Die ursprüngliche Heimat der Chenin-blanc-Traube ist das französische Loire-Tal. Heute befinden sich die grössten Anbauflächen aber in Südafrika, wo die Traube auch Steen genannt wird. Dort wird heute rund zweimal so viel Chenin blanc angebaut wie in Frankreich. Halten die Winzer den Ertrag klein, entwickeln sich angenehme Aromen von Honigwürze, Apfel und Birne. Solche Weine können auch nach gelbfleischigen Früchten wie Quitten riechen und schmecken. Strebt der Winzer hingegen nach hohem Ertrag, ergeben sich zwar erfrischend säuerliche, aber recht geschmacksneutrale, wässrige Weissweine.
Die K-Tipp-Fachjury hat zwölf verschiedene Chenin-blanc-Weine von Grossverteilern und Weinhändlern blind degustieren lassen – neun aus Südafrika und drei aus Frankreich. Der Flaschenpreis lag zwischen Fr. 2.95 und Fr. 19.50.
Kein Tiefgang, unangenehme Aromen
Ergebnis: Nur die zwei Südafrikaner «Simonsig» und «Man Free-run Steen» erhielten die Gesamtnote «gut». Die Experten entdeckten bei diesen «ansprechenden, saftigen Weinen angenehme Aromen von Blüten und Apfel».
Auch die anderen degustierten Weine waren in der Regel korrekt hergestellt. Die geschmackliche Qualität bezeichnete die Jury aber bei fast der Hälfte als «einfach und langweilig». Der südafrikanische «Oldenburg» zeigte keinen Tiefgang, und die Degustierer stellten auch unangenehme Aromen von Zwiebeln, saurer Milch oder Essig fest. Er schnitt deshalb ungenügend ab. Der Händler Kapweine sagt gegenüber dem K-Tipp, Degustationen seien subjektiv – und verweist auf internationale Prämierungen.
Beim französischen Chenin blanc von Marc Brédif rochen beide geöffneten Flaschen deutlich nach Kork. Weinhändler Riegger bedauert «diesen groben Fehler».
Ein schlechtes Gewissen muss man bei einem Glas südafrikanischem Wein übrigens nicht haben: Weine aus Übersee stehen punkto Ökobilanz nicht schlechter da als europäische Weine. Denn ausländische Weine werden oft mit weniger Maschinen- und Pestizdeinsatz produziert, weil die klimatischen Bedingungen für den Anbau günstiger sind. Laut Studien hat dies einen grösseren Einfluss auf die Ökobilanz als die Länge des Transportwegs (K-Tipp 16/2016). Hinzu kommt: Weine aus Übersee werden oft relativ umweltschonend per Schiff und Bahn transportiert. Europäische Weine dagegen kommen oft mit Lastwagen in die Schweiz.
Die K-Tipp-Fachjury
Die Jury hat die Weine wie immer blind degustiert und anhand der gebräuchlichen 20-Punkte-Skala benotet. Für den K-Tipp degustierten folgende Experten:
- Ursula Geiger, Önologin, Redaktorin «Vinum»
- Hans Georg Babits, Weinakademiker
- Rudolf Trefzer, Experte für Ess- und Trinkkultur bei Radio SRF 1
- Andrin Willi, Gastro- und Weinjournalist
- Andreas Keller, Inhaber Presse- und Eventagentur für Wein