Ein Paar liegt im Hotelbett – zwischen ihnen ein Rezeptionist: So wirbt die Firma Feratel in Tourismusdestinationen für ihre «digitalen Reisebegleiter». Das österreichische Unternehmen verkauft digitale Gästekarten mit QR-Code sowie Apps für das Smartphone. Die Gäste erhalten die Karten in Hotels und teilweise in Ferienwohnungen als Gegenleistung für die bezahlten Kurtaxen. Mit den Gästekarten erhalten Touristen beispielsweise Rabatt auf Bergbahntickets und Eintritte in Museen oder Hallenbäder. Zu den Kunden von Feratel gehören in der Schweiz unter anderem die Feriendestinationen Aletsch-Arena VS, Arosa GR, Davos-Klosters GR, Gstaad BE und Obergoms VS.
Karte zeigt, wohin sich der Gast begibt
Für die Tourismusorte sind die digitalen Gästekarten interessant, weil sie genaue Infos zum Gast liefern: Wo übernachtet er, welche Rabatte löst er ein, wohin bewegt er sich, welche Interessen hat er? Feratel bewirbt seinen «digitalen Ferienbegleiter» gegenüber den Ferienorten folgendermassen: «Er ist ein waschechter Datenbroker. Mit Erlaubnis der Gäste werden Bewegungs- sowie Nutzungsdaten gesammelt und in der Folge ausgewertet.»
Nach dem gleichen Konzept arbeiten die digitalen Gäste-Apps der Schweizer Firma Inside Lab. Wer in Laax GR die App «Inside Laax» auf dem Handy aktiviert, erhält Aktivitäten mit Rabatt – in diesem Fall fürs Riverrafting, einen Baumwipfelpfad und für Wellness. Mit jedem Besuch und jedem Kauf weiss die Destination mehr über den Besucher. Zeigt er sich abenteuerlustig, präsentiert ihm die App weitere Aktivitäten, wie den Hochseilpark. Falls es der Gast zulässt, werden auch Standortdaten gespeichert, die zeigen, wann er sich wohin bewegt hat.
Infos zu Datennutzung im Kleingedruckten
Über die Speicherung und Auswertung der Daten informiert der App-Betreiber nicht aktiv. Der Benutzer muss eine 20-seitige Datenschutzerklärung akzeptieren, wenn er die App verwenden will. Darin heisst es, neben Personendaten würden unter anderem Zahlungsdaten, Informationen zum Standort, zu Buchungen und Einkäufen erhoben – dies mit dem Zweck, «auf die Bedürfnisse ausgerichtete Produkte und Dienstleistungen sowie Werbung anzubieten».
Was die Destination Laax bereits tut, planen auch andere Schweizer Tourismusorte: So will St. Moritz GR demnächst eine Gäste-App einführen. Auch die Regionen Aletsch-Arena VS, Gstaad und Simmental (beide BE) prüfen, wie sich die gespeicherten Vorlieben der Gäste in bare Münze umsetzen lassen.
Die meisten Tourismusorte verwenden die gesammelten Daten dazu, die Gäste präziser zu bewerben. Das räumt Sabine Weidmann von Obergoms Tourismus im Wallis gegenüber dem K-Tipp ein: «Wir erfahren aus den Daten, ob eher Hotel- oder Campinggäste ein Angebot nutzen oder zu welcher Zeit eine Leistung gefragt ist.»
Nicht immer sind diese Daten anonymisiert. Der «Blick» schilderte kürzlich, dass in Arosa Hotelrezeptionisten oder Ferienwohnungsbesitzer erfahren können, welche Rabatte ein Gast in Anspruch nimmt. Der K-Tipp weiss: Das ist auch in Davos und Gstaad der Fall. Jeweils die erste und die letzte eingelöste Aktivität sind für die Hotelangestellten sichtbar. Aber wohl noch nicht die im Hotelbett, wie die Feratel-Wer-bung nahelegt.
Alternative: Gästekarte auf Papier
Einige Feriendestinationen mit digitaler Gästekarte geben auf Wunsch eine Karte in Papierform ab. Das gilt zum Beispiel für Davos GR, Gstaad BE, die Jungfrauregion BE, Lenk/Simmental BE, das Obergoms VS und das Saastal VS. Der Gast erhält dort meist eine personalisierte Papierkarte mit aufgedrucktem QR-Code. Bei der Tourismusregion sieht man so zwar trotzdem, welche Rabatte der Gast eingelöst hat. Bewegungsdaten lassen sich damit aber nicht speichern.