Für einen 70-jährigen Rentner aus Savièse VS ist es eine bittere Pille: Wegen einer Änderung im Reglement seiner Pensionskasse muss er die ganze Finanzplanung auf den Kopf stellen. Ende 2020 brachte er eine komplizierte Scheidung hinter sich. Daraufhin fragte er bei der Pensionskasse Hotela nach der Höhe seiner Altersrente. Er hatte vor, wieder zu heiraten.
Deshalb erkundigte er sich auch, was seine neue Partnerin erhalten würde, wenn er vor ihr sterben würde. Antwort: In diesem Fall bekäme seine hinterbliebene Gattin weiterhin 60 Prozent seiner monatlichen Altersrente von 4110 Franken. Das ergab also eine Witwenrente von 2466 Franken.
Witwenrente schmolz auf 564 Franken
Auf dieser Grundlage erstellte das Paar seine Finanzplanung. Am 21. September 2021 heirateten sie. Ein Jahr später erfuhr das Paar, dass die Pensionskasse die Hinterbliebenenrenten gekürzt hatte. Die vorausgesagte Witwenrente schmolz auf 564 Franken pro Monat zusammen. Das entspricht dem gesetzlich vorgeschriebenen Minimum. Hotela hatte die Leistungen im Reglement sechs Monate vor der Hochzeit im Februar 2021 geändert.
Das Reglement unterscheidet neu danach, ob die Paare vor oder nach der Pensionierung heirateten. Im ersten Fall bleiben die Bedingungen unverändert. Bei einer späteren Heirat hingegen entspricht die Hinterbliebenenrente nur noch 60 Prozent der Altersrente nach dem Minimum gemäss Bundesgesetz über die Altersvorsorge – und nicht mehr 60 Prozent der tatsächlich ausbezahlten Altersrente.
Sébastien de Allegri, Direktor der Pensionskasse Hotela, erklärt den Entscheid des Stiftungsrates: Die Hinterbliebenenrente solle finanzielle Schwierigkeiten für die Person vermeiden, mit welcher der Verstorbene sein Leben geteilt hat. «Wenn die Heirat erst nach der Pensionierung stattfindet, ist es nicht gerechtfertigt, dass der überobligatorische Teil dem neuen Ehepartner zugutekommt.»
Kassen haben keine Informationspflicht
Die Pensionskasse darf ihre Leistungen auf das im Gesetz festgelegte Minimum reduzieren, auch wenn Versicherte wie der Walliser Rentner weit mehr als das Obligatorium einzahlte. Die Pensionskassen sind nicht verpflichtet, die Versicherten über Änderungen des Reglements zu informieren. Der Hotela-Direktor verweist auf den Versicherungsausweis. Dieser informiere jedes Jahr über die Rentenhöhe und die versicherten Leistungen. Änderungen im Reglement teile man den angeschlossenen Unternehmen mit und bitte diese, die Informationen an die Mitarbeiter weiterzugeben.
Versicherte finden Infos auf dem Vorsorgeausweis oder im Reglement
Die Pensionskassen müssen den erwerbstätigen Versicherten jeweils zu Beginn des Jahres einen Vorsorgeausweis ausstellen. Darauf ist das bereits angesparte Kapital sowie das zu erwartende Kapital zum Zeitpunkt der Pensionierung ausgewiesen. Darauf basierend berechnet die Pensionskasse auch die voraussichtliche Altersrente, die Hinterbliebenenrenten (Witwe, Witwer oder Waise), die Invalidenrente sowie den Betrag, den man für den Kauf von Wohneigentum beziehen kann.
Rentner erhalten keinen Ausweis mehr, sondern nur noch ihre Rente. Bei Änderungen des Zivilstandes sollten sie das Leistungsreglement ihrer Pensionskasse studieren. Daraus ergeben sich die unter dem neuen Zivilstand gültigen Ansprüche.