Davut Karan aus Hinwil ZH ist auf ein Auto angewiesen. Er arbeitet im Aussendienst für eine Krankenkasse. Anfang Jahr brauchte der 50-Jährige dringend einen neuen Wagen und stiess auf dem Internet-Marktplatz Autoscout24.ch auf ein Inserat der Dr1ve GmbH mit Sitz in Lüsslingen SO. Sie bot einen 12-jährigen Mercedes Benz C180 CGI an, «Top Zustand» für 9900 Franken.
Bei der Probefahrt schien der Wagen in Ordnung zu sein, deshalb schlug Karan zu. «Etwas mulmig war mir schon zumute», sagt er dem K-Tipp. Denn im Kaufvertrag schloss der Verkäufer die gesetzliche Garantie für den Mercedes mit Tachostand 139'000 Kilometern aus.
Karan liess sich schliesslich vom Kauf überzeugen, weil der Verkäufer für 300 Franken eine einjährige Garantieversicherung von «Mobile Garantie» für ihn abschloss.
Bestehende Schäden nicht versichert
Karan kam mit dem Gebrauchtwagen nicht weit: Nach rund einer Woche und ungefähr 600 Kilometern überhitzte sich der Motor. Eine Kontrolle in der Garage ergab: Die Zylinderkopfdichtung und allenfalls der Zylinderkopf waren defekt. Karan rügte das beim Verkäufer, und die Garage meldete die Schäden der Garantieversicherung.
Karan versuchte zuerst, die Dr1ve GmbH zur Rücknahme des defekten Fahrzeugs zu bewegen. Doch ohne Erfolg. Die Firma sagt dem K-Tipp, das Fahrzeug sei intern und kurz vor dem Verkauf bei der Motorfahrzeugkontrolle überprüft worden. Dabei sei kein Schaden festgestellt worden.
Ein neutraler technischer Gutachter kam zum Schluss, dass solche Schäden «nicht von heute auf morgen entstehen, sondern sich schleichend entwickeln». Die Reparaturkosten schätzte er auf 5000 bis 8500 Franken. Laut Gutachter kann der Verkäufer nichts vom Schaden gewusst haben, wenn ihm der weisse Rauch aus dem Auspuff nicht aufgefallen sei.
Der Verkäufer zahlte Karan 500 Franken an den Schaden. Von der Garantieversicherung Mobile Garantie AG mit Sitz in Dietlikon ZH erhielt er keinen Rappen. Sie berief sich auf das Gutachten und stellte sich auf den Standpunkt, der Mangel habe bereits bei Versicherungsabschluss bestanden und sei deshalb nicht versichert.
Immerhin erklärte sich Karans Rechtsschutzversicherung Orion bereit, ihm 2500 Franken zu bezahlen. Einen Prozess gegen den Verkäufer erachtete sie aufgrund des Gutachtens als wenig erfolgversprechend.
Viel Geld für wenig Leistung
Dass Karans Garantieversicherung nicht zahlte, erstaunt nicht, wenn man das Kleingedruckte liest. Die Deckung «Basis» versichert nur Teile des Motors und des Getriebes. Keine Garantie hingegen besteht etwa für den Achsenantrieb, das Kühl- oder Sicherheitssystem, die Abgasanlage und die Bremsen. Und die maximale Leistung ist auf 4000 Franken beschränkt, ab 100'000 gefahrenen Kilometern muss der Versicherte sogar noch 60 Prozent der Materialkosten selber zahlen.
Auch die Quality1 AG, Suissefox und Realgarant verkaufen Garantieversicherungen. Auch hier ist die Leistung auf wenige Bauteile beschränkt, die Schadenssumme begrenzt, und bei älteren Autos tragen Versicherte den Grossteil der Materialkosten selber.
Verschleiss- und reparaturanfällige Teile sind in solchen Garantieversicherungen also oft nicht gedeckt. Und es besteht immer die Gefahr, dass die Versicherer behaupten, der Schaden habe schon beim Abschluss der Versicherung bestanden. Deshalb helfen solche Garantieversicherungen den Käufern von Occasionswagen kaum. Diese sind gut beraten, auf einer mindestens einjährige Garantie durch den Verkäufer zu beharren.
Occasionsautos beim TCS prüfen lassen
Eine weitere Möglichkeit, sich gegen teure Reparaturen abzusichern, bietet der Touring-Club Schweiz (TCS) an: Er überprüft Occasionen vor dem Kauf. Der «TCS-Occasions-Test» kostet je nach Durchführungsort für Mitglieder zwischen 120 und 220 Franken und für Nicht-Mitglieder zwischen 210 und 290 Franken. Seit Anfang 2022 kann man beim TCS nach einem Occasionstest auch eine Garantieversicherung für bestimmte Teile abschliessen. Von der Deckung ausgeschlossen sind nur beim Test festgestellte Mängel.
Die Basis-Deckung der TCS-Fahrzeuggarantie kostet zwischen 279 und 449 Franken pro Jahr für Mitglieder und zwischen 310 und 499 Franken für Nichtmitglieder. Sie ist für bis zu zehn Jahre alte Fahrzeuge mit maximal 200'000 Kilometern erhältlich. Gedeckt sind Teile des Motors, des Schalt- und Automatikgetriebes sowie des Achsengetriebes.
Die Leistung pro Police ist aber auch hier bescheiden: Sie ist auf 3000 Franken beschränkt, ab 100'000 Kilometern trägt der Versicherte 60 Prozent der Materialkosten selber. Mit der Premiumdeckung sind zwar mehr Teile und hundert Prozent der Arbeits- sowie Materialkosten bis zu 15'000 Franken gedeckt. Das hat mit 499 bis 1945 Franken pro Jahr allerdings einen stolzen Preis.
Das sollten Sie beim Kauf eines Gebrauchtwagens beachten
- Überprüfen Sie den aktuellen Wert des Fahrzeugs. Das kostet bei Eurotax Fr. 7.50 (ldr-wli-ch.eurotax.com) oder auf der Wertvermittlungsplattform www.auto-i-dat.ch Fr. 4.–.
- Lassen Sie das Auto vor dem Kauf professionell überprüfen, zum Beispiel mit dem TCS-Occasions-Test.
- Kontrollieren Sie den Kilometerstand am Tacho, in den Service- und Abgasdokumenten.
- Beharren Sie auf einer Garantie durch den Verkäufer. Das ist wichtiger als grosszügige Rabatte oder irgendwelche Extras.
- Halten Sie mündliche Abmachungen im Kaufvertrag schriftlich fest.
- Kaufen Sie nicht, wenn nur beschränkte Garantien auf Motor und Getriebe gewährt sind.
- Ohne vertragliche Abmachung gilt die gesetzliche Garantie von zwei Jahren. Bei Mängeln hat der Käufer das Recht auf Preisminderung oder sogar Rückgabe des Autos.
- Reklamieren Sie bei Mängeln sofort – aus Beweisgründen mit einem eingeschriebenen Brief.