss im Hauptsichtfeld der Frontetikette stehen.
- Markennamen: Italienisch wirkende Marken wie Carapelli oder Bertolli gehören zum spanischen Olivenölkonzern Deoleo. Und Filippo Berio (Öle bei Coop) gehört dem chinesischen Lebensmittelkonzern Bright Foods.
- Polyphenole: So heissen die gesunden Stoffe in unreifen grünen Oliven. Die Antioxidantien sorgen für die leichte Schärfe und die charakteristische Bitterkeit in hochwertigem Öl. Je mehr Polyphenole es enthält, desto schärfer und bitterer schmeckt es. Öle mit hohem Polyphenolgehalt kratzen in der Kehle und schmecken grünfruchtig bis pfeffrig. Je höher der Polyphenolgehalt, desto länger haltbar das Öl.
- «Extra vergine»: Olivenöle mit der Etikette «Extra vergine» oder «Vergine» müssen mechanisch aus Oliven gewonnen werden. Das heisst: Waschen, Zentrifugieren und Filtrieren sind erlaubt. Das Öl darf aber nicht mit Lösungsmitteln oder biochemischen Hilfsmitteln gewonnen werden. «Extra vergine»-Öl muss laut Schweizer Speiseölverordnung strengere chemische und geschmackliche Anforderungen erfüllen als «Vergine»-Öl.
- Normales Olivenöl: Fehlt der Zusatz «Vergine» oder «Extra vergine» – z. B. beim Prix-Garantie-Olivenöl (Coop) – besteht das Öl aus raffiniertem und einem unbestimmten Anteil nativen Öls. Natives Öl ist mechanisch aus Oliven gewonnen.
Der «Kassensturz» im K-Tipp
Die Zeitschrift K-Tipp und die TV-Sendung «Kassensturz» sind zwei unabhängige Redaktionen. Der K-Tipp publiziert hier jeweils die wichtigsten Resultate von Qualitätstests, Stichproben und Degustationen der «Kassensturz»-Sendungen. Der Grund: Viele Konsumenten möchten die Ergebnisse in Ruhe in gedruckter Form nachlesen können. Der K-Tipp liefert ergänzend dazu praktische Tipps und Hintergrundinfos.