Eigentlich sind die Ärzte und Spitäler schon seit Mitte 2007 verpflichtet, ihren Patienten eine Kopie der vollständigen Rechnung zu schicken. Zahlreiche Ärzte und Spitäler missachteten diese gesetzliche Pflicht. Sie schickten Rechnungen lediglich an die Krankenkasse des Patienten. Diese bezahlte meist, ohne beim Versicherten nachzufragen, ob die in Rechnung gestellten Behandlungen tatsächlich durchgeführt wurden und er die berechneten Medikamente erhalten habe.
Der Krankenkassenverband Santésuisse schätzt, dass Ärzte und Spitäler jedes Jahr Leistungen im Umfang von rund drei Milliarden Franken ungerechtfertigt in Rechnung stellen. Der Krankenversicherungsverband Curafutura, dem die Kassen CSS, Helsana, KPT und Sanitas angehören, gibt an, man spare durch «konsequente Rechnungsprüfung» pro Jahr 1,5 bis 2 Milliarden Franken ein. Im Jahr 2021 erzielte die Assura dank Rechnungskontrolle Einsparungen in der Höhe von 276 Millionen, bei der Groupe Mutuel waren es 561 und bei der Visana 493 Millionen Franken.
Patient weiss am besten, was Sache ist
Könnten auch die Patienten ihre Rechnungen stets genau kontrollieren, liessen sich die Ausgaben der Krankenkassen zusätzlich senken («Saldo» 15/2019). Denn mit der automatisierten Prüfung der Rechnungen durch die Krankenkassen lässt sich nicht beurteilen, ob die berechnete Leistung tatsächlich erbracht wurde. Nur der Patient weiss, wie oft er beim Arzt war, wie lange die Konsultation gedauert und welche Medikamente er erhalten hat.
Deshalb hat das Parlament im Krankenversicherungsgesetz per Anfang Jahr die Schraube angezogen: Ärzte und Spitäler müssen fortan dem Versicherten «unaufgefordert eine Kopie der Rechnung übermitteln, die an den Versicherer geht». Andernfalls droht ihnen eine Busse bis zu 20 000 Franken.
Im Gesetz steht zwar weiter: «Die Übermittlung der Rechnung an den Versicherten kann auch elektronisch erfolgen.» Laut Bundesamt für Gesundheit darf die Zustellung jedoch nur dann auf diesem Weg erfolgen, wenn der Patient damit einverstanden ist. Das bestätigt der Ärzteverband FMH. Und: Die Papierrechnung darf gemäss Bundesamt nichts kosten.
Nicht alle Ärzte halten sich an die Vorgaben des Bundes, wie mehrere Leser dem K-Tipp meldeten. So erhielt etwa Alfred Hefti (Name geändert) aus Zumikon ZH Mitte Januar ein E-Mail der Medidoc Health AG mit Sitz in Hünenberg ZG. Darin hiess es: «Ihnen wurde per Medidoc elektronisch eine Rechnungskopie zugestellt.» Diese stammte von Heftis Hausarzt, den er Anfang Jahr konsultiert hatte. Hefti hätte sich im Internet bei Medidoc registrieren und das Kleingedruckte akzeptieren müssen, um die Rechnungskopie anschauen zu können. Hefti reklamierte deshalb bei seinem Hausarzt. Künftig erhält er seine Rechnungen nun auf Papier.