Online-Singlebörsen: Masse statt Klasse
«Die grosse Liebe finden. Garantiert.» Internet-Singlebörsen werben mit vollmundigen Versprechen. Doch die Erfolgsaussichten sind kaum besser als in der realen Welt.
Inhalt
K-Tipp 3/2006
08.02.2006
Vera Sohmer - vera.sohmer@ktipp.ch
Als zeitgemäss und unkompliziert wird die Partnersuche im Internet angepriesen. Bereits versuchen schätzungsweise einige 100 000 Schweizer Singles ihr Glück im Netz. Doch wie gut stehen die Chancen tatsächlich, per Mausklick den richtigen Partner zu finden?
Drei Singles testeten für den K-Tipp mehrere Monate lang Internet-Kontaktbörsen. Die Singles gaben dazu auf den Plattformen je eine Anzeige auf und warteten auf Angebote. Sie schrieben aber auch selbst auf Annoncen, die s...
Als zeitgemäss und unkompliziert wird die Partnersuche im Internet angepriesen. Bereits versuchen schätzungsweise einige 100 000 Schweizer Singles ihr Glück im Netz. Doch wie gut stehen die Chancen tatsächlich, per Mausklick den richtigen Partner zu finden?
Drei Singles testeten für den K-Tipp mehrere Monate lang Internet-Kontaktbörsen. Die Singles gaben dazu auf den Plattformen je eine Anzeige auf und warteten auf Angebote. Sie schrieben aber auch selbst auf Annoncen, die sie ansprachen (siehe Erlebnisberichte).
Die Portale achten auf Seriosität
Die Bilanz fällt ernüchternd aus: Solo sind alle drei geblieben. Offerten bekamen die Testpersonen zwar viele, doch bemängelten insbesondere die beiden Frauen, dass sich viele Männer meldeten, die nicht zu ihren Suchkriterien passten. Skepsis blieb auch bei der «Passgenauigkeit» der vorgeschlagenen Partner, mit der die Plattform Parship wirbt. Als Grundlage dafür dient ein «wissenschaftlicher Persönlichkeitstest» - er ist Voraussetzung, um andere Singles kontaktieren zu können. Dazu der männliche Test-Single: «Ich konnte nicht einschätzen, wie fundiert die Auswertung ist.» Und die Vorauswahl per Computer-Abgleich habe ihn eher abgeschreckt, Frauen zu schreiben.
Was nach Ansicht der drei Singles für die Portale spricht: Sie scheinen auf eine gewisse Seriosität zu achten. Keine einzige Zuschrift sei aus der Schmuddelecke gekommen. Martin Dobner von Parship betont, dass jeder Eintrag auf «Reizwörter» geprüft werde. Fänden sich sittenwidrige, obszöne oder beleidigende Passagen, werde die Annonce zensiert oder gelöscht.
«Hinter den meisten Anzeigen stehen anständige Menschen mit ernsthaften Absichten», ist Markus Tschannen von Swissflirt überzeugt. Aber: Es komme vor, dass Betrüger die Plattformen nutzten, beispielsweise, um andere mit gefälschten Kontaktanzeigen (Fakes) hinters Licht zu führen. Zwar werde kontrolliert, aber: «Wir können nicht die ganze Kommunikation unter den Benutzern überwachen.» Tschannen rät, auch beim Online-Flirt eine gesunde Portion Misstrauen zu bewahren.
Preise der getesteten Portale:
- www.swissflirt.ch: 70 Rappen pro Kontaktaufnahme oder 6.90 Franken pro Monat
- www.partnerwinner.ch: ab 29 Franken für zwei Monate
- www.match.com: 39.95 Franken pro Monat
- www.friendscout24.ch: 39.95 Franken pro Monat
- www.parship.ch: 285 Franken für ein Halbjahres-Abo
Worauf Sie beim Online-Flirt achten müssen
- Die Single-Portale funktionieren alle nach einem ähnlichen Prinzip: Wer sich die Annoncen anschauen will oder selber eine aufgeben möchte, kann dies gratis tun. Andere Singles zu kontaktieren, ist kostenpflichtig.
- Wer auf einem Single-Portal aktiv wird, tut dies anonym über das interne Mailsystem des Anbieters. Die Nutzer können selbst entscheiden, wann sie sich zu erkennen geben. Die Partneragentur Parship empfiehlt: «Gehen Sie behutsam vor, und geben Sie Ihre Anonymität erst dann auf, wenn Sie Vertrauen zu Ihrem Flirtpartner gefasst haben.»
