Mehr Fahrgäste, weniger Wagen
Letztes Jahr transportierten die SBB 111,3 Millionen Passagiere mehr als 2002 – in deutlich weniger Personenwagen. Kein Wunder, werden Sitzplätze immer rarer.
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K-Tipp 12/2012
10.06.2012
Letzte Aktualisierung:
11.06.2012
Gery Schwager
Exakt 2750 Personenwagen der 1. und 2. Klasse (ohne Speisewagen) kurvten 2002 für die SBB durchs Land. 2011 waren es noch 2290. Das entspricht einem Rückgang um 460 Wagen. Dies lässt sich aus der jüngsten Unternehmensstatistik «Die SBB in Zahlen und Fakten 2011» ableiten. Aus demselben Dokument geht auch hervor, dass die Zahl der beförderten Fahrgäste im gleichen Zeitraum von 245,3 auf 356,6 Millionen angestiegen ist. Sie hat sich also um 111,3 M...
Exakt 2750 Personenwagen der 1. und 2. Klasse (ohne Speisewagen) kurvten 2002 für die SBB durchs Land. 2011 waren es noch 2290. Das entspricht einem Rückgang um 460 Wagen. Dies lässt sich aus der jüngsten Unternehmensstatistik «Die SBB in Zahlen und Fakten 2011» ableiten. Aus demselben Dokument geht auch hervor, dass die Zahl der beförderten Fahrgäste im gleichen Zeitraum von 245,3 auf 356,6 Millionen angestiegen ist. Sie hat sich also um 111,3 Millionen Personen bzw. 45,4 Prozent vergrössert.
Mehr Passagiere in weniger Wagen – das deckt sich mit der Wahrnehmung vieler Passagiere vor allem auf den wichtigsten Fernverkehrsstrecken und in den Pendlerzügen. Sie suchen immer wieder erfolglos nach freien Sitzplätzen. Sicher: Im Vergleich zu 2002 nutzen die SBB ihr Schienennetz intensiver. 2011 legten sie im Personenverkehr knapp 139 Millionen Zugkilometer zurück, neun Jahre zuvor waren es rund 100 Millionen. Zudem dürften die Bundesbahnen 2011 dank mehr Doppelstockwagen durchschnittlich auch über mehr Sitzplätze pro Wagen verfügen.
Doch wie viele Sitzplätze sind es genau, die weggefallen sind, wie viele kamen hinzu? Das hätte der K-Tipp gerne gewusst und bat die SBB u. a. um konkrete Zahlen zum Total der Sitz- und der Stehplätze in den Jahren 2002 und 2011. Vergeblich. Weil der K-Tipp die Initiative «Pro Service Public» lanciert hat, schweigt die SBB- Medienstelle seit einigen Wochen auf die meisten Fragen. Immerhin: Im Geschäftsbericht für 2011 räumen die Bundesbahnen ein, dass «das Nachfragewachstum beim Personenverkehr der letzten Jahre zu einem Nachholbedarf beim Rollmaterial» geführt habe. Ebenfalls zugeknöpft waren sie punkto Stellenreduktion bei Railclean. Die SBB-Tochter ist vor allem fürs Reinigen der Bahnhöfe zuständig. Hochgerechnet auf Vollzeitstellen ging die Zahl der Beschäftigten von 389 im Jahr 2010 auf 371 (2011) zurück. Laut neustem SBB-Geschäftsbericht hat gleichzeitig die Gesamtzufriedenheit der Bahnhofsbenutzer leicht abgenommen. Könnte da ein Zusammenhang bestehen? Auch dazu wollten die SBB nichts sagen.
Exklusiv für «Erstklässler»
Dass die Finanzen der Bundesbahnen knapp sind, unterstreichen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Trotzdem: Während die Sitzplätze in den Zügen immer knapper werden, haben die SBB genügend Geld in der Kasse, um die Zahl der Sitzplätze an den Bahnhöfen zu erhöhen, und zwar in den Lounges für Erstklass-Kunden.
Laut Geschäftsbericht 2011 sollen die Bahnhöfe von Genf und Basel erhalten, was Zürich schon seit 2009 hat: einen Edelwartsaal für die «exklusive Entspannung vor und nach der Reise». Dort gibt es zum Beispiel kostenlos alkoholfreie Getränke, Zeitungen und einen Internetzugang.
Wie viel Einrichtung und Betrieb dieser Lounges verschlingen oder schon verschlungen haben, legten die SBB dem K-Tipp gegenüber nicht offen. Die Zeitschrift «Saldo» vermeldete aber schon vor Monaten, dass allein der Betrieb der Lounge in Zürich 1 Million Franken pro Jahr koste.
Unterschriftenbogen: Bestellen oder herunterladen
Mit der Volksinitiative «Pro Service public» wollen der K-Tipp und «Saldo» dafür sorgen, dass Bundesbetriebe wie SBB, Post und Swisscom den Bürgern einen guten und bezahlbaren Service bieten.
Unterschriftenbogen können Sie bestellen bei K-Tipp, «Pro Service public», Postfach 431, 8024 Zürich, über Tel. 044 266 17 17 oder unter www.proservicepublic.ch herunterladen. Wichtig: Auf einem Bogen dürfen sich nur Stimmberechtigte derselben politischen Gemeinde eintragen. Senden Sie bitte auch nicht voll ausgefüllte Listen ein!