Nadja Lang, Geschäftsleiterin der Max-Havelaar-Stiftung Schweiz, konnte Ende Februar den Prix K-Tipp entgegennehmen: ein blaues «K» aus künstlichem Bergkristall. Der K-Tipp nutzte die Gelegenheit für ein Interview.
Im Coop kosteten 500 g Havelaar-Honig Fr. 5.40, ein ähnlicher Honig ohne Label 90 Rappen weniger. Wie viel von der Differenz geht an die Imker in Guatemala und Honduras, wie viel bleibt beim Händler?
Nadja Lang: Waren beides Bio-Produkte? Aus dem gleichen Land, der gleichen Kooperative? Wenn nicht, kann man sie schlecht vergleichen. Generell: Durch den Mehraufwand in den Fairtrade-Kooperativen liegt der Einkaufspreis für Honig etwas höher. Etwa 20 Rappen pro Kilo gehen zudem für Entwicklungsprojekte vom Erstaufkäufer direkt an die Kooperative, 25 Rappen als Lizenzgebühr an die Max-Havelaar-Stiftung. Auf die Laden-Endpreise haben wir aber keinen Einfluss.
Weit über 100 Kaffeesorten tragen das Havelaar-Label. Wann ist es bei den Nespresso-Kapseln so weit?
Das müssen Sie Nestlé fragen. Chicco d’Oro hat bereits Fairtrade-Kapseln. Starbucks und McDonald’s schenken unseren Kaffee aus. Ich hoffe, dass noch viel mehr Cafés und Take-aways umsteigen.
Mit Nestlé würde das richtig einschenken. So aber dümpeln Sie bei 5 Prozent Marktanteil.
Wir suchen das Gespräch mit allen potenziellen Partnern. Wenn grosse Unternehmen auf Fairtrade umstellen wollen, ist das sehr spannend. Denn grosse Mengen haben auch eine grosse Auswirkung auf die Lebensbedingungen in den Produzentenländern.
Findet ein Umdenken der Manager statt – hin zu einem gerechteren Handel?
Ja, es gibt deutlich mehr Offenheit für unsere Anliegen. Immer mehr Entscheidungsträger in der Wirtschaft erkennen, dass man mit fairem Handel auch kommerziell erfolgreich sein kann.
Apropos Kaffee. Wie viel Kinderarbeit steckt in Max-Havelaar-Kaffee?
Bessere Lebensbedingungen für die Menschen sind der Schlüssel zur Reduktion von Kinderarbeit. Doch niemand kann 100-prozentig garantieren, dass in einem Produkt keine Kinderarbeit steckt. Fairtrade tut alles, um das zu verhindern. Mit demokratischer Organisation, fairen Preisen, Aufklärung, Schulung, strengen Kontrollen und Massnahmen. Kooperativen, die Kinderarbeit zulassen würden, riskieren ihre Zertifizierung.
Die deutsche Zertifizierungsfirma gehört den Label-Organisationen. Ist es nicht unglaubwürdig, wenn man sich selber kontrolliert?
Nein. Die hochspezialisierte Zertifizierungsfirma ist trotzdem völlig unabhängig. Sie wurde erst kürzlich wieder überprüft.
Orangen werden in Industrieanlagen gepresst. Ist Havelaar-Saft ein reines Fairtrade-Produkt?
Beim Orangensaft ist die Nachverfolgbarkeit nicht immer möglich. Die Kosten für die Trennung konventioneller von Fairtrade-Orangen wären so hoch, dass die Kleinbauern ihre Absatzmärkte verlieren würden. Käufer von Fairtrade-Saft haben aber die Garantie, dass die Bauern in der Höhe der entsprechenden Menge Orangensaft produzieren. Abgesehen von Saft, Kakao, Zucker und Tee, sind die meisten Produkte bis zur Kooperative rückverfolgbar.
Das Abstimmungsresultat
Bei der K-Tipp-Publikumswahl war Max Havelaar mit 1472 Stimmen unangefochtener Sieger. Die weiteren Ränge:
- 2. Rang: Migros-Bank. Nominiert, weil das Geldinstitut seinen rund 2800 Vermögensverwaltungs-Kunden Retrozessionen der letzten 10 Jahre von sich aus zurückzahlt: total 4,2 Millionen Franken.
- 3. Rang: Schweizmobil. Die Stiftung fördert das Wandern und Velofahren via Gratis-Handy-App und Website Schweizmobil.ch mit genauen Karten und Beschreibungen.
- 4. Rang: Priminfo. Auf der Website des Bundesamtes für Gesundheit kann man die Krankenkassenprämien vergleichen. Im Gegensatz zu kommerziellen Portalen ist das gratis – sowohl für Versicherte als auch für Krankenkassen!
- 5. Rang: TCS-App. Das Handy-Programm des Touring Clubs Schweiz zeigt gratis und aktuell Staus und freie Parkplätze an.
In der Schweiz gibts über 1600 Max-Havelaar-Produkte
Die Max-Havelaar-Stiftung zeichnet fair gehandelte Produkte mit ihrem Gütesiegel aus. Sie fördert so den fairen Handel mit Kleinbauern und Arbeitern in Entwicklungsländern. Das Ziel: diesen Menschen die Abnahme ihrer Erzeugnisse zu gewährleisten und damit ihre Lebensbe-dingungen zu verbessern.
Gegründet wurde die Stiftung vor 21 Jahren von den Hilfswerken Brot für alle, Caritas Schweiz, Fastenopfer, Heks, Helvetas und Swissaid.
In der Schweiz gibt es über 1600 Produkte – Umsatz 2011: rund 328 Millionen Franken. Mit 42 Franken pro Kopf ist die Schweiz Weltmeisterin beim Kauf fair hergestellter Produkte, gefolgt von Grossbritannien.
Das sind die Gewinner
1. Preis
Ilse Czamek,Walenstadt SG
Sieben Übernachtungen für zwei Personen in der Junior-Suite im «Sorell Hotel Tamina» in Bad Ragaz. Wert: Fr. 3000.–
2. Preis
Fritz Brügger, Zürich
Zwei Retourtickets 1. Klasse mit dem TGV Lyria nach Paris. Ab Zürich, Basel, Bern, Neuenburg, Lausanne oder Genf. Wert: Fr. 900.–
3. Preis
Sonia Correani Geiger, Allschwil BL
Zwei Retourtickets 2. Klasse mit dem TGV Lyria nach Paris. Abfahrtsorte siehe oben. Wert: Fr. 600.–
4. Preis
Monika Müller,Männedorf ZH
Zehn Fahrten mit der Cabriobahn aufs Stanserhorn. Wert: Fr. 544.–
5. Preis
Eveline Bieri-Perret, Dietikon ZH
Acht Standseilbahn-Fahrten auf den Niesen. Wert: Fr. 424.–