Renten der 2. Säule
Teuerung ausgeglichen
Ärgerlich: Anfang November lehnte es der Bundesrat erneut ab, den Mindestzins von 1 Prozent für Pensionskassenguthaben der Erwerbstätigen auf das nächste Jahr zu erhöhen. Dies, obwohl die Pensionskassen noch nie so grosse finanzielle Reserven hatten wie heute und auch das Jahr 2021 mit einem hohen Ertrag abschliessen werden («Saldo» 9/2021).
Immerhin: Wer von der Pensionskasse eine Hinterlassenen- oder Invaliditätsrente bezieht, erhält per Januar eine Anpassung an die Teuerung: Für seit 2012 ausgezahlte Renten beträgt die Erhöhung 0,1 Prozent, für seit 2018 ausgezahlte Renten 0,3 Prozent. Achtung: Altersrenten der Pensionskasse müssen nicht von Gesetzes wegen an die Teuerung angepasst werden. Darüber entscheiden die Stiftungsräte der Kassen. Die Altersrenten der AHV und die Renten der Invalidenversicherung werden im Jahr 2022 nicht erhöht.
Alimente
Hilfe beim Inkasso verbessert
Gemeinden müssen geschiedenen Ehegatten und Kindern beim Inkasso der nicht bezahlten Unterhaltsbeiträge helfen. Diese Inkassohilfe wurde für die Schweiz vereinheitlicht. Neu muss jeder Kanton mindestens eine professionelle Fachstelle haben, die beim Inkasso hilft. Diese hat einen Mindestkatalog von Leistungen anzubieten. Dazu gehören etwa: persönliche Beratung, Berechnung der ausstehenden Alimente, Einleitung einer Betreibung, Erstattung einer Strafanzeige oder die Meldung an die Pensionskasse des säumigen Unterhaltsverpflichteten. Die Leistungen der Fachstellen sind für Kinder immer, für Ehegatten nur «in der Regel» gratis. Nicht zur Inkassohilfe gehört hingegen die Alimentenbevorschussung. Dafür sind weiterhin die Kantone allein zuständig («Saldo» 9/2020).
Personenstandsregister
Geschlecht und Vorname einfach ändern
Intersexuelle Personen können ihr Geschlecht und ihren Vornamen im Personenstandsregister ändern lassen. Sie müssen gegenüber dem Zivilstandsbeamten nur erklären, dass sie «innerlich fest davon überzeugt sind, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören». Wer jünger als 16 Jahre alt ist, braucht für die Geschlechtsänderung die Zustimmung der Eltern. Die Erklärung und die damit verbundene Änderung im Personenregister kosten 75 Franken.
CO2-Emissionen
Höhere Steuern auf Heizöl
Die Abgabe für fossile Brennstoffe wie Heizöl steigt von 96 auf 120 Franken pro Tonne CO2. Grund: Die gesetzlich vorgeschriebene Reduktion der CO2-Emissionen bei Heizöl und Gas war ungenügend. Heizöl wird nächstes Jahr also mehr kosten.
Betreibungen
Höhere Gebühren
Neu muss ein Betriebener 8 Franken zahlen, wenn er vom Betreibungsamt schriftlich aufgefordert wird, eine Betreibungsurkunde persönlich auf dem Amt abzuholen. Bei Gerichtsverfahren wie etwa der Rechtsöffnung verdoppeln sich die maximalen Gerichtsgebühren für Streitwerte ab 100 000 Franken von 1000 auf 2000 Franken. Wenn ein Gläubiger seine Betreibung zurückzieht, ist dies künftig kostenlos.
Steuern
Höhere Pauschale für Geschäftswagen, höherer Verzugszins
Die jährliche Pauschale für die private Benutzung eines Geschäftsautos wird von aktuell 9,6 auf 10,8 Prozent des Kaufpreises für das Fahrzeug angehoben. Mit der höheren Pauschale werden neu auch die vom Arbeitgeber bezahlten Fahrkosten zum Arbeitsort abgegolten. Für Angestellte entfällt also die Pflicht, die vom Wohn- zum Arbeitsort zurückgelegten Kilometer mit 70 Rappen pro km als Einkommen in der Steuererklärung zu deklarieren.
