MusikHandel - CDs: Kopierschutz umstritten
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saldo 18/2001
12.11.2001
Die Musikindustrie will den Kunden das Kopieren von CDs vermiesen - angeblich, um die Künstler zu schützen. Dabei geht es ihr primär um den eigenen Profit.
Ob Jung oder Alt - wer Musik für Familie oder Freunde kopiert, handelt völlig legal: Das Urheberrecht erlaubt das Überspielen für den Gebrauch im privaten Umfeld ausdrücklich.
Doch der Musikindustrie ist das ein Dorn im Auge. Denn heute verkauft der Handel mit 26 Millionen Stück mehr leere CD-ROM-Scheibe...
Die Musikindustrie will den Kunden das Kopieren von CDs vermiesen - angeblich, um die Künstler zu schützen. Dabei geht es ihr primär um den eigenen Profit.
Ob Jung oder Alt - wer Musik für Familie oder Freunde kopiert, handelt völlig legal: Das Urheberrecht erlaubt das Überspielen für den Gebrauch im privaten Umfeld ausdrücklich.
Doch der Musikindustrie ist das ein Dorn im Auge. Denn heute verkauft der Handel mit 26 Millionen Stück mehr leere CD-ROM-Scheiben zum Aufnehmen von Musik oder Computerdaten als bespielte Musik-CDs von Züri West, Pulp und Co. Urs Spahr, Marketingleiter Media Markt: «Diese CD-Rohlinge zum Selbstbespielen werden uns fast aus der Hand gerissen. Hingegen stagniert der Verkauf von bespielten Musik-CDs.»
Die Branche rechnet, dass im laufenden Jahr allein in der Schweiz eine Million weniger CDs verkauft werden als die ursprünglich budgetierten 20 Millionen. Im ersten Halbjahr gingen die Verkäufe bereits um 3,5 Prozent zurück. Im weltweit drittwichtigsten Musikmarkt Deutschland ist der Umsatz in der gleichen Periode gar um 13 Prozent eingebrochen.
Die Hersteller sehen den Grund dafür hauptsächlich bei Jugendlichen, die eine CD kaufen und dann am Computer kopieren. Der Verkaufsleiter von Universal Music Schweiz, Jean-Marie Fontana, sagt offen: «Unsere junge Kundschaft sucht nach dem günstigsten Weg, Musik zu hören. CDs zu kopieren, ist technisch einfach, es entsteht kein Qualitätsverlust. Doch der Gratiskonsum schadet vor allem kleinen Künstlern.»
Selbst wer keine Musik kopiert, zahlt neu Gebühren
Jetzt lancieren die Musikkonzerne Pläne, um die Musikfans stärker zur Kasse zu bitten:
- Alle neuen CDs der Schweizer Nummer eins, Universal Music, können künftig nicht mehr am Computer kopiert werden. Die erste kopiergeschützte CD, die «Bravo Hits 35», hat Universal am 19. Oktober auf den Markt gebracht. Immerhin ist die Einschränkung auf der Hülle deklariert. Ähnlich die vier anderen Branchenriesen: EMI und Sony arbeiten derzeit am Kopierschutz, auch Warner Music und BMG werden ihre Werke wohl bald vor Digitalkopien schützen.
- Auf bespielbaren Leer-CDs soll neu eine pauschale Gebühr verlangt werden. Die Schweizer Urheberrechtsgesellschaft Suisa verhandelt derzeit mit dem Fachhandel über deren Höhe. «Ein hartes Ringen», gibt Suisa-Vizedirektor Andreas Wegelin zu. Das Problem: Selbst wer auf den Leer-CDs Computerdaten oder legal Musik speichert, soll die Gebühr zahlen.
Dennoch beharrt die Suisa auf der Abgabe. Wegelin: «Dieses Problem haben wir bereits bei Video- und Musikkassetten. Darauf wird eine Abgabe von 46 respektive 33 Rappen pro Stunde verlangt - und die Bänder könnten ebenfalls für anderes, etwa das Aufnehmen von Vogelgezwitscher, verwendet werden.» Immerhin hält Wegelin die ursprünglich diskutierten 30 bis 40 Rappen pro Leer-CD für «zu hoch».
- Die Musikproduzenten wollen im Internet Musik gegen Geld anbieten. Peter Labus, Verkaufsleiter des grössten deutschen Musikladens, World of Music: «Die Branche steht in den Startlöchern. In den nächsten Monaten wird man im Internet für einige Franken seine eigene CD zusammenstellen und herunterladen können.»
«Kopierschutz der Musikbranche ist illegal»
Das forsche Vorgehen der Musikkonzerne hat auch die EU-Kartellkommission aufgeschreckt: Sie untersucht nun, ob sich die Branche mit den geplanten kostenpflichtigen Internetseiten (Press-play, Musicnet und Napster) ein unzulässiges Monopol aufbaut. Der Schweizer Dachverband der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer prüft jetzt eine Klage gegen den Kopierschutz. Verbandspräsident Peter Mosimann: «Das Gesetz erlaubt Privatkopien, die mit technischen Massnahmen verhindert werden sollen. Damit verstösst die Musikindustrie selbst gegen das Urheberrecht.»
Marc Meschenmoser
Musikindustrie - Das Geschäft blüht nur für wenige
Die Branche begründet ihre hohen Margen mit dem Verdienst der Interpreten und steigenden Produktionskosten. Peter Vosseler, Geschäftsführer Schweiz der Internationalen Vereinigung der phonografischen Industrie (IFPI): «Die Musikindustrie will Geld verdienen, aber auch mit einer breiten Auswahl Freude machen. Das ist nur möglich, wenn das Geschäft blüht.»
Einer, der talentierte Nachwuchsmusiker fördert, ist der Zürcher Musikmanager Oliver Meyer. Er widerspricht: «Die Künstler erhalten zwischen 40 Rappen und 3 Franken pro Single oder Album - je nach Vertrag. Das ist ein kleiner Teil des Ladenpreises. In erster Linie geht der Erlös an die dahinterstehende Musikindustrie.»
Die Grafik zeigt: Den grössten Teil des Kuchens einer 25-fränkigen CD schneiden sich der Handel (10 Franken) und die Plattenfirmen (Fr. 8.70) ab. Das Geschäft blüht offensichtlich - aber nicht für die grosse Masse der Künstler.