Nicht jeder Wunsch ist den Hoteliers Befehl
Gastfreundlich und engagiert: Im Unterschied zu hiesigen Herbergen geniessen Österreichs Skiferienhotels viel Prestige. Doch Schweizer Hotels sind besser als ihr Ruf.
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K-Tipp 17/2003
15.10.2003
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Für Klaus Weiermair ist klar: Hoteliers, die sich nicht gebührend um die individuellen Wünsche ihrer Gäste kümmern, werden Schiffbruch erleiden. «Wir leben im Zeitalter der Individualisierung. Das muss auch die Tourismusbranche zur Kenntnis nehmen.»
Und noch etwas hebt der Professor am Zentrum für Tourismus und Dienstleistungswirtschaft der Universität Innsbruck mit Nachdruck hervor: «Im Urlaub hängt die Kundenzufriedenheit massgeblich ab von schönen Erlebnissen, die d...
Für Klaus Weiermair ist klar: Hoteliers, die sich nicht gebührend um die individuellen Wünsche ihrer Gäste kümmern, werden Schiffbruch erleiden. «Wir leben im Zeitalter der Individualisierung. Das muss auch die Tourismusbranche zur Kenntnis nehmen.»
Und noch etwas hebt der Professor am Zentrum für Tourismus und Dienstleistungswirtschaft der Universität Innsbruck mit Nachdruck hervor: «Im Urlaub hängt die Kundenzufriedenheit massgeblich ab von schönen Erlebnissen, die der Feriengast gar nicht erwartet hat. Was zählt, ist die positive Überraschung.»
Das kann Adrian Stalder aus eigener Erfahrung bestätigen. Stalder, heute Direktor im Park Hotel Delta in Ascona, hat bis vor kurzem das Hotel Saratz in Pontresina geleitet. Er weiss deshalb sehr gut, was Touristen in den Winterferien besonders am Herzen liegt - und wie sehr sie sich über «kleine» Aufmerksamkeiten freuen.
«Der "Entzückungsfaktor" ist enorm wichtig», erklärt Stalder. «Wenn es zum Beispiel in der Nacht vor der Abreise heftig geschneit hat, der Gast sein Auto aber bereits freigeschaufelt vorfindet, wird ihm das lange in Erinnerung bleiben.»
Solche Aufmerksamkeiten entsprechen ganz jenem Motto, das sich laut Stalder jedes Hotel auf die Fahnen schreiben sollte: Sorge dafür, dass sich jeder Kunde als etwas Besonderes fühlt. Nimm ihm Lästiges ab und biete einen Service, der über das Erwartete hinausgeht.
Stalder denkt dabei primär an kleinere Dienstleistungen wie Skipässe besorgen und Mietski reservieren. Sehr gut kämen auch Insider-Tipps etwa über aussergewöhnliche Pisten und Skirestaurants mit kurzen Wartezeiten an. «Und Eltern freuen sich natürlich ganz besonders, wenn das Hotel den Transport der Kinder in die Skischule und wieder zurück übernimmt.»
Kein einziges Hotel erfüllt alle Wünsche
Das klingt gut. Doch wie gross ist die Bereitschaft der Hotels, auf Sonderwünsche einzugehen, in der Praxis?
Der K-Tipp hat in einer Stichprobe 20 Drei-Sterne-Hotels in Österreich und in der Schweiz eine Buchungsanfrage für Skiferien in der dritten Februar-Woche 2004 gemailt. Bei 10 dieser Hotels (je fünf in Österreich und der Schweiz) erfolgte die Erkundigung für ein Ehepaar, bei den andern 10 Häusern für eine Familie mit zwei Kindern im Alter von 4 und 6 Jahren.
Die Anfragen enthielten eine Reihe von Sonderwünschen, die gemäss Adrian Stalder aktuelle, für Skiferien typische Gästebedürfnisse widerspiegeln. Konkret wurden alle 20 Hotels gefragt, ob sie bereit wären:
- die Wochenskipässe zu organisieren,
- in einem Sportgeschäft ein Paar Mietski und -schuhe zu reservieren,
- die Ski zu wachsen,
- bei Halbpension-Buchung die Kosten für einzelne Abendessen zurückzuerstatten, falls man mal auswärts essen möchte.
Die Familie erkundigte sich zudem in «ihren» 10 Hotels nach der Möglichkeit, die beiden Kinder in die Skischule bringen und von da abholen zu lassen. Und das Ehepaar wiederum wollte von «seinen» 10 Herbergen wissen, ob man ein einfaches, kostenloses Lunchpaket bekommen könnte, falls wetterbedingt vielleicht einmal ein längerer Spaziergang statt Skifahren angesagt sei.
Resultat: 4 der 20 Hotels (die drei österreichischen Häuser Palma in Lech am Arlberg, Jägerheim in Brand und Alpenglühn in Obergurgl sowie das Hotel Nolda in St. Moritz) hatten eine Woche nach der Anfrage noch keine Antworten geliefert. Und von den übrigen 16 Hotels vermag kein einziges allen fünf Sonderwünschen zu entsprechen.
Am besten schneidet das Sporthotel Mulin in Brigels ab. Es sagt immerhin viermal Ja und ist als Einziges der 10 von unserer Musterfamilie angefragten Häuser bereit, die Kinder von der Skischule abzuholen.
