Ist die Wahrsagerin und Hellseherin Maria Duval eine Scharlatanin? Zieht sie Ahnungslosen viel Geld aus der Tasche für einen nutzlosen Talisman? Ist die Marke Duval Teil einer ­raffinierten Maschinerie, die mit unzähligen persönlichen Briefen verzweifelte Menschen in ganz Europa übers Ohr haut?

Bis zum heutigen Tag hätte ich jede dieser Fragen mit einem klaren «Ja» beantwortet.

Doch jetzt muss ich umdenken. Denn im neusten Schreiben von Maria Duval  wird zwar wie üblich ein hoher Geldgewinn im Aussicht gestellt, es heisst ­darin aber auch: «Ich befinde mich derzeit in ­China.» Eine der «einflussreichsten Persönlichkeiten Chinas» habe sie «speziell zu sich beordert», um sie «zu einem heiklen Problem zu befragen».

Potzblitz! Bekannt war bis jetzt nur, dass die chinesiche Regierung viele «heikle Probleme» hat. Dass sie dazu aber eine westliche Hellseherin befragt – das ist neu und recht über­raschend. Wie wird Duval das Smog-Problem in Peking lösen? Was rät die Hellseherin zum Umgang mit Dissidenten und Menschenrechten? Hat sie gar eine Lösung für die Tibet-Frage?

Nur ein Detail macht mir Sorgen. In ihren eigenen Prospekten schreibt Maria Duval, sie sei in einer ­aristokratischen Familie in Frankreich grossge-
worden. Hoffen wir, dass das die Kommunisten in Peking nie erfahren.