Würmer im Essen in einer Militärkaserne: Der «Blick» sorgte im Oktober 2022 mit einem Video aus einer Zürcher Kaserne für Entrüstung. Das zuständige Lebensmittelinspektorat des Kantons Zürich überprüfte nicht, was in der Kaserne schiefgelaufen war. Der Vorfall sei nicht aktenkundig, sagt Martin Brunner, Leiter des Inspektorats.
Nach Erkrankungen keine Kontrolle
Das ist kein Einzelfall, wie eine Datenauswertung des K-Tipp zeigt. Zwischen 2017 und 2021 wurden 198 kantonale Inspektionen bei Armeeküchen protokolliert. Fielen gravierende Mängel auf, hakten die Kontrolleure fast nie nach: Nur in drei Fällen kam es zu einer Nachinspektion. Sogar nach Magen-Darm-Erkrankungen oder Lebensmittelvergiftungen gab es keine zusätzliche Kontrolle.
So zum Beispiel 2018 in der Kaserne Chur. Damals erkrankten 73 Rekruten an einer Magen- und Darminfektion. Bis heute gab es in diesem Fall keine Nachkontrolle mehr. Der Bündner Kantonschemiker Matthias Beckmann sagt, seine Inspekteure hätten die Küche alle zwei Jahre bei Grundkontrollen inspiziert. Es sei Aufgabe der Armee und nicht Sache des Kantonschemikers, «lebensmittelbedingte Ausbrüche» abzuklären und Wiederholungsfälle zu vermeiden.
Das ist falsch. 1998 unterstellte der Bundesrat die Armeeküchen per Dekret den Lebensmittelinspekteuren der Kantone. Begründung: Die Soldaten würden einen Dienst für die Allgemeinheit bringen und könnten sich dabei das Essen nicht aussuchen. In einer weiteren Verordnung steht klar: «Kommt es zu einem Krankheitsausbruch im Zusammenhang mit Lebensmitteln, werden sämtliche Abklärungen durch den Kantonschemiker» geführt.
In der Praxis blieb das leerer Buchstabe – so etwa auch im Sommer 2019, als über 230 Soldaten in den Kasernen Sitten VS, Bière VD und Jassbach BE an Durchfall und Erbrechen erkrankten. 50 Soldaten mussten ins Spital.
Nach vier Jahren noch nicht abgeklärt
Nur der Kanton Wallis machte nach dem Vorfall in Sitten eine eigene Inspektion wegen «Verdachts auf lebensmittelbedingte Erkrankungen» und hakte mit einer Nachkontrolle nach.
Es zeigte sich, dass der Reinigungsschlauch in der Küche bakteriell verseucht war. Der Kantonschemiker Elmar Pfammatter sagt: «Wenn es Meldungen gibt, gehen wir diesen nach – unabhängig davon, ob es ein Restaurant oder eine Armeeküche ist.»
Die Armee versprach 2019, die Fälle durch die Militärjustiz aufklären zu lassen und Transparenz zu schaffen. Das ist heute, fast vier Jahre später, jedoch noch immer nicht passiert: Die Untersuchungen zu Sitten und Bière laufen noch.
Einen geheimen Schlussbericht gibt es nur zum Fall Jassbach. Der K-Tipp hatte Einsicht und weiss: Ursache für die vielen Lebensmittelvergiftungen war vermutlich ein Nudelsalat, der zusammen mit verdorbenen Pouletresten vom Vortag serviert worden war. Als Konsequenz verteilte die Armee Merkblätter. Sprecher Stefan Hofer behauptet, die armeeeigenen Kontrollen hätten sich «bewährt».