Misstöne bei Web-Songs
Seine Lieblingssongs im Internet kaufen, etwa bei Apple, Sony oder Coke, und als Datei auf den PC laden - kein Problem. Doch kann man die Musik nur beschränkt nutzen. Es geht aber auch anders.
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K-Tipp 11/2005
01.06.2005
Kurt Haupt - redaktion@ktipp.ch
Eine Million verschiedene Songs bietet der Internet-Plattenladen von Apple (iTunes) und ist damit weltweiter Marktführer. Zutritt zum Schweizer Shop erhält man allerdings nur durch Vorauszahlung oder per Kreditkarte - und nachdem man komplizierten Verträgen zugestimmt hat. Die meisten Shops verlangen Fr. 1.50 pro Song, komplette Alben gibt es ab 15 Franken.
Während Käufer einer herkömmlichen Audio-CD diese sofort und jederzeit in beliebigen Geräten abspielen können, erhalt...
Eine Million verschiedene Songs bietet der Internet-Plattenladen von Apple (iTunes) und ist damit weltweiter Marktführer. Zutritt zum Schweizer Shop erhält man allerdings nur durch Vorauszahlung oder per Kreditkarte - und nachdem man komplizierten Verträgen zugestimmt hat. Die meisten Shops verlangen Fr. 1.50 pro Song, komplette Alben gibt es ab 15 Franken.
Während Käufer einer herkömmlichen Audio-CD diese sofort und jederzeit in beliebigen Geräten abspielen können, erhalten Internet-Käufer bloss eine verschlüsselte Datei. Die Musik ist nämlich sowohl bei iTunes als auch bei Sony Connect und Coke durch DRM (Digital Rights Management) gesperrt. Nur auf einem - via Internet registrierten - PC werden die DRM-Daten entschlüsselt und abgespielt. Bei Apple lassen sich immerhin fünf PCs für die Nutzung freischalten, andere Shops geben die Musik nur für einen Rechner frei.
Bei Player ohne DRM: Erst mal konvertieren
Will man die Musik unterwegs hören, braucht man bei iTunes einen mobilen Player von Apple (iPod), bei Sony einen Sony-MP3-Walkman und beim Rest einen Player mit Microsoft-DRM.
Hat man einen falschen oder günstigen Mobilplayer ohne DRM, muss der gekaufte Song, falls überhaupt möglich, erst mühsam konvertiert werden. Das heisst: die Musik auf eine Audio-CD brennen, diese CD wieder auf den PC kopieren und umwandeln. Erst dann kann man die Musik aufs tragbare Musikgerät transferieren.
Doch auch eine gekaufte CD lässt sich nur problemlos ins MP3-Format umwandeln, wenn sie keine Kopiersperre hat. Wer im Plattenladen eine CD kauft, hat das Recht auf Privatkopien. Er darf sie auch verschenken.
Wird Musik im Internet gekauft, muss man spezielle Geschäftsbedingungen akzeptieren: Bei iTunes ist einzig der persönliche Gebrauch erlaubt (siehe K-Tipp 20/04). Die Möglichkeit, Musik von iTunes auf CD zu brennen, ist laut Vertrag eine «Gefälligkeit ohne Rechtseinräumung». Und während man seine herkömmlichen CD-Sammlungen jederzeit verschenken oder auch verkaufen kann, ist dies bei DRM-Musik meist verboten.
Fehler verwandelt Musik in Datenschrott
Die DRM-Musiksammlung kann zudem durch Hardware- oder Software-Fehler total zerstört werden. Bereits kursiert ein Computervirus, der gezielt alle Musikdateien auf einem Rechner löscht. Hat man keine Sicherungskopie aller Dateien und der DRM-Schlüsselinfos, ist die Musiksammlung verloren. Die Internet-Shops wissen zwar, wer welche Musik gekauft hat. Ein Recht auf erneuten Download bereits bezahlter Songs gibt es jedoch, etwa bei iTunes, nicht.
Selbst beim Kauf eines neuen PCs ist Vorsicht geboten. Wird die Musik nicht korrekt zum neuen Rechner transferiert, schnappt die Kopiersperre zu und verwandelt die Musiksammlung in Datenschrott.
Wer seine Sammlung als Internet-Musik zusammenstellt, gibt den Shops ein detailliertes Profil seiner Vorlieben. iTunes-Kunden etwa erlauben dem US-Konzern laut Vertragsbestimmungen, «Registrierungsdaten und/ oder Kontodaten an Vollzugsbehörden, Regierungsbeamte und/oder Dritte zu übermitteln». Wer eine USA-Reise plant, sollte gesellschaftskritische Musik also mit Bedacht wählen.
Songs aus dem Web - ohne Sperre und Registrierzwang
Neben dem gewohnten CD-Kauf gibt es andere Möglichkeiten, Musik ohne DRM-Sperre und Registrierzwang zu geniessen.
- Der Internet-Musikladen www.exlibris.ch bietet neben DRM-gesperrter Musik auch Schweizer Songs - von «DJ Bobo» bis «Vollenweider» - als MP3-Dateien ohne DRM an. Diese kann sofort auf jedem MP3-Player oder MP3-Handy abgespielt und problemlos transferiert werden. Ein Song kostet Fr. 1.50.
- Auf Schweizer Musik ohne eine Kopiersperre ist www.one2joy.com spezialisiert. Der Shop verkauft sogar Musik auf Rechnung statt via Kreditkarte.
- Hunderttausende MP3-Songs gibt es bei www.weblisten.com. Hier kann man für rund Fr. 68.- einen Monat lang beliebig viel Musik beziehen.
- Ein Geheimtipp für neue, unabhängige Musik ist www.garageband.com. Hier gibt es 200 000 Songs als unverschlüsselte MP3-Dateien - und das meist kostenlos.
- Die «freiste» Gratis-Musik finden Musikfreunde unter http://creativecommons.org. Auf dieser Plattform wünschen die Künstler ausdrücklich, dass ihre Musik weitergegeben wird.
Finden Sie es okay, wenn Web-Shops Musikdateien mit Nutzungssperren verkaufen? Antworten Sie bitte unter www.ktipp.ch.