«Nicht gesetzeskonform»
Airlines wissen, wie man Kunden überlistet: Man gaukle in der Werbung Tiefstpreise vor und publiziere die Zuschläge so, dass sie kaum lesbar sind.
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K-Tipp 18/2005
02.11.2005
Gery Schwager - gery.schwager@ktipp.ch
Jürg Marquard legt sich mächtig ins Zeug: «Profitieren!», ruft er enthusiastisch, haut auf den roten Knopf und beschert den TV-Zuschauern so ein neues Spezialangebot der Swiss: Zürich-Chicago retour ab 699 Franken.
Marquard ist einer von zwölf Prominenten, die derzeit in Swiss-Werbespots als Glücksbringer amten. Ihr Job ist es, mit der Ziehung der «Swiss Specials» wöchentlich Sonderflüge anzupreisen.
Was diese «Specials» wirklich kosten, erfahren indes ...
Jürg Marquard legt sich mächtig ins Zeug: «Profitieren!», ruft er enthusiastisch, haut auf den roten Knopf und beschert den TV-Zuschauern so ein neues Spezialangebot der Swiss: Zürich-Chicago retour ab 699 Franken.
Marquard ist einer von zwölf Prominenten, die derzeit in Swiss-Werbespots als Glücksbringer amten. Ihr Job ist es, mit der Ziehung der «Swiss Specials» wöchentlich Sonderflüge anzupreisen.
Was diese «Specials» wirklich kosten, erfahren indes nur Zuschauer, die extrem gut sehen und extrem schnell lesen können. Grund: Die Zuschläge, die neben den marktschreierisch beworbenen Günstigtarifen ebenfalls zwingend zu bezahlen sind, werden nur ganz klein eingeblendet. Normalsterbliche sind beim Versuch, sie in der zur Verfügung stehenden Zeit zu lesen, hoffnungslos überfordert.
Dabei wäre es unerlässlich zu wissen, was man für Treibstoffzuschlag, Flughafentaxen und Servicegebühr zu bezahlen hat. Man könnte dann nämlich ausrechnen, dass zum Beispiel der erwähnte Chicago-Flug statt 699 Franken in Wirklichkeit 1016 Franken kostet.
Gleiches gilt für die Halloween-Plakate, mit denen die Swiss bis Ende Oktober für Retourflüge nach Boston, Miami, Los Angeles, Mumbai und Sao Paulo warb. Nur wer die Plakate in Ruhe aus der Nähe betrachtete, konnte darauf die winzig gedruckten Zuschläge erkennen.
Seco: Werbung ist «inakzeptabel»
Passanten und Autofahrer hingegen hielten die fragliche Textzeile wohl für eine dünne weisse Linie. Ihnen blieb verborgen, dass sich die auffällig präsentierten «Ab-Tarife» wegen der unten aufgeführten Zuschläge faktisch um 23 bis 53 Prozent verteuerten.
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hält man diese Art, auf Kundenfang zu gehen, für inakzeptabel. Das Amt hat die Einhaltung der Preisbekanntgabeverordnung (PBV) zu beaufsichtigen - und lässt der Reisebranche bei deren Auslegung gemeinhin viel Freiraum (siehe K-Tipp 5/05).
Die Swiss-Werbung aber bezeichnet das Seco gegenüber dem K-Tipp unmissverständlich als «nicht PBV-konform». Es kündigt an, die Behörden des in diesem Fall zuständigen Kantons Zürich einzuschalten.
Die Swiss selber indes glaubt, alle gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Man nehme zwar zur Kenntnis, dass es «für einige Konsumenten möglicherweise schwierig ist, aufgrund von Schriftgrösse und/oder Einblendzeit die Botschaft der Swiss-Werbung korrekt zu erfassen», sagt Sprecher Dominik Werner. Er argumentiert aber auch: «Unsere Preiswerbung entspricht mindestens den derzeit im Markt üblichen Preiswerbungen der Konkurrenz.»
British Airways wirbt mit ähnlichen Mitteln
Da ist etwas dran. In Presseinseraten geben andere Airlines die Tarifzuschläge ebenfalls nur ganz am Rande an - British Airways tat dies kürzlich in «20 Minuten» gar rekordverdächtig klein. Vielen Lesern dürfte entgangen sein, dass der angepriesene 80-Franken-Retourflug nicht unter Fr. 195.50 zu haben war.
Bei British Airways verweist man in diesem Fall auf «drucktechnische Gegebenheiten» und will künftig eine etwas besser lesbare Schriftgrösse verwenden. Gleichzeitig heissts rechtfertigend: «Die British-Airways-Inserate sind mit denen der Mitbewerber vergleichbar.» Die lauen Argumente offenbar auch.
Angabe in Euro genügt nicht
«9600 Euro» klingt nach weniger als «15 000 Franken». Doch es ist verboten, Preise nur in Euro anzugeben.
Auf dem Expeditionsschiff Hanseatic ins ewige Eis: Die «Coop-Zeitung» richtet für ihre Leserreise 2007 mit grosser Kelle an. Veranstal- terin des 23-tägigen Antarktis-Trips ist die Luzerner Background Tours AG. Begleitet werden die Reisenden von Prominenten wie TV-Journalist Erich Gysling und Wetterfrosch Thomas Bucheli.
In der günstigsten Kategorie kostet das ganze Paket 9610 Euro. Dass das rund 15 000 Franken sind, müssen sich Interessierte aber selber ausrechnen; Background Tours nennt in der Ausschreibung bloss EuroPreise.
Nur: Die Preisbekanntgabeverordnung des Bundes schreibt auch für Pauschalreisen Angaben in Schweizer Franken vor. Unter gewissen Bedingungen ist die doppelte Preisdeklaration in Franken und Euro erlaubt.
Ruedi Bless, Geschäftsführer von Background Tours, räumt ein, man habe bei der Anzeige «nicht im Detail abgeklärt, wie die geltenden Vorschriften lauten». Sollte die Reise ein weiteres Mal ausgeschrieben werden, «setzen wir auch die Franken-Preise mit ein».