Gemäss Gesetz müssen Mieter von Wohnungen kleine Reparaturen selbst berappen. Darunter fallen laut Thomas Koller, Mietrechtsexperte und ehemaliger Professor an der Universität Bern, nur «kleinere Verschleisserscheinungen». Also zum Beispiel der Ersatz eines Backblechs, eines Duschschlauchs, eines Grillgitters, eines Dampfabzugfilters oder von Dichtungen bei Wasserhahnen.
Trotzdem steht etwa im Standardmietvertrag des Hauseigentümerverbands (HEV) Aargau: «Teppiche müssen beim Auszug von einem ‹Fachmann› extrahiert werden.» Gemäss dem Standardvertrag des HEV des Kantons Bern haben die Mieter «alle kleinen, für den gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache erforderlichen Reinigungsarbeiten und Ausbesserungen auf eigene Kosten fachmännisch auszuführen oder ausführen zu lassen». Und weiter: «Als kleine Ausbesserung gelten unabhängig vom Rechnungsbetrag die Instandhaltung der elektrischen Schalter, Steckdosen, Telefon- und Fernsehanschlüsse, der Glasscheiben.»
Im Kanton St. Gallen verlangt der HEV-Vertrag von den Mietern den «Ersatz von zerbrochenen und gesprungenen Scheiben und Spiegelglasscheiben in gleicher Qualität». Die Liste des HEV Zürich zum kleinen Unterhalt enthält «das Instandhalten von Spülkasten, Geschirrspüler, Backofen, Kühlschrank etc. Keramikkochfelder, Kochplatten und Brenner bei Gasherden» sowie «das Ersetzen von elektrischen Schaltern, Steckdosen». Und schliesslich «alle weiteren kleineren Reparaturen und Instandstellungen, welche im Einzelfall 1 Prozent des Jahres-Netto-Mietzinses nicht übersteigen». Bei einem Mietzins von 2500 Franken wären das 300 Franken.
Flicken von Geräten Sache des Vermieters
Laut Koller gehen alle diese Vertragsklauseln zu weit: «Vermieter können nur verlangen, dass Mieter für die Kosten von Eigenreparaturen aufkommen, nicht für den Beizug einer Fachperson.» Es gibt dazu ein Urteil des Obergerichts des Kantons Bern. Dieses ist auch dem HEV Bern bekannt. Er legt den Vermietern deshalb ein Beiblatt zum Vertrag bei – mit dem Hinweis, dass die Klausel im Vertrag bewusst nicht der Rechtsprechung angepasst worden sei, damit die Mieter sorgfältig mit der Mietsache umgehen.
Unzulässig ist laut Koller auch die Bestimmung im Mietvertrag des HEV Zürich, das die Reparaturkosten ins Verhältnis zum Mietzins setzt. Die Schlichtungsbehörden und Mietgerichte des Kantons Zürich geben als Richtschnur für Reparaturen des Mieters den Betrag von 150 Franken als Obergrenze an. Der HEV Zürich erklärt, der Vertrag werde zurzeit überarbeitet. Dabei würden die kritisierten Klauseln überprüft und allenfalls angepasst.
Im Mietvertrag des HEV Zürich heisst es zurzeit auch noch: «Die vorzeitige Rückgabe der Mietsache ist nur auf ein Monatsende möglich.» Auch dies widerspricht der Rechtslage: Das Gesetz schränkt den Zeitpunkt für eine vorzeitige Rückgabe nicht ein. Selbst der HEV Schweiz schreibt in einem Beitrag zur vorzeitigen Wohnungsrückgabe, sie sei «grundsätzlich jederzeit, also unabhängig von den vertraglich vereinbarten Kündigungsmodalitäten möglich». Das bedeutet: Wer eine Wohnung ausserterminlich kündigt, muss sie nur so lange bezahlen, bis der Ersatzmieter einzieht. Das muss nicht am Ende eines Monats sein, es ist jederzeit zulässig.
Experte findet viele ungültige Klauseln
Koller hat sich für den K-Tipp die Mühe gemacht, die Mietverträge des HEV der fünf bevölkerungsreichsten Deutschschweizer Kantone, Aargau, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich, unter die Lupe zu nehmen. Dabei stellte er fest, dass die Verbände das Vorgehen bei der Abgabe der Wohnung teilweise am Gesetz vorbei regeln.
Im Mietvertrag des HEV Bern heisst es betreffend Wohnungsabgabe: «Bei der Rückgabe ist ein Zustandsprotokoll aufzunehmen, das von den Vertragsparteien oder deren Vertretern zu unterzeichnen ist. Werden nachträglich schriftlich gemeldete Mängel vom Mieter nicht innert 10 Tagen seit Erhalt der Mitteilung schriftlich bestritten, gelten sie als anerkannt.» Der St. Galler Mietvertrag hält fest: «Der Vermieter ist berechtigt, bei der Übergabe der Mietsache vom Mieter die Mitwirkung an der Erstellung eines gemeinsamen Rückgabeprotokolls zu verlangen.» Und im Mietvertrag des HEV Zürich steht: «Verweigert der Mieter seine Mitwirkung am Rückgabeprotokoll, so muss er sich das vom Vermieter erstellte Protokoll als richtig entgegenhalten lassen.»
Mieter muss Protokoll nicht unterschreiben
Mieter sind gemäss Koller nicht verpflichtet, an der Erstellung des Abgabeprotokolls mitzuwirken oder es zu unterschreiben. Mieter müssten sogar aufpassen: Denn mit der Unterschrift bestätige man nicht nur die protokollierten Mängel. Man anerkenne oft auch eine Entschädigungspflicht. Er empfiehlt den Mietern sogar, den vom Vermieter geltend gemachten Mängeln ausdrücklich zu widersprechen.
Korrekt formuliert ist die Rechtslage im Vertrag des HEV Luzern, wonach das Protokoll von den Vertragsparteien «bei Einverständnis zu unterzeichnen ist».