Wer die direkten Bundessteuern nicht rechtzeitig begleicht, zahlt ab 2022 neu 4 statt 3 Prozent Verzugszins.
Häusliche Gewaltvund Stalking
Elektronische Überwachung
Wer von Gewalt, Drohung oder Stalking betroffen ist, kann beim Gericht ein Annäherungs-, Kontakt- oder Rayonverbot verlangen. Neu können Betroffene beantragen, dass die gewalttätige Person ein elektronisches Armband oder eine elektronische Fussfessel tragen muss. Damit wird ihr Aufenthaltsort permanent aufgezeichnet. Die elektronische Massnahme darf für maximal sechs Monate angeordnet werden. Die überwachte Person muss die Kosten der Massnahme tragen.
Invalidenversicherung
Früherfassung, stufenloses Rentensystem, Geburtsgebrechen
Jugendliche und psychisch Erkrankte werden früher bei der IV angemeldet. Sie profitieren so von Massnahmen zur Integration. Für Neurenten wird ein stufenloses System eingeführt. Der IV-Grad wird neu prozentgenau erhoben. Für die Rentenhöhe kommt es somit auf jedes Prozent IV-Grad an. Aktuell wird die IV-Rente als Viertel, Halb-, Dreiviertel- oder Ganzrente ausgerichtet.
Für Kinder und Jugendliche finanziert die IV die medizinische Behandlung von bestimmten Geburtsgebrechen. Die Liste dieser Gebrechen wird aktualisiert. Leiden, die einfach behandelt werden können, übernimmt neu die Krankenkasse. Seltene Krankheiten werden dagegen von der IV übernommen.
Mehr Rechte für Versicherte
Ab 2022 gelten für alle Versicherungsverträge, die neu abgeschlossen werden, geänderte Regeln.
Widerrufsrecht
Wer eine Versicherung abschliesst, kann neu innerhalb von 14 Tagen vom Vertrag zurücktreten.
Falsche Angaben
Macht ein Versicherter beim Vertragsabschluss falsche Angaben, ist die Versicherung neu nicht mehr berechtigt, ihre Leistung vollständig zu verweigern. Sie darf diese nur so weit kürzen, wie die falschen Angaben den Eintritt oder den Umfang eines Schadens beeinflusst haben.
Kündigungsrecht
Verträge mit einer Laufzeit von fünf oder mehr Jahren können auf das Ende des dritten Jahres zum ersten Mal und danach jedes Jahr gekündigt werden. Dieses Recht hat auch die Versicherung. Bei Krankenzusatzversicherungen darf nur der Versicherte nach drei Jahren oder im Schadenfall kündigen. Und die Kündigung muss nicht mehr mit einem Brief und Unterschrift erfolgen – E-Mail, SMS oder Whatsapp genügen. Das Versicherungsunternehmen darf den Vertrag während der Laufzeit nicht vorzeitig auflösen.
Verjährungsfrist verlängert
Ab nächstem Jahr kann man Schäden bis fünf Jahre nach dem Schadenfall anmelden. Aktuell sind es zwei Jahre.
Direktes Forderungsrecht
Neu gibt es ein direktes Forderungsrecht für alle Haftpflichtversicherungen. Zurzeit gilt das nur bei der Motorhaftpflicht. Der Geschädigte kann also seinen Schaden selber bei der Versicherung des Schädigers anmelden.
Teilzahlungen
Bestreitet die Versicherung einen Teil ihrer Leistungspflicht, ist sie neu verpflichtet, ihre Leistung bis zur Höhe des unbestrittenen Betrags zu bezahlen. Damit soll das «Aushungern» des Versicherten verhindert werden.
Mehrfachversicherung
Sie kann zum Beispiel bei zwei Hausratversicherungen entstehen, wenn ein Paar zusammenzieht. Neu kann der Versicherte den später abgeschlossenen Vertrag innert vier Wochen seit der Entdeckung der Doppelversicherung kündigen.
Die neuen Regeln sind anwendbar auf Verträge, die im nächsten Jahr neu abgeschlossen werden. Für bereits bestehende Verträge gelten nur das neue Kündigungsrecht nach drei Jahren sowie die Möglichkeit, per E-Mail, SMS oder Whatsapp statt mit einem unterschriebenen Brief zu kündigen.