Nach Irland wider Willen
Ein Schulsemester im Ausland soll junge Leute bereichern. Für Helen Riedtmann aus Bern begann es mit viel Ärger.
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K-Tipp 1/2005
12.01.2005
Letzte Aktualisierung:
21.10.2010
Gery Schwager
Christine Riedtmann ist mit «EF High School Year» überhaupt nicht zufrieden. Ihre Tochter Helen hatte sich zu einem Auslandsemester in England angemeldet - und wurde von EF zwei Wochen vor Abreise an eine Gastfamilie nach Irland vermittelt.
Und als sich Christine Riedtmann am Tag nach der geplanten Ankunft ihrer Tochter telefonisch vergewissern wollte, ob die 16-Jährige heil angekommen sei, erfuhr sie zu ihrem Entsetzen von der Gastfamilie, das...
Christine Riedtmann ist mit «EF High School Year» überhaupt nicht zufrieden. Ihre Tochter Helen hatte sich zu einem Auslandsemester in England angemeldet - und wurde von EF zwei Wochen vor Abreise an eine Gastfamilie nach Irland vermittelt.
Und als sich Christine Riedtmann am Tag nach der geplanten Ankunft ihrer Tochter telefonisch vergewissern wollte, ob die 16-Jährige heil angekommen sei, erfuhr sie zu ihrem Entsetzen von der Gastfamilie, dass Helen noch unterwegs war. Wegen eines Streiks hatten mehrere Austauschschüler in London nicht weiterfliegen können und auf Bus und Fähre ausweichen müssen. «EF meldete das erst, nachdem ich eine ungehaltene E-Mail geschickt hatte», ärgert sich Riedtmann.
Sibylle Hutter von «EF High School Year» weist die Vorwürfe zurück: Helen hätte den Vorschlag, nach Irland statt England zu gehen, ohne weiteres ablehnen können. Und was die turbulente Reise betrifft, so hat EF laut Hutter die Eltern aller betroffenen Schüler telefonisch informiert. Riedtmann hält indes an ihrer Darstellung fest.
In den letzten zehn Jahren ist EF mehrmals in die Schlagzeilen geraten. Das Unternehmen sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, Schüler auf die Reise geschickt zu haben, bevor eine definitive Gastfamilie gefunden war. Auch sollen Jugendliche bei höchst ungeeigneten Familien einquartiert worden sein.
EF spricht da von Einzelfällen. Allerdings gab der Dachverband der nicht gewinnorientierten Jugendaustausch-Organisationen Intermundo (dem EF nicht angehört) schon 1999 beim Kassensturz zu Protokoll: «Die allermeisten Reklamationen, die bei uns eingehen, betreffen EF.»
Das sei heute noch so, sagt Intermundo-Geschäftsleiterin Béatrice Stucki. Dass sich weniger Leute über Mitgliedschulen von Intermundo beschweren, führt sie darauf zurück, dass es sich um Non-Profit-Organisationen handle, «die mit viel Engagement von Freiwilligen arbeiten».
Sibylle Hutter macht zwar geltend, das High-School-Year-Programm von EF funktioniere ebenfalls auf Non-Profit-Basis und seine Preise gehörten oft zu den tiefsten. Jedoch: Ein High-School-Jahr in Grossbritannien, für das EF 10 950 Franken verlangt, kostet bei Intermundo-Mitglied AFS gut 20 Prozent weniger.
Infos beschaffen
Jugendliche, die sich für Schulaufenthalte im Ausland interessieren, sollten sorgfältige Vorabklärungen treffen. Sinnvoll:
- Sich bei der eigenen Schule in der Schweiz nach den Bestimmungen für ein Auslandsemester oder -jahr erkundigen.
- Ehemalige Austauschschüler nach ihren Erfahrungen befragen.
- Bei mehreren Vermittlern Bewerbungsbedingungen und Preise abklären.
Infos, Adressen: Intermundo, Dachverband Non-Profit-Jugendaustausch-Organisationen, Bern, Tel. 031 326 29 20 oder www.intermundo.ch.