Als die Migros-Tochter Micasa im Sommer 2016 eine 10-Prozent-Aktion auf Schränken durchführte, war das für die Familie Hostettler aus Zumikon ZH die Gelegenheit, einen Schrank für mehrere Tausend Franken zu bestellen. Doch Micasa machte bei der Lieferung und bei der Berechnung des Preises mehrmals Fehler. Das Geschäft zog sich hin.
Micasa zog Prozente in Schritten ab
Zur Wiedergutmachung schenkte Micasa den Hostettlers einen Gutschein für zusätzliche 10 Prozent Rabatt. Zwei weitere 10-Prozent-Gutscheine besassen sie bereits: den einen hatten sie als Cumulus-Mitglieder bekommen, den anderen von einem Zügelunternehmen. Die Familie fragte Micasa, ob sie für den Schrank alle Gutscheine aufs Mal einlösen könne. Die Antwort lautete: Ja.
Also freuten sich die Hostettlers auf insgesamt 40 Prozent Rabatt – 10 Prozent aus der Aktion für den Schrank plus 3 Mal 10 Prozent an Gutscheinen. Doch Micasa machte eine eigene Rechnung. Das Möbelhaus zog nicht wie erwartet 40 Prozent vom ursprünglichen Gesamtpreis ab, sondern erst einmal nur 10 Prozent. Danach weitere 10 Prozent vom Restbetrag. Und so weiter. Am Ende betrug der Rabatt genau 34,39 Prozent. Für die Hostettlers ein Unterschied von rund 400 Franken.
Die Familie beschwerte sich, doch die Migros liess nicht mit sich reden. «In erster Linie ist die Berechnungsmethode technisch bedingt, da die Rabatt-Gutscheine nicht alle gleichzeitig eingelesen werden können», hiess es.
Basis ist der angeschriebene Preis
Hostettlers waren empört: «Wir können doch nichts dafür, dass Micasa nicht alle Rabatt-Gutscheine aufs Mal einlesen kann.» Deshalb zahlte die Familie den unbestrittenen Betrag und behielt 400 Franken zurück.
Doch die Migros blieb stur. Ende Jahr gaben Hostettlers schliesslich nach und zahlten.
Gegenüber dem K-Tipp begründete die Migros ihr Rechnungsmodell nicht mehr mit technischen Problemen. Vielmehr liege es «in der Zuständigkeit jedes Unternehmens, die Berechnungsmethode innerhalb des gesetzlichen Rahmens festzulegen». Das Problem: Einen «gesetzlichen Rahmen» gibt es nicht. Nirgends steht, wie Rabatte zu berechnen sind.
Für Stephan Heiniger, Leiter der K-Tipp-Rechtsberatung, ist klar: «Wenn ein Unternehmen 4 Mal 10 Prozent Rabatt verspricht, ergibt dies 40 Prozent Rabatt. Denn Basis für den Rabatt ist immer der angeschriebene Verkaufspreis, wenn aus den Gutscheinen nichts anderes hervorgeht.»
Auch Autohändler rechnen anders
Auch Autohändler tricksen gelegentlich bei der Berechnung von Rabatten. Beispiel: Ein Auto kostet inklusive Mehrwertsteuer 40 000 Franken. Darauf gibt es 12 Prozent Rabatt (4800 Franken). Das ergibt einen Verkaufspreis von 35 200 Franken.
Doch manche Autohändler rechnen anders. Die 12 Prozent Rabatt gewähren sie nur auf dem mehrwertsteuerfreien Preis. Damit beträgt der Rabatt am Ende rund 350 Franken weniger – und aus den versprochenen 12 sind plötzlich 11,1 Prozent geworden.