Das Bundesverwaltungsgericht hat 2013 klipp und klar entschieden: Die Sitzungsprotokolle von beratenden Kommissionen des Bundes sind öffentlich (Urteil vom 22. April 2013). Gestützt auf den Entscheid hatte saldo Einsicht in ein Sitzungsprotokoll der Eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge erhalten.
Die Kommission gab an dieser Sitzung zuhanden des Bundesrats für 2013 eine Empfehlung für die Höhe des Mindestzinssatzes für Pensionskassenguthaben ab. Das macht die Kommission jeden Herbst. Je höher der Zins, desto höher die Renten. Beim Zinsentscheid hält sich der Bundesrat in der Regel an die Empfehlungen der Kommission.
Protokolle neu ohne Namen und Voten der Kommissionsmitglieder
Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht, dass die Kommissionsmitglieder nicht durch Schwärzung der Namen anonymisiert werden dürfen, weil sie eine behördliche Funktion ausüben. Doch neu hebelt die Pensionskassenkommission den Entscheid aus: Das Protokoll der Sitzung zum Mindestzins für 2014 erhielt saldo zwar ungeschwärzt – doch es steht nicht mehr viel drin. Anders als im Vorjahr erfährt der Leser praktisch nichts mehr über die Voten der Mitglieder. Wer was gesagt hat, bleibt im Dunkeln. Namen enthält das Protokoll keine mehr.
Dabei wäre dies wichtig, weil die Entscheide zum Mindestzins jeweils umstritten sind. Die meisten Mitglieder der Kommission sind Interessenvertreter von Pensionskassen, Versicherungen und Gewerkschaften.
Bundesverwaltung: Entscheidendes wird nicht aufgeschrieben
Für letztes Jahr wollten zwölf Kommissionsmitglieder weniger Zins geben, als die dafür erstellte Formel ergab. Und sie setzten sich damit durch. Die Angestellten wurden dadurch um Milliarden geprellt. saldo machte damals das Abstimmungsresultat öffentlich und nannte die Namen der Rentenkürzer (saldo 10/13).
Heute wäre das nicht mehr möglich. Denn statt des ausführlichen Wortprotokolls gibt es nur noch ein stichwortartiges Beschlussprotokoll ohne Namen. Kommissionspräsident Claude Frey (FDP) behauptet, der Wechsel der Protokollform habe nicht direkt mit dem Gerichtsentscheid zu tun. Es sei unerheblich, wer was gesagt habe. Im Klartext: In Zukunft bleiben Aussagen und Abstimmungsverhalten der Kommissionsmitglieder wieder im Dunkeln.
Anders als die Kommission für die berufliche Vorsorge respektiert die Eidgenössische AHV-Kommission den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts: «Als Beratungsorgan des Bundesrates ist es uns wichtig, dass die Fragen, Argumente und Stellungnahmen der verschiedenen Institutionsvertreter im Protokoll klar ersichtlich sind», sagt Präsidentin Ruth Lüthi.
Dieser Meinung ist auch das Büro des Eidgenössischen Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür. «Im Sinne der Transparenz wäre es begrüssenswert, wenn die wichtigen Entscheidungsschritte staatlichen Handelns in einem Prozess nachvollziehbar dokumentiert würden.»
Eine griffige Vorschrift gibt es dazu indes nicht, wie der Protokolltrick der Pensionskassen-Kommission zeigt. Und so gefällt sich die Bundesverwaltung vermehrt darin, Entscheidendes nicht aufzuschreiben. Dies gab Kurt Grüter, pensionierter Chef der Finanzkontrolle im Dezember in einem Interview mit der NZZ unumwunden zu. Die wirklich wichtigen Informationen existierten nur noch in den Köpfen der Beamten. «Oder in Papieren, die nicht veröffentlicht werden müssen.»
Akteneinsicht: Bundesgericht gab saldo recht
Die Bundesverwaltung verweigert immer wieder die Einsicht in behördliche Unterlagen, obwohl diese laut Gesetz öffentlich sind. Zudem versucht sie mit hohen Gebühren, die Akteneinsicht von Bürgern und Medien zu verhindern (saldo 11/13). saldo ging gerichtlich gegen die Informationsverhinderung vor und erhielt immer wieder recht. Auch im neusten Fall: Das eidgenössische Starkstrominspektorat verlangte für die Herausgabe einer Liste von als mangelhaft bezeichneten Elektrogeräten 800 bis 1000 Franken. Das Bundesverwaltungsgericht reduzierte die Gebühren auf 600 Franken. Das Bundesgericht erachtete auch dies als zu viel und schrieb, das Inspektorat dürfe höchstens die Hälfte verlangen.
(Entscheid 1C_550/2013 vom 11. November 2013).
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