Passagierrechte gelten auch für Übersee

Fluggesellschaften müssen bei Annullierungen und grossen Verspätungen eine Entschädigung zahlen. Das gilt auch für Langstreckenflüge.

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K-Tipp 19/2012

09.11.2012

Letzte Aktualisierung:
12.11.2012

Beatrice Walder K-Tipp

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Schweizer Flugpassagiere können sich seit 2006 auf die EU-Verordnung über Fluggastrechte berufen. Sie sichert Passagieren eine Entschädigung bis 725 Franken zu, wenn die Airline zum Beispiel einen Flug kurzfristig annulliert. Eine solche Zahlung ist laut Europäischem Gerichtshof auch für Verspätungen ab drei Stunden zu entrichten.

Gestützt darauf verlangte ein Passagier von der Swiss 725 Franken, weil sein Flug von Zürich nach Brasilien rund neun Stunden Verspätung hatte. Doch das Zivilgericht Basel-Stadt wies seine Klage im Mai mit einer kuriosen Begründung ab: Die EU-Verordnung gelte nur für Flüge zwischen der Schweiz und der EU, nicht jedoch für Flugverbindungen in andere Länder. Das Urteil blieb unangefochten und wurde rechtskräftig.

«Das ist peinlich für ein Gericht»

Für den St. Galler Privatrechtsprofessor und Reiserechtsexperten Vito Roberto ein klares Fehlurteil: «Das Gericht hat offenbar den Anhang des Flugverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU übersehen.» Dort steht, dass die Fluggastrechte der EU genauso für die Schweiz gelten – und somit auch für Überseeflüge. «Das ist peinlich für ein Gericht am Sitz der nationalen Fluggesellschaft», so Roberto. Er kritisiert auch, dass sich das Gericht einzig auf die Lehrmeinung von Regula Dettling-Ott abstützt. Sie ist Flugrechtsprofessorin an der Uni Bern und seit 2005 für die Swiss sowie seit 2010 für die Lufthansa tätig – und somit alles andere als neutral.

Auch das Bundesamt für Zivilluftfahrt teilt die Folgerungen des Basler Gerichts nicht. Es wies die Schweizer Airlines und Flughäfen mit einem Rundschreiben darauf hin, dass die EU-Verordnung auch für Flüge in Nicht-EU-Staaten gilt und Verstösse mit bis zu 20 000 Franken bestraft werden.

Die Swiss teilt «in rechtlicher Hinsicht die Ansicht des Zivilgericht Basel-Stadt». Um die Passagiere gleich zu behandeln, werde man «aus Kulanz» auch bei Langstreckenflügen Ausgleichszahlungen leisten. Ob der Kläger aus Brasilien eine Entschädigung erhalten hat, wollte die Swiss nicht sagen.

Annulierungen und Verspätungen: So fordern Sie Ihre Rechte ein

Die Rechte von Passagieren bei stark verspäteten, annullierten oder überbuchten Flügen regelt die EU-Verordnung über Fluggastrechte. Sie gilt auch in der Schweiz. Details finden Sie im K-Tipp-Merkblatt «Das Wichtigste zum Reiserecht». Zu finden unter www.ktipp.ch.
Fordern Sie die Entschädigung bei der Airline ein. Zahlt sie nicht, können Sie sich bei Flügen ab der Schweiz bzw. bei Flügen mit einer Schweizer oder EU-Airline in die Schweiz ans Bundesamt für Zivilluftfahrt wenden: Tel. 031 325 95 96, E-Mail: passengerrights@bazl.admin.ch
Weigert sich die Airline weiterhin, können Konsumenten Klage an ihrem Wohnort oder beim Schweizer Sitz der Fluggesellschaft einreichen. Im Fall der Swiss ist das Basel.
Es gibt auch Inkassofirmen, die Passagieren beim Eintreiben der Entschädigung helfen. Flightright.de wird zum Beispiel auch für Schweizer Passagiere tätig. Im Erfolgsfall behält Flightright 29,75 Prozent der Entschädigung. Auf Anfrage bestätigt Flightright.de, auch bei Annullierungen und grossen Verspätungen von Langstreckenflügen Entschädigungen einzufordern.

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