- Vorsicht: Anonymität kann Betrüger auf den Plan rufen. Bleiben Sie skeptisch, um nicht auf falsche Identitäten hereinzufallen. Reagieren Sie nicht auf Kontaktanfragen mit teuren 0900er-Telefonnummern oder über kostspielige SMS.
- Auf den Plattformen stellt sich jeder Single mit einem Steckbrief vor. Das Credo hier: Seine Vorzüge herausstreichen, aber immer ehrlich bleiben. Ohne Bild, das haben die K-Tipp-Testsingles bestätigt, läuft kaum etwas. Deshalb eine möglichst aktuelle Porträtaufnahme bereithalten.
- Beim ersten Treffen niemanden gleich in die eigene Wohnung einladen oder zu Hause besuchen. Treffen Sie sich an belebten öffentlichen Plätzen, etwa in einem Café.
Erlebnisberichte der drei Test-Singles
Sonja Lang* (56), Kosmetikerin aus Killwangen AG.
Testete Partnerwinner und Swissflirt
Anfragen bekam ich jede Menge, doch viele haben mich enttäuscht: Die Mails waren teils lieblos verfasst, sie hatten kein Niveau, haben mich einfach nicht angesprochen. Oft bekam ich Zuschriften von Männern, die nicht meinen Vorstellungen entsprachen. Und das, obwohl ich exakte Angaben zu meinen Interessen gemacht hatte. Die Anfragen von Partnerwinner haben mir insgesamt besser gefallen als jene von Swissflirt.
Ein vertiefter Austausch per Mail ist nie entstanden. Mir ist es lieber, bald zu telefonieren. Ich habe mich öfter verabredet, es ergaben sich gute Gespräche, und ich konnte sogar einige Freundschaften schliessen.
Obwohl ich jetzt einen neuen Anlauf nehme und mein Glück auf Parship probiere, gebe ich mich keiner Illusion hin: Es ist auch per Online-Kontaktbörse schwierig, den Richtigen zu finden. Die Chancen sind gleich gut oder schlecht wie im richtigen Leben. Man sollte deshalb die Erwartungen nicht zu hoch schrauben.»
*Namen geändert
Peter Fritschi* (30), Rechtsanwalt aus Zürich.
Testete Friendscout24, Match.com, Parship, Partnerwinner, Swissflirt
Zu Beginn fand ich es spannend, auf Anfragen zu antworten und mir die Porträts der Frauen anzuschauen. Beim Mailen war nach dem ersten Smalltalk aber meist die Luft raus. Wahrscheinlich ist es schwierig, mit einem Menschen über Tiefgründiges zu philosophieren, den man nicht kennt. Ich vermute, dass auf den Plattformen häufig ein gewisses Abgrasen betrieben wird nach dem Motto: zehn Mails auf einmal verschicken und erst einmal die Chancen ausloten.
Auf Dauer fand ich die ewige Schreiberei ermüdend. Mir ist der persönliche Eindruck extrem wichtig, und es ging mir zu lange, bis ich ein Treffen vereinbaren konnte. Ich hatte drei Dates, es knisterte aber nicht.
Match.com und Friendscout24 waren meine Favoriten, die Kontaktaufnahme ging einfach und schnell. Parship hingegen war mir zu schwerfällig. Dass ich auf den Plattformen wieder aktiv werde, glaube ich nicht. Ich bin von der alten Schule, bei der Suche per Mausklick fehlt mir die Romantik.»
Yvonne Zahn* (50), Buchhalterin aus Basel.
Testete Match.com, Parship, Partnerwinner, Swissflirt
Mir bereitet diese Form des Kennenlernens grosse Mühe. Es geht jede Spontaneität verloren. Und die Vorstellung, dass ein mehr oder weniger gutes Computerprogramm die Vorauswahl trifft, wer am besten zu mir passen soll, ist mir unheimlich.
Viele Anfragen und Vorschläge haben mich nicht überzeugt. Vermutlich hing es auch damit zusammen, dass ich mich selbst auf den Plattformen meist nur rudimentär beschreiben konnte. Das führte offenbar zu Missverständnissen. Ich gab zum Beispiel an, gerne mit meinem Hund spazieren zu gehen. Daraufhin meldeten sich eine Reihe von supersportlichen Typen - dabei treibe ich kaum Sport.
Speziell bei Partnerwinner hat mich irritiert, dass sich hier alle möglichen Leute zu tummeln scheinen: Solche, die unverbindliche Flirts suchen, ebenso wie Leute, die an einer ernsthaften Beziehung interessiert sind.
Nach längerem Zögern habe ich mich ein einziges Mal verabredet. Ich fand das Date aber eher langweilig.»