Nach dem Lauf die Werbeflut
Kaum sind die Teilnehmer von Breitensportanlässen wieder zuhause, folgt schon die nächste Anstrengung: die Werbeanrufe und die Prospekte im Briefkasten.
Inhalt
K-Tipp 08/2012
14.04.2012
Letzte Aktualisierung:
16.04.2012
Marco Diener
Wer jemals an einer grösseren Sportveranstaltung teilgenommen hat, kennt die Folgen: Da flattert der Prospekt eines Sportschuhherstellers ins Haus, ein Krankenkassenvertreter ruft an, Veranstalter schicken die Ausschreibungen ihrer Anlässe.
Der Grund: Die meisten Veranstalter sichern sich in ihren Reglementen das Recht, die Daten weiterzugeben. Und die Teilnehmer willigen mit der Anmeldung automatisch ein.
Beispiel Zürich Marathon: Bei der Anmeldung fü...
Wer jemals an einer grösseren Sportveranstaltung teilgenommen hat, kennt die Folgen: Da flattert der Prospekt eines Sportschuhherstellers ins Haus, ein Krankenkassenvertreter ruft an, Veranstalter schicken die Ausschreibungen ihrer Anlässe.
Der Grund: Die meisten Veranstalter sichern sich in ihren Reglementen das Recht, die Daten weiterzugeben. Und die Teilnehmer willigen mit der Anmeldung automatisch ein.
Beispiel Zürich Marathon: Bei der Anmeldung für den Lauf vom 22. April erfährt man im Kleingedruckten, dass «Postadresse, Mailadresse und Handynummer für die Zustellung von Informationen über Events, Produkte, Dienstleistungen oder weitere Angebote» genutzt werden können.
Und beim Grand-Prix von Bern vom 12. Mai – mit 25 000 Teilnehmern der grösste Strassenlauf der Schweiz – heisst es unter dem Titel «Datenschutz»: «Mit der Anmeldung erklären sich die Teilnehmenden damit einverstanden, dass ihre Adressdaten an die Sponsoren, den offiziellen Fotoservice, den Verband oder Dritte für Dienstleistungen weitergegeben werden dürfen.»
Wer damit nicht einverstanden ist, muss dem Veranstalter nach der Anmeldung einen Brief oder ein Mail schicken. Ähnlich umständlich für die Teilnehmer regeln das auch der Zürcher Silvesterlauf, der Schweizer Frauenlauf und der Engadin Skimarathon – zumeist weit unten im Reglement.
Die Organisatoren des Engadin Skimarathon schreiben wenig transparent, dass sie «die Personalangaben für Marketingzwecke verwenden». Auf Nachfrage des K-Tipp zählen sie gegen 30 Firmen und Veranstaltungen auf, die Daten erhalten.
Kein Wunder, dass der eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür schon vor Jahren intervenierte. In seinem Tätigkeitsbericht 2008/09 deutschte er aus, was im Datenschutzgesetz nur schwammig umschrieben ist. Er hielt fest: «Die Erwähnung einer Bekanntgabe an Dritte muss für die Betroffenen gut sichtbar sein. Eine blosse Anmerkung ganz am Ende des Teilnahmereglements und ohne Verweigerungsmöglichkeit entspricht nicht den Datenschutzprinzipien.» Und weiter: «Wir empfehlen, auf dem Anmeldeformular ein Feld vorzusehen, das anzukreuzen ist und bedeutet: ‹Ja, ich bin mit der Bekanntgabe meiner Personendaten an die Sponsoren zu Marketingzwecken einverstanden›, und im Reglement genaue Angaben über die Identität der Sponsoren zu machen.»
Vorgaben werden nicht eingehalten
Die meisten Veranstalter beteuern, dass sie sich an diese Vorgaben hielten. Trotzdem machen sie keine genauen Angaben zu den Datenempfängern. Da ist nur ganz allgemein von «Sponsoren» oder gar von «Dritten» die Rede. Und ein Feld zum Ankreuzen, wie es der Datenschutzbeauftragte verlangt, hat auch keine der Veranstaltungen. Warum nicht? Weil die Organisatoren die Daten möglichst vieler Teilnehmer weitergeben wollen. «Unsere Sponsoren wünschen für ihre Beiträge von mehr als einer Million Franken eine Gegenleistung», so der Engadin Skimarathon. Ähnlich tönts bei den anderen Veranstaltern.
Laut Francis Meier vom Büro des Datenschutzbeauftragten sind «nähere Angaben zu den Empfängern der Daten zwingend notwendig». Die Formulierung, Daten würden «zu Marketingzwecken bearbeitet», reiche nicht.