Neue gerichtsurteile - Nr.4 20.02.2002
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K-Tipp 4/2002
20.02.2002
Miet-Erstreckung trotz Zwangsversteigerung - Mieter darf länger bleiben
Eine Bank hatte für eine Liegenschaft eine Hypothek gewährt. Als der Besitzer Konkurs ging, wurde die Liegenschaft zwangsversteigert. Dabei griff die Bank für 2,5 Millionen Franken zu - und zwar deswegen, weil das Gebäude beim zweiten Steigerungsaufruf ohne die bestehenden Mietverträge unter den Hammer kam. Die Bank hoffte so, die Mieter schnell loszuwerden, um die leer stehende Liegenschaft besser weite...
Miet-Erstreckung trotz Zwangsversteigerung - Mieter darf länger bleiben
Eine Bank hatte für eine Liegenschaft eine Hypothek gewährt. Als der Besitzer Konkurs ging, wurde die Liegenschaft zwangsversteigert. Dabei griff die Bank für 2,5 Millionen Franken zu - und zwar deswegen, weil das Gebäude beim zweiten Steigerungsaufruf ohne die bestehenden Mietverträge unter den Hammer kam. Die Bank hoffte so, die Mieter schnell loszuwerden, um die leer stehende Liegenschaft besser weiterverkaufen zu können.
Doch das Bundesgericht gibt sich mieterfreundlich. Zwar kann der neue Besitzer sogar langfristige Mietverträge nach einem doppelten Steigerungsaufruf auf den nächsten gesetzlichen Kündigungstermin kündigen. Das Bundesgericht räumt aber dem Mieter auch in einem solchen Fall die Möglichkeit ein, eine Erstreckung zu erhalten.
Folge: Die Mieterin darf noch zwei Jahre über den Kündigungstermin hinaus bleiben.
(em)
(Bundesgericht, Urteil 4C.240/2001 vom 26.11.2001)
KVG: Versicherter kann Forderung abtreten - Vorteil für Ärzte und Apotheker
Im Normalfall sind Patienten Honorarschuldner des Arztes; die Krankenkassen sind aber verpflichtet, dem Patienten die Arztkosten zu ersetzen. Bei einigen Kassen gilt das auch für Apothekerrechnungen.
Nun hat das Bundesgericht entschieden: Ärzte und Apotheker dürfen sich die Forderungen gegenüber ihren Patienten bzw. Kunden abtreten lassen und das geschuldete Geld direkt bei der Kasse eintreiben.
Darüber werden Ärzte und Apotheken froh sein, deren Kunden nicht die beste Zahlungsmoral haben.
Allerdings: Die meisten Kassen haben in ihren Versicherungsbedingungen ein Abtretungsverbot. Ob dieses reglementarische Abtretungsverbot vor Bundesgericht Bestand hätte, bleibt offen.
(em)
(Eidg. Versicherungsgericht, Urteil K 66/2001 vom 19.10.2001)
Anwalt liess mittellose Frau im Regen stehen - Ein Anwalt darf nicht kneifen
Eine Frau hatte Eheprobleme und wandte sich an einen Berner Anwalt. Weil sie den Kostenvorschuss von 3200 Franken nicht zahlen konnte, weigerte sich der Advokat, weitere Schritte zu unternehmen. Grund: Die Kostenstruktur seines Anwaltsbüros erlaube keine Prozessvertretungen in unentgeltlicher Rechtspflege.
Für diese Weigerung muss der Anwalt wegen Verstosses gegen die Standeswürde 600 Franken Busse zahlen. Laut Bundesgericht gehört es zu den Berufs- und Standespflichten eines Rechtsanwaltes, bei Bedarf Mandate mit unentgeltlicher Rechtspflege zu übernehmen. Der Anwalt darf solche Mandate nur ablehnen, wenn stichhaltige Gründe vorliegen.
Bei der unentgeltlichen Rechtspflege geht der Anwalt aber nicht leer aus; vielmehr erhält er eine - allerdings reduzierte - Entschädigung aus der Staatskasse.
(upi)
(Bundesgericht, Urteil 2P .248/2001 vom 20.12.2001)