Seit dem vergangenen Juni rief die EU nicht weniger als 57 Chargen von Atemschutzmasken wegen mangelnder Filterleistung zurück oder stoppte deren Verkauf. In Schweizer Internetshops sind einige dieser Masken immer noch erhältlich.
Vorsicht vor Masken mit Graphen
Beispiel: Als «Premium»-Maske verkauften Online-Drogerien Anfang Januar ein FFP2-Modell der Marke Shengquan. Laut Werbung schützt das Modell von Shengquan dank Graphen, einem sehr dünnen Material aus Kohlenstoff, «deutlich effektiver als herkömmliche Masken».
Das sieht die französische Behörde für Gesundheitsschutz anders. Sie rät von Masken mit diesem Material ausdrücklich ab. Der Nutzen sei nicht nachgewiesen. Zudem sei es unklar, welche Teilchen sich beim Atmen aus dem Stoff lösen könnten und wie schädlich eingeatmetes Graphen sei.
Die EU rief die Shengquan-FFP2-Masken letzten August aus einem anderen Grund zurück: wegen mangelnder Filterwirkung. Anfang Januar, also fünf Monate nach dem EU-Rückruf, konnte der K-Tipp die Masken im Schweizer Internetshop der Drogerie Puravita problemlos erwerben. Auf Nachfrage des K-Tipp sagt die Drogerie dazu, sie nehme die Maske jetzt aus dem Sortiment. Der Lieferant habe sie nie über den EU-Rückruf informiert.
Auch in anderen Schweizer Internetshops fand der K-Tipp Masken, vor denen die EU warnte – insgesamt ein halbes Dutzend:
- FFP2-Maske «EnMed+ 712»: Sie filtert gemäss Rückruf aus Belgien nicht genügend Viren.
- FFP2-Maske «Barbeador Max-02»: Auch diese Maske wurde von EU-Behörden getestet. Resultat: Sie erschwert das Atmen zu stark. Im Extremfall bestehe sogar Erstickungsgefahr. Der Importeur musste auf Geheiss der EU eine ganze Charge vernichten. Masken dieser Marke verteilte die Stadt St. Gallen ihren Feuerwehr- und Zivilschutzmitarbeitern. Dort heisst es, man vertraue auf die Auskunft des Schweizer Lieferanten, wonach die Importe des Herstellers, der Jiangsu Liyu Razor Company, nicht vom Produktionsfehler betroffen seien.
Konfrontiert mit der Recherche des K-Tipp, nahmen mehrere Schweizer Verkäufer die minderwertigen Masken aus dem Sortiment.
Ein Rückruf der EU gilt nicht automatisch auch für die Schweiz. In der Schweiz sind die Unfallversicherung Suva sowie die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) für die Kontrolle der Masken zuständig. Sie schreiben dem K-Tipp, sie hätten keinen Zugriff auf Testresultate der EU-Rückrufe. Man beschränke sich bei Kontrollen von Hygienemasken auf Stichproben und gehe EU-Rückrufen nur «vereinzelt» nach. Die Suva will sich nicht auf die EU-Daten verlassen: «Wir müssen die Produkte in jedem Fall selber prüfen.» Für sichere Masken seien primär Hersteller und Importeure verantwortlich.
Suva und BfU wälzen gar einen Teil der Verantwortung auf die Konsumenten ab: Jeder könne untaugliche Masken bei den Behörden melden. Die BfU rief 2021 fünf Schutzmasken zurück.
Tipp: Auf FFP2-Masken mit Graphen sollte man verzichten. Der K-Tipp veröffentlicht Produktwarnungen der EU regelmässig in der Rubrik «Rückrufe» sowie im Internet unter Ktipp.ch/warnungen-eu.
FFP2: Kindermodelle nicht empfehlenswert
Die Stiftung Warentest hat 15 FFP2-Masken für Kinder ins Labor geschickt. Fazit: Sie empfiehlt keine einzige. In allen Masken fällt das Atmen so schwer, dass Kinder sie nicht mehr richtig tragen. Für kurze Zeit können Kinder auch die «Aura 9320+» von 3M tragen (Sury.ch, Fr. 72.16 pro 20er-Box): Das Produkt war Testsieger bei den FFP2-Masken für Erwachsene und ist nicht für Kinder gedacht. Der Komfort beim Atmen ist aber besser als bei den Kindermasken. Die 3M-Maske passt sich auch kleinen Köpfen an, ist dicht und filtert zuverlässig.