Damit wird auch deutlich, dass kundenfreundlicher Service nicht zwingend teuer sein muss. Das «Mulin» gehört mit einem Halbpensionspreis von 125 Franken pro Tag und erwachsener Person nämlich zu den günstigeren Herbergen in der K-Tipp-Stichprobe. Preiswerter sind nur die drei österreichischen Hotels Gletscherblick im Pitztal, Hubertus in Serfaus und Zimba in Schruns sowie das Glacier in Grindelwald, die zwischen 100 und 123 Franken verlangen.
Doch zurück zu den Sonderwünschen: Chancenlos ist man damit im Hotel Panorama auf der Bettmeralp. «Unser Hotel ist ein kleiner Familienbetrieb und wir würden keinem Ihrer aufgeführten Wünsche entgegenkommen können», heissts im Antwortschreiben knapp.
Gesamthaft indes stehen die Schweizer Herbergen in der Stichprobe nicht schlecht da. Hinter dem Sieger aus Brigels rangieren auf dem zweiten Platz nämlich die Hotels Parnass in Zermatt, Pischa in Davos und Alpina in Arosa. Sie alle erfüllen drei der fünf Wünsche und sind als Einzige neben dem «Mulin» willens, Mietski und -schuhe zu reservieren. Fast alle anderen Hotels begnügen sich in diesem Punkt mit einem höflichen Verweis an örtliche Sportgeschäfte.
«Es braucht echte Bereitschaft»
Gerade noch zwei der fünf Wünsche stossen im Hotel Central in Engelberg sowie den österreichischen Häusern Gletscherblick im Pitztal, Hubertus in Serfaus und Edelweiss in Kitzbühel auf offene Ohren. Die Hotels Tannenhof in St. Anton am Arlberg, Castello Falkner in Sölden, Zimba in Schruns, Neder in Ischgl (alle in Österreich), Bären in Adelboden, Gstaaderhof in Gstaad und Glacier in Grindelwald hingegen sind bloss einem Sonderwunsch gewogen.
Meist handelt es sich dabei um das Anliegen, trotz Halbpension einzelne Abendessen verlustfrei absagen zu können. Immerhin 10 aller 16 Herbergen sind aber auch bereit, Skipässe zu besorgen.
Ski wachsen allerdings will man nirgends; wenigstens geben einige Hotels an, wo man diesen Service beziehen kann. Und was schliesslich die Frage nach dem bescheidenen Lunchpaket betrifft, so ist ein solches zwar überall zu haben - im Hotelpreis inbegriffen ist es aber nur im «Edelweiss» in Kitzbühel.
Fazit: Die etwas spezielleren Wünsche lesen die meisten Hotels ihren Gästen nicht eben von den Lippen ab. Und dies, obwohl sie hier mit wenig Aufwand viel bewirken könnten. «Für den besonderen Service brauchts keine besondere Infrastruktur», sagt Adrian Stalder, «es braucht nur echte Dienstleistungsbereitschaft.»
Die Hotelpreise bleiben stabil
Sportferien in der Schweiz sind teuer. Immerhin: Die Chancen stehen gut, dass man im Februar 2004 fürs Hotel nicht mehr bezahlen muss als im Februar 2003.
Die Studie «Tourismusdestination Schweiz» kommt punkto Skiferien zu einem klaren Befund: Während der Hochsaison im Februar sind die Preise für sieben Hotelübernachtungen mit Halbpension in Österreich 23 bis 35 Prozent tiefer als in der Schweiz.
Das sind gewaltige Unterschiede. Allerdings stützt sich der im Auftrag des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft erarbeitete und vergangenen Juli publizierte Bericht auf die Preise vom Februar 2002. Heute dürften die Differenzen geringer sein.
Darauf deutet jedenfalls ein Vergleich des aktuellen Hotelplan-Katalogs «Ferien im Schnee» mit der Ausgabe vom letzten Winter hin. Der K-Tipp hat in diesem Katalog bei sämtlichen schweizerischen und österreichischen Unterkünften nachgerechnet, wie weit sich der Preis pro Person und Woche zwischen Februar 2003 und Februar 2004 unterscheidet.
Resultat: In Österreich gehen die kommenden Skiferien in praktisch allen der rund 70 Häuser stärker ins Geld als vor Jahresfrist. Die Aufschläge betragen mehrheitlich zwischen 1 und 10 Prozent.
Bei den gut 100 Schweizer Unterkünften hingegen ändert sich kaum etwas. Teurer werden die Februar-Wochen nur in 12 Hotels, in 10 Häusern nächtigt man 2004 gar günstiger als 2003.
Ein Blick auf das Beispiel Grindelwald im Berner Oberland, wo sich die Hotelpreise 2003 und 2004 im Internet bequem miteinander vergleichen lassen, bestätigt diesen Trend. Auch in Grindelwald hält eine klare Mehrheit der klassierten Hotels in der Hochsaison des kommenden Winters an den Vorjahrespreisen fest. Bloss 11 der 45 Häuser nehmen Anpassungen nach oben vor.
Für Preisaufschläge auf breiter Front besteht in der Schweiz - wenigstens nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage - auch kein Grund. Laut Bundesamt für Statistik befindet sich die Zahl der Winter-Logiernächte in Schweizer Hotels nämlich im Sinkflug: Zwischen November 2002 und April 2003 zählte das Amt noch 13,95 Millionen Logiernächte - das sind 1,14 Millionen oder 7,5 Prozent weniger als im Winterhalbjahr 2000/2001.
Sind Sie der Ansicht, dass Hotels Sonderwünsche ihrer Gäste ohne Aufpreis erfüllen sollten? Antworten Sie auf www.ktipp.ch.