Pensioniert – aber die Kasse zahlt nicht

Fast zwei Jahre lang sind zwei Rentner nun schon pensioniert. Doch auf einen Teil ihres Pensionskassengelds warten sie heute noch.

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K-Tipp 09/2010

01.05.2010

Letzte Aktualisierung:
04.05.2010

Ernst Meierhofer

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Es war, als hätte er das Unheil kommen sehen. Im Januar 2007 schrieb Paul M. aus der Region Bern seiner Pensionskasse Axa-Winterthur einen besorgten Brief. «Ich weiss, dass mein Arbeitgeber seine Beiträge nicht mehr einzahlt. Wird sich das negativ auf meine Rente oder meinen Kapitalbezug auswirken?» Paul M. arbeitete damals bei der Schaerer Mayfield Schweiz AG in Münsingen BE und stand 16 Monate vor seiner ordentlichen Pensionierung.

Die Antwort der Pensionskasse beruhigte ihn. Seine Rente sei gesichert, und die Pensionskasse werde schon dafür sorgen, dass sie ihr Geld vom Arbeitgeber bekomme. Wörtlich: «Ein Rückstand bei der Beitragszahlung seitens der Firma hat auf ihre bevorstehende Pensionierung keinen Einfluss, da die Firma unser Vertragspartner ist und Ausstände auf dem Inkassoweg bei der Firma eingefordert werden.»

Doch Mahnungen und Betreibungen brachten nichts – und deshalb kündigte die Axa-Winterthur den Anschlussvertrag mit der Schaerer Mayfield auf Ende Februar 2008. Und deswegen musste das bestehende Schaerer-Mayfield-Vorsorgewerk auf diesen Zeitpunkt liquidiert werden.

Anschliessend waren die Angestellten bei einer Auffanggesellschaft tätig und ohne Unterbruch bei der Swiss Life pensionskassenversichert. Demnach hätte die Axa-Winterthur das Geld der Angestellten an die Swiss Life überweisen müssen – und genau hier liegt der Hund begraben.

Überobligatorischer Teil blockiert

Nur drei Monate später – also Ende Mai 2008 – wurde Paul M. pensioniert; er wünschte die Barauszahlung seines Alterskapitals. Doch von seiner Pensionskasse (jetzt die Swiss Life) erhielt er vorläufig nichts, weil die Swiss Life ihrerseits sein Freizügigkeitsgeld von der Axa-Winterthur noch nicht erhalten hatte.

Erst fünf Monate nach Paul M.s Pensionierung konnte die Axa-Winterthur Gelder an die Swiss Life überweisen. Der Pensionär konnte jetzt immerhin über einen Teil seines Anspruchs verfügen – über rund 248'000 Franken. Das entspricht seinem obligatorischen Guthaben gemäss Gesetz. Sein überobligatorischer Teil hingegen – das sind rund 348'000 Franken – ist bis heute teilweise blockiert.

«Da ist doch etwas faul im System»

«Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass so etwas passieren kann oder darf», klagt Paul M. «Da ist doch etwas faul im System.» Ähnlich geht es seinem ehemaligen Betriebskollegen Kurt S. aus dem Raum Solothurn: Er wurde Ende Juni 2008 pensioniert und erhielt erst sechs Monate später sein Obligatorium von rund 246‘000 Franken ausbezahlt. Von seinem restlichen, überobligatorischen Anspruch von zirka 127‘000 Franken hat er bis heute nicht alles erhalten – fast zwei Jahre nach seiner Pensionierung.

Der Grund: In der Zwischenzeit ist der ehemalige Arbeitgeber der beiden Pensionäre praktisch pleite gegangen, und ein Sachwalter muss einen sogenannten Nachlassvertrag ausarbeiten. Er ist immer noch an der Arbeit – und es dauert noch eine Weile, bis der Vertrag mit allen Gläubigern steht und die noch vorhandenen Gelder an die Gläubiger verteilt werden können.

Immerhin: Der Sicherheitsfonds BVG, der bei Kassenpleiten einspringt, hat einen Vorschuss gezahlt – allerdings erst im November 2009. Ende April 2010 hat also Pensionär Kurt S. die Hälfte seines Restguthabens erhalten. Auf die andere Hälfte wartet er immer noch.

Langfristig haben die Rentner gute Chancen

Hätte Kurt S. bei seiner Pensionierung die Rente gewählt, so erhielte er bis heute nur eine stark gekürzte Pension. Sein Kollege Paul M. ist insofern besser dran, als er im Januar 2010 von der Swiss Life einen Rentenvorschuss erhalten hat – dies aber nur, weil er selber einen Teil seiner ersten Kapitalauszahlung an die Swiss Life zurücküberwiesen hat.

Die Chance ist aber sehr gross, dass die beiden Rentner ihr Geld dereinst vollständig bekommen. Denn ein Nachlassvertrag kann nur zustande kommen, wenn alle Erstklass-Gläubiger ihr Geld zu 100 Prozent erhalten. Das dürfte im Fall der Schaerer Mayfield Schweiz AG passieren – und dann bekommt auch die Axa-Winterthur alle ausstehenden Prämienbeträge – und dann erhalten wiederum die Pensionäre und alle übrigen Angestellten ihr Geld.

Für die übrigen ehemaligen Angestellten der Schaerer Mayfield Schweiz AG ist die Sache einigermassen glimpflich abgelaufen. Ihr Freizügigkeitsgeld wird zwar zum Teil ebenfalls mit grosser Verspätung von der Axa-Winterthur an die Swiss Life übertragen, doch entsteht ihnen dadurch kein Zinsverlust.

Aber: Hätte einer dieser Angestellten in der Zwischenzeit Pensionskassengeld für den Kauf eines Eigenheims benötigt, so wäre ein solcher Vorbezug nicht in der gewünschten Höhe möglich gewesen.

Der Sicherheitsfonds zahlt – aber nicht alles

Bei Firmenpleiten sind die Löhne der Angestellten bis 123‘120 Franken versichert. Es kommt immer wieder vor, dass Pensionskassen pleitegehen, weil ein Arbeitgeber die Beiträge zwar von den Angestellten kassiert, sie aber nicht einzahlt. Dann springt der Sicherheitsfonds BVG ein – und zwar für obligatorische und überobligatorische Leistungen. Versicherte sollten also bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers oder der Pensionskasse kein Altersgeld verlieren.

Jedes Jahr landen über 2000 solche Fälle beim Sicherheitsfonds. Grossverdiener erhalten aber nicht alles, falls ihre Pensionskasse in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Es sind nur Jahreslöhne bis 123 120 Franken versichert (Stand 2010).

Übrigens: Die Pensionskassen sind verpflichtet, die Vorsorgekommission und damit die Angestellten zu informieren, falls der Arbeitgeber mit der Prämienzahlung in Verzug ist